Kapitel 21 - Juna

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Das neue Album war purer Erfolg, die Party war vorbei und nun hieß es, herauszufinden, was Juna im Schilde führte. Meine Chefin Selina hatte sich nicht weiter gemeldet, was Informationen über sie anging, obwohl ich nach der Feier zwei ganze Wochen hoffnungslos gewartet hatte. Wahrscheinlich war sie zu sehr in ihrem Techtelmechtel mit dem Manager vertieft. Und nun blieb uns nichts anderes übrig, als alles selbst heraufzufinden, so wie wir es vorgehabt hatten. Tae hatte sich extra von der Arbeit freigenommen, auch wenn nach dem Comeback alle mehr als beschäftigt waren. Seit dem frühen Morgen verfolgten wir die Olle. Es war einfach gewesen herauszufinden, wo sie wohnte und um kurz nach 6 ist sie zur Arbeit gefahren. Zwar konnten wir uns in das Gebäude ihrer Agentur einschleichen, doch brachte uns das alles keine sonderlich hilfreichen Ergebnisse.

„Viktoria.", maulte Tae, der, genauso wie ich, die Kleidung eines Sicherheitsbeamten trug und einen unechten Bart im Gesicht kleben hatte, der ihn ein wenig lächerlich aussehen ließ. „Wie lange sollen wir das noch machen?" Ich warf ihm einen ermahnenden Blick zu. „Bis wir was Brauchbares haben.", entgegnete ich, lugte um die nächste Ecke und stellt sicher, dass dort niemand anzutreffen war. „Los, weiter."

Wir hatten ihren gesamten Arbeitstag damit verbracht, ihr hinterherzuschleichen und nun war sie endlich wieder auf dem Weg nach Hause. Pirschend eilten wir den Flur hinunter zur Feuertreppe und verschwanden wieder aus dem Gebäude der Zeitschriftagentur, wo Juna beschäftigt war. Schlösser zu knacken und den Feueralarm nicht auszulösen, war nicht schwer, also stellte es auch kein Problem dar, in fremde Orte ein- und auszusteigen. Agentin eben.

Wir trippelten die Feuertreppe hinunter und betraten die Seitengasse. Vorsichtig liefen wir bis zur Straße, wo wir den Eingang im Blick hatten und auf Juna warteten. Mehr oder weniger geduldig. „Viktoriaaaa!" Tae fing erneut an. „Wie lange?" „Du wolltest doch unbedingt mitkommen, Agent Taetae!", entgegnete ich flüsternd. „Ja, aber ich dachte, dass das spannender wird. Wie in den Filmen und so. Mit irgendwelchen coolen Geheimwaffen und Mäntel, die einen unsichtbar machen." „Mäntel die einen unsichtbar machen?", wiederholte ich schmunzelnd. „Das gibt es nur bei Harry Potter." „Und was ist mit Wanzen?" „Ich habe Juna längst verwanzt und auch Timothy, was glaubst du, habe ich die letzten zwei Wochen getan?" Taes rechteckiges Grinsen tauchte auf. „Das ist ja cool.", meinte er und schien plötzlich nicht mehr so gelangweilt. „Hast du noch mehr Agenten-Werkzeug?"

Ich wollte gerade antworten, als ich Junas blondgefärbtes Haar erspähte. Sie lief zum Parkplatz, setzte sich in ihren SUV, der viel zu groß für diese kleine Frau war und startete den Motor. Ich bedeutete Tae in den schwarzen Van zu laufen und gemeinsam erreichten wir das Auto, zogen uns in Windeseile die Security Kleidung aus und saßen in schwarzen Klamotten auf den Sitzen.

Weil die Straßen Seouls so gut befahren waren, fielen wir unter den ganzen Autos nicht weiter auf und konnten Juna in Ruhe folgen, bis wir ihr Zuhause erreichten. Tae schien die gesamte Fahrt über nicht aufhören zu können, mich über die Sachen auszufragen, die ich während der Ausbildung gelernt hatte, und so verging die Fahrt relativ schnell. Auch wenn mich die Fragen, ob wir eventuell auch Laser-Schwerter hätten oder Maschinen, mit denen wir in der Zeit reisen könnten, ein wenig nervten.

„Und könnt ihr euch teleportieren oder Telekinese?", fragte Tae gerade, als wir eine Straße von Junas Heim entfernt parkten. „Wir sind keine Superhelden." Langsam erlosch sein Grinsen. Tut mir leid dich zu enttäuschen.

Gemeinsam schlichen wir uns zu dem großen Gebäude, das ziemlich modern aussah. Juna wohnte im dritten Stock, hatte einen riesigen Balkon und musste echt viel Asche verdienen, wenn sie sich eine der Wohnungen leisten konnte.

„Du wartest hier unten und rufst, wenn jemand vorbei kommt.", wies ich Tae an und deutete auf das Haus. „Ich klettere auf ihren Balkon und steige dann in ihre Wohnung ein." „Das ist aber langweilig!" „Tae...", begann ich. „Das ist der wichtigste Job überhaupt! Was passiert, wenn uns jemand erwischt?" „Dann ist die Mission gescheitert." Ich nickte. „Genau, deswegen ist das wirklich wichtig!" Tae nickte entschlossen. „Okay, ich gebe mir Mühe.", entgegnete er und ballte die Hände zu Fäusten.

Es war nicht sonderlich schwer die Hauswand hochzuklettern. Ihr Balkon richtete sich zum Glück in eine unbefahrene Straße und so entdeckte uns auch niemand, als ich bis zum dritten Stock kletterte, schließlich das Geländer umklammerte, mit einem Satz drüber sprang und auf ihrem Balkon Deckung suchte. Gerade noch bemerkte ich einen Schatten im inneren der Wohnung, da war ich auch schon hinter den vielen Pflanzen verschwunden.

Nach kurzer Zeit hörte man Wasser rauschen. Juna duschte. Auf diesen Moment hatte ich gewartet, denn ich wusste, dass sie jeden Tag dieselbe Routine verfolgte und nach der Arbeit immer duschte.

Ich pirschte zur Balkontür, knackte das Schloss und befand mich schließlich im geräumigen Wohnzimmer. Juna war nicht der Typ, Geheimnisse unüberlegt herumfliegen zu lassen. Wenn es was zu finden gäbe, dann in ihrem Schlafzimmer, das direkt zu ihrem Bad führte.

Ich lief also in den riesigen Raum, in dessen Mitte ihr Himmelbett stand und durchwühlte jegliche Schubladen, ihre Kommode und stieß schließlich in der hintersten Ecke im Kleiderschrank auf eine verschlossene Truhe.

Sie war ungefähr so groß wie ein Schmuckkästchen, aus robustem Holz und schien sich mit einem Zahlencode öffnen zu lassen. Drei Sekunden später sprang der Deckel auf und die Truhe zeigte mir ihren Inhalt, den ich schnell durchsah. Ich schnappte nach Luft als es mir klar wurde. Im selben Moment hörte ich, wie das Wasser der Dusche verklang.

Ich musste raus hier. Sofort.

Eilig stellte ich die Truhe wieder an ihren Platz, immer noch erschrocken, von dem, was mir die Bilder und Dokumente offenbart hatten. Auch als ich über die Hauswand wieder nach unten kletterte, Tae schnappte und wir zum Wagen gingen, konnte ich es nicht glauben. Wir stiegen ein.

Ich hatte mit allem gerechnet. Nur nicht mit dem, was ich heute erfahren hatte. Aber die Unterlagen in der verschlossenen Truhe waren Beweise genug. Sie waren so eindeutig, dass es kein Zweifel an dem gab, was ich gesehen hatte und trotzdem konnte ich es nicht glauben.

Ich drehte mich auf dem Fahrersitz zu V und musste schlucken. Er erwiderte fragend meinen Blick. Und dann erklärte ich hm, weshalb ich so aufgelöst war.

„Juna und Lim Sook sind ein und dieselbe Person."


BTS - Personal BodyguardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt