NEUNUNDDREIẞIG

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Ramiro

Der Koffer ist gepackt. Meine Unterlagen habe ich alle im Rucksack. 

"Bist du dir sicher, Ramiro? Du verpasst die Schule. Du weißt, wie wichtig dein Abschluss fürs Studium ist." liegt mir Mamá wieder in den Ohren, als ich meine Schuhe anziehe.

"Ich weiß, Mama. Für meine Ausbildung zum Koch, reicht mir mein Realabschluss und der ist exzellent, dass weißt du." setze ich mich zur Wehr, als Simón in den Flur kommt. 

"Startklar Bruder?" will er wissen und stellt seinen Koffer zu meinem.

"Ja, ich bin fertig." 

"Ramiro, überleg es dir bitte nochmal." appelliert unsere Mutter erneut, doch ich habe eine Entscheidung getroffen, zumindest jetzt erstmal. 

"Ich habe tagelang darüber nachgedacht, okay? Ich komm doch wieder Mamá." besänftige ich sie, während der Umarmung.

"Na schön, aber pass auf, ja? Und du hast ein Auge auf ihn!" warnt sie meinen Bruder mit einem lächeln im Gesicht. 

Sie ist traurig das wir gehen. Welche Mutter wäre das nicht?

Nach der ausschweifenden Verabschiedung steigen wir ins Taxi, welches uns zum Flughafen fährt. Mama muss gleich auf Arbeit, weswegen sie uns nicht fahren konnte. 

Ich komme mit nach Buenos Aires, jedenfalls für diesen Monat. Ich muss Yam einfach sehen. Nicht auf einem Foto oder in meinen Gedanken. 

Ich will mich vergewissern, dass es ihr gut geht. Ich hab zwar den Kontakt mit Ámbar und frage täglich nach, aber das reicht mir nicht. 

Wir können es nicht so zwischen uns enden lassen. Nicht nach diesem Vorfall.

Deswegen bin ich froh, das Simón mich in der Zeit bei sich wohnen lässt. Zwischen ihm und Ámbar herrscht immerhin schon eine kleine Annäherung. Die beiden schreiben wieder miteinander. 

Ich habe ihn regelrecht dazu gedrängt. Manche muss man eben zu ihrem Glück zwingen. Seitdem wirkt er wieder viel glücklicher.

"Aufgeregt?" hakt er nach, als wir zu unserem Flieger gehen. 

"Ich fliege nicht zum ersten mal, warum sollte ich aufgeregt sein?" 

"Ich mein wegen Yam, du Spast!"  

Lachend boxt er mir gegen die Schulter und so zieht er die Aufmerksamkeit, aller Leute um uns herum, auf uns. 

"Eher Vorfreude, als Aufregung."

Simón kann das nicht so wirklich verstehen. Nicht mal ich selbst verstehe, warum ich Yamila unbedingt wiedersehen will.

Gegen Gefühle kann man nicht ankommen. Sie hat mich verletzt und das hat mich wirklich tief getroffen. Allerdings überwindet Liebe doch alles, oder nicht? Vielleicht schaffe ich das irgendwann, vielleicht können wir das schaffen.

"Ich hoffe sie ist es wirklich wert."

"Awww, du bist ja süß." necke ich ihn diesmal lautstark und wieder schauen alle zu uns.

"Du bist hier definitiv der Spast." wiederholt er seine Beleidigung von gerade eben. 

Was sich neckt, das liebt sich. Besonders bei uns wird das immer wieder klar. Wir sind beide durch die Hölle gegangen, das hat uns irgendwie noch mehr zusammengeschweißt. 

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Zusammen betreten wir Simóns Wohnung. Das erste mal, seitdem Ámbar ausgezogen ist. Allzu viel hat sich nicht verändert. Wahrscheinlich hat sie nur ihre Klamotten gepackt. 

Last NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt