Zwickmühlen und Marionetten

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Kapitel 20

Maya erwacht nur langsam aus dem Angstschleier, der sie eingehüllt hatte und realisierte, dass die vermeintliche Vorstellung, in deren Arme sie sich geworfen hatte, nicht nur eine Vorstellung war. Diese harten Muskeln unter ihren Fingern, die sich so wunderbar an den Stoff des teuren Hemdes schmiegten und dann dieser Geruch. Es war zu real, es war zu gut und viel zu sehr einfach Damien.
Nie im Leben hatte sie sich so geborgen, behütet und begehrt gefüllt, wie in dem Moment, in dem Damien sie kräftig anschrie und schwor den Mann umzubringen, der es gewagt hatte sie anzufassen. Sie konnte nichts daran ändern, sie fühlte sich geschmeichelt.
„Damien", wisperte sie, behielt beide Hände flach an seiner Brust gepresst und sah mit von Tränen verschleierten Augen zu ihm auf. Er unterbrach seine Schimpftirade, nahm eine Hand von ihrer Schulter und legte sie an ihre nasse Wange. Kurz schloss sie die Augen, schmiegte sich in seine Berührung und hätte am liebsten wieder geweint, als er seinen quecksilberfarbenen Blick von ihr abwandte und wieder Hunter ansah, der mit einem merkwürdigen Zucken in den Wangen langsam auf sie zukam.
Instinktiv presste Maya sich fester an Damien, der seinen Arm um sie legte und sich so drehte, dass Hunter sie nicht mehr sehen konnte... oder sie ihn. Sie hörte ihn nur noch.
„Na sieh mal einer an, was für ein Zufall. Ich nehme an, das war geplant, ja?", fragte Hunter dessen Stimmlage irgendetwas zwischen wütend und belustigt hing. Eine merkwürdige Kombination.
„Was geplant?" Damiens Stimme war definitiv eindeutiger. Er war wütend.
„Du hast sie mir vor die Nase gesetzt, weil du weißt, dass ich auf diese gespielten Zicken, die sich in Wahrheit nicht sehnlicher wünschen, als dominiert zu werden, stehe. Ist das deine Rache?"
„Ich weiß ehrlich nicht wovon du redest, Hunter. Was hast du mit Maya zu schaffen?" Hunter schwieg eine Weile und dann war auch seine Stimme nur noch von einer Emotion gefärbt: Freude. Helle, belustigte Freude. Und das war nicht gut.
„Oh, also weißt du es tatsächlich nicht? Ehrlich, so wie ihr da gerade steht, so wie sie sich an dich geklammert hat, habe ich wirklich geglaubt, sie hätte mich belogen."
Auf diese Worte hin sah Damien wieder zu ihr herab und Maya begegnete seinem Blick mit einem leichten Flehen in den Augen. Sie schüttelte leicht den Kopf, versuchte ihm zu verstehen zu geben, dass es ihr leid tat, dass sie nicht wollte, dass..."
„Sie ist deine Praktikantin. Na ja, zumindest war sie das, bis du mir vertraglich zugesichert hast, dass ich sie haben kann." In Damiens Augen glomm so etwas wie Erkenntnis auf und sein Griff um ihren Körper wurde fester. Entweder, weil er ihr wehtun wollte oder sich weigerte sie loszulassen. Maya konnte es nicht genau bestimmen. Aber seine Stimme klang eindeutig zornig.
„Sie war es also, die du so dringend wolltest. Tja Pech gehabt, Hunter. Sie ist meine Schwester und sie wird..."
„Sie ist deine Geliebte, Damien. Komm mir nicht mit dem Großer-Bruder-Mist. Sie ist deine Geliebte und sie arbeitet für mich in Vollzeit und wenn ich mich recht entsinne, Ms Dust... ist Ihre Mittagspause nun aufgebraucht und Sie sollten wieder zurück an ihren Platz gehen, sonst sehe ich mich ernsthaft gezwungen, dieses Verhalten der Universität zu melden."
Maya sah Hunter fassungslos an, doch sein zorniger und triumphierender Blick machte nur allzu deutlich, dass er diese Situation nicht nur ernst meinte, sondern auch verdammt amüsant fand. Er erpresste sie. Sie hatte eine Panikattacke gehabt, weil Hunter sie für einen kurzen Moment an Markus erinnert hatte und nun... tat er es wieder. Bis auf die Tatsache, dass Hunter nicht wirklich verrückt war, er war einfach nur ein Mann der Spaß daran hatte zu quälen. Im Bett und auch sonst.
Und sie konnte nichts dagegen tun. Maya konnte es sich nicht leisten eine schlechte Bewertung zu erhalten und ihren Studienplatz zu verlieren und... Moment. Hatte er gerade gesagt DAMIEN hätte sie zu ihn geschickt?
„Du hast mich ihm überschrieben?", fragte Maya ihn entsetzt und Damiens zorniger und verzweifelter Blick legte sich wieder auf sie.
„Ich hatte keine Ahnung, dass du es bist, verdammt. Warum hast du gestern Abend nichts gesagt?" fragte er vorwurfsvoll und Maya wollte gerade den Mund aufmachen, um ihm ebenfalls Vorwürfe zu machen, doch schloss ihn wieder. Er hatte recht, er konnte es nicht wissen. Sie hatte alles dafür getan, dass er es nicht weiß.
Hunter gluckste amüsiert. Er freute sich über die Zwickmühle in der Maya und Damien steckten.
„Na sieh mal einer an, dann haben Sie ja doch gelogen, Ms Dust. Ich dachte, sie stehen nicht auf seine Art." Maya verengte die Augen, sie konnte Hunter nicht durchgehen lassen, dass er sich über sie beide lustig mache.
„Ich habe nichts dergleichen gesagt, Hunter. Du hast nur gehört, was du hören wolltest, genau wie gerade, wo du ein „Nein" nicht hören wolltest!", fuhr sie ihn an und sofort war Damiens Wut wieder da.
„Was hast du ihr angetan?", fauchte er und Hunter ignorierte Damien, warf Maya einen wütenden Blick zu. Der Mann mochte es wirklich nicht, wenn man ihm den Wind aus dem Segen nahm, so etwas nahm er offenbar sehr persönlich.
„Hunter!", forderte Damien und die Kälte, die sich plötzlich über sie alle legte, war erdrückend. Er ließ Maya los, ging mit langsamen Schritten auf David zu und man konnte genau sehen, ab wann Hunter der Schweiß auf die Stirn trat, als würde auch er diesen Druck spüren. Da war er wieder, der herrschsüchtige, eiskalte Damien. Die Zärtlichkeit, mit der er sie gerade noch berührt hatte, war komplett verflogen, aber eines musste man Hunter zugutehalten: Er knickte nicht ein.
„Dust!", fuhr er ihn ebenso harsch an. Damien reagierte darauf sogar noch weniger.
„Du wirst sie nicht anfassen!"
„Diese Entscheidung solltest du ihr überlassen. Sie hat nämlich quasi darum gebettelt von mit übers Knie gelegt zu werden!" Damiens Blick erwischte kurz Mayas. „Damien, das..."
„Klären wir heute Abend. Geh wieder an deine Arbeit, Maya. Du brauchst den Praktikumsschein! Um Hunter kümmere ich mich."
Anders als bei Hunters Befehlen kam kein Trotz in ihr auf. Damiens Befehle befolgte sie klaglos und noch ehe es sich Maya versah, stand sie wie ferngesteuert auch schon im Fahrstuhl und fuhr herauf zu Kathleen. Und irgendwie hasste sie sich dafür. Sie wollte keine Puppe sein, die man einfach zur Seite schieben konnte und dennoch: Genau so hatte sie sich gerade benommen. Verdammt.  

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