verborgene Schwächen

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Kapitel 19

Maya redete sich ein, dass sie nichts dafür konnte. Sie reagierte auf diesen Kuss, erwiderte ihn und wollte diesen Kuss doch nicht. Dennoch hatte die Stimmung ihre Libido in heller Aufregung versetzt und ihr Körper war es egal, dass sie eigentlich Damien wollte. Hunter benahm sich wie er, seine sexuellen Interessen gingen in die gleiche Richtung und ihr junger Körper wusste nur eines: Sie wollte Sex.
Also wehrte sie sich nicht sofort, als Hunter eine Hand in ihrem Haar versenkte und sie näher an sich heranzog, um seine Zunge in ihren Mund zu schieben. Mehr Ermutigung schien er nicht zu brauchen, im festen Glauben, dass sie sich jetzt von ihm würde verführen lassen, ließ er ihr Handgelenk los, riss an ihrer Bluse und...
KLATSCH
... fing sich eine weitere Ohrfeige ein. Maya entwand sich seinem Griff, richtete ihr Oberteil, widerstand dem Drang ihn noch einmal zu schlagen und ging hoch erhobenen Hauptes in Richtung Tür.
„Du. Gefesselt an ein Bett. Ich. Hinter dir, wie ich deinem süßen Arsch ein paar roten Striemen verpasse, bevor ich dich so hart ficke, bis nicht mehr kommen kannst", verkündete er weiter und schien zu wissen, dass genau diese Bilder in ihrem Kopf aufstiegen. Doch sie empfand keine Erregung dabei Schmerzen zu erleiden, also drehte sie sich zu ihm um, ließ ihn ihren ehrlich entsetzten Gesichtsausdruck sehen. Sie wollte keine Schmerzen. Harmlose Dominanzspielchen waren etwas vollkommen anderes, als ein Mann, der sie beim Sex schlug.
Sie erinnerte sich daran, dass auch Damien ihr Schmerzen zugefügt hatte, in einer Dosis die Wildheit und Begierde verhießen hatte, keine sadistische Ader. Nein, Hunters Verlangen war nicht das gleiche wie Damiens, es war eher wie das was Markus haben wollte und dieser Vergleich gefiel ihr gar nicht.
Angst schnürte ihr die Kehle zu und sie beeilte sich damit aus dem Büro herauszukommen, ihre Handtasche zu schnappen und dieses Gebäude zu verlassen, und zwar so schnell, wie sie ihre hohen Absatzschuhe trugen.
Sie ignorierte Kathleens Fragen, die Blicke einiger Mitarbeiter, an denen sie vorbeirannte und sie ignorierte Hunters wütendes Brüllen, das ihr befahl stehen zu bleiben. Mayas Herz hämmerte, sie spürte, wie sich ihre Füße aus blinder Angst mit Blei zu füllen schienen und sie brach sich einen Nagel dabei ab, wie sie auf den Knopf des Fahrstuhles einhämmerte.
Hunter folgte ihr und plötzlich fühlte sich Maya so gejagt, wie an diesem einen Tag im Jagdhaus und das Wissen darum, dass Hunter und nicht Markus sie verfolgte, verschwamm. Sie war in einer Panikattacke gefangen, in der sie den Sinn für die Realität verlor und einfach nur noch handelte.
Als Markus oder Hunter näher kam, nahm Maya die Treppe, nahm zwei Stufen auf einmal und stolperte fast, als sie mit einem Absatz wegrutschte und sich das Bein verdrehte, bekam aber noch halt am Geländer wo sie sich ihren Musikantenknochen anschlug und Maya an die Schmerzen erinnerte, als Markus ihr den Arm gebrochen hatte. Das zog sie noch tiefer in ihr Trauma und sie lief mit tränenüberströmten Wangen weiter und ließ sie atemlos in der letzten Etage vor der Treppenhaustür stehen bleiben.
Von oben donnerte Hunters/Markus' Stimme, sie schniefte auf, riss die Tür zum Eingangsbereich auf und... landete in sicheren Armen.

„Ich dachte, du solltest etwas wissen, Damien..." Die Leitung verstummte und Damien, der lediglich eine Straßen von dem Forschungslabor entfernt war, bog in die Nächste Einfahrt und hielt vor dem sehr viel kleineren Gebäudekomplex inne, in dem David Hunter den Chef spielte. Er wollte wissen, was dieser Anruf heißen sollte, nicht weil es ihn wirklich interessierte, was sein ehemaliger Partner zu sagen hatte, sondern weil er einen Streit brauchte bei, dem Gegenstände durch den Raum flogen und Hunter dafür genau der richtige Gegenspieler war.
Er hielt direkt vor dem Eingang im Halteverbot, ignorierte die Empfangsdame und lief auf die Fahrstühle zu, die ihn in die dritte Etage führen sollten, vernahm dann aber laute Geräusche aus dem Treppenhaus.
Mit gerunzelter Stirn wandte er sich von der sich offenen Schiebetür ab und ging langsam zu der kleinen Metalltür, die den kleinen Flur von dem Treppenhaus trennte, öffnete sie zielstrebig, als er Geschrei hörte und konnte es kaum fassen, als plötzlich Maya gegen ihn stolperte und sich an ihn klammerte, als wäre er ein Schutzheiliger.
Damien blinzelte einige Male verwirrt und versuchte so viel wie möglich von dieser Situation zu begreifen. Da war Maya, mit tränennassem Gesicht. Sie weinte heftig, zitterte am ganzen Leib, während schwere Schritte die Treppe herunterkamen und eine Stimme bis zu ihm hallte: „Verdammt, Maya. Du brichst dir noch das Genick, sei vernünftig und bleib stehen!" Hunter.
Damien sah David mit gerunzelter Stirn an, als dieser am letzten Absatz der Treppe stehen blieb und Damiens Anwesenheit realisierte. Mit ebenfalls fragendem Blick.
„Was willst du denn?", fragte dieser, als hätte er nicht gerade eine weinende Frau verfolgt. Und dann setzte Damiens Verstand die Puzzleteile endlich zusammen. Maya war hier, hatte Angst, weinte und David Hunter war ihr nachgerannt, hatte sie gehetzt. Zweifellos die Ursache für Mayas Tränen und während seine Hände Maya fester an sich drückten, brach Damiens Wut aus ihm heraus.
„Du! Wenn du sie angefasst hast, schwöre ich dir, bringe ich dich persönlich um, David! Du kannst meine Firma ruinieren, mich verarschen, aber wenn du Maya anfasst, dann werde ich..."
„Damien?", fragte Maya mit gebrochener Stimme. Sie zitterte noch immer, schniefte noch immer, doch sein Geschrei schien sie aus ihrer Panik geholt zu haben. Damien sah zu ihr herab, ihre schönen Augen glitzerten vor Tränen und er musste einfach eine Hand zärtlich über ihre Wangen gleiten lassen. Er konnte nicht anderes. Es war ein Zwang. Einer den er ihm, Hunter, nicht hätte offenbaren dürfen. Denn als er wieder zu seinem ehemaligen Partner blickte, starrte dieser ihn an. Sehr lange, sehr fragend, dann aber genau so, wie Damien selbst, wenn er die Schwachstelle eines Feindes, entdeckt hatte. Und Maya war nun eindeutig seine.

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