9. Kapitel

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Phileas

Im gleichmäßigen Takt donnern meine Pfoten auf den Boden und das Schlagen meines Herzens übertönt jedes andere Geräusch. Mein lauter Atem zeigt, wie erschöpft ich so langsam bin und ich weiß auch so, dass ich diese Hetzjagd lange nicht mehr mitmachen werde.

Ich brauche mich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass diese Wölfe immer noch hinter mir sind und ich leider kaum Abstand zwischen uns gebracht habe. Selbst jetzt habe ich noch nicht verstanden, warum sie mich überhaupt jagen.

Ich weiß nur noch, wie ich durch das Portal von den anderen getrennt worden bin und vor diesem Haus habe ich dann auch übernachtet. Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, hat mich dieser eine Typ bedroht und ich bin von ihm abgehauen.

Es hat nicht lange gedauert, als er dann auch schon Verstärkung bekommen hat und mittlerweile steht die Sonne ziemlich hoch, so dass es gleich wahrscheinlich Mittag ist.

Das Jaulen eines Wolfes holt mich zurück in die Wirklichkeit und ich muss mit Entsetzen feststellen, dass sie mich fast eingeholt haben. Verzweifelt schaue ich mich nach einer Möglichkeit um, sie irgendwie abzuhängen oder mich zu verstecken, aber wie bisher, kann ich nur Wiese, Wiese und ab und zu einen Baum erkennen.

Immer weiter verlässt mich meine Kraft, am liebsten würde ich mich jetzt nur noch fallen lassen und schlafen. Ein schöner Gedanken, einfach schlafen.

„Nein!", knurre ich zu mir selbst, ich darf jetzt nicht schlapp machen und so groß kann ihr Territorium doch gar nicht sein, als das ich nicht irgendwann die Grenze erreichen müsste. Wer hätte je gedacht, dass ich einmal vom Jäger zum Gejagten werden.

Auf einmal höre ich das stetige Aufschlagen von Pfoten ganz nah bei mir, aber ich brauche ein paar Sekunden, um zu merken, dass es nicht meine sind. Ich reiße die Augen auf und mein Blick fällt auf einen riesigen weißen Wolf, der genau neben mir läuft.

Das Alpha-Symbol erkenne ich sofort und ein Schauer läuft mir über den Rücken. Mit einem einzigen Hechtsprung versperrt der Alpha mir den Weg und mir bleibt keine andere Wahl, als schlitternd zum Stehen zu kommen.

Nach und nach holen uns auch die anderen Wölfe ein und umzingeln uns, sodass ich keinen Fluchtweg mehr habe.

„Wer bist du?" Die Stimme des Wolfes mir gegenüber verschafft mir eine Gänsehaut und in diesem Moment erinnert er mich an einen Löwen. Sein Blick ist aufmerksam und er strahlt eine ungeheure Macht aus.

„Phileas." Meine Stimme hingegen zittert schon fast und mehr als ein Wort bringe ich auch nicht hervor. Noch immer ist mein Blick wie gebannt von dem majestätischen Tier gebannt.

Auf einmal öffnet sich ein kleiner Spalt in dem Kreis der Wölfe und ein neuer tritt herein und nimmt neben seinem Alpha Platz. Dem Symbol nach, ist er der Stellvertreter des Alphas und obwohl sein Fell auch weiß ist, erkennt man den Unterschied zwischen ihm und den Alpha sofort. Während man bei dem Alpha sich anstrengen muss, den Unterschied zwischen Schnee und Wolf zu erkennen, hebt er sich von der Landschaft ab und der Graustich in seinem Fell fällt einem sofort ins Auge.

„Senk deinen Blick", keift der neue Wolf mich an, „Vor dir steht Thore, der mächtigste aller Alpha, der größte Jäger, den es je gegeben hat, der Bezwinger der ..."

„Sei still!" Die Stimme seines Alphas bringt ihn zum Schweigen und unterwürfig neigt er den Kopf. Ich hingegen starre den großen Wolf vor mir nur mit offenem Mund an.

Thore, der Name hat meine Kindheit begleitet, wie auch die anderen Namen der ersten Wölfe, doch nie im Leben hätte ich geglaubt, dass sie existieren würde oder, dass ich sogar mal einem begegnen würde.

„Du bis ... ich meine, Sie sind ..." Immer noch sprachlos starre ich ihn an, nicht fähig, auch nur einen einzelnen Satz hervorzubringen.

„Bitte lasst uns allein, ich möchte mit Phileas unter vier Augen sprechen." Der Alpha richtet sich an sein Rudel und nach und nach löst sich der Kreis um uns herum auf und immer mehr Wölfe verschwinden.

Nur der Beta macht nicht den Anschein, als wolle er dem Beispiel der anderen Wölfe folgen, und bleibt stur neben seinem Anführer stehen.

„Alleine!", wiederholt der Alpha sich und starrt seinen Stellvertreter böse an.

„Aber, Alpha, was ist wenn ...?" Von dem Knurren von Thore unterbrochen, nimmt der Beta so schnell wie möglich Reißaus, natürlich nicht, ohne vorher noch leicht den Kopf zu neigen. Scheinbar hat er höllische Angst vor ihm, was ich bis zu einem gewissen Grad auch verstehen kann.

„Also, Phileas, was führt dich in mein Territorium?" Der fragende Blick des Alphas lastet auf mir, wobei ich den Mund öffne und wieder schließe, aber keinen Ton herausbringe, bis ich schließlich einmal tief ein und aus atme.

„Es war nicht meine Absicht, in euer Territorium einzudringen. Ich bin durch das Portal gekommen und am nächsten Morgen haben mich eure Rudelmitglieder bedroht. Wenn ihr es wünscht, werde ich euer Gebiet sofort verlassen. Ich muss sowieso noch meine Freunde suchen."

„Deine Freunde? Also bist du nicht alleine durch das Portal gekommen? Wieso seid ihr überhaupt hier? Du erscheinst mir noch ein bisschen jung, als dass du eine Einladung bekommen hättest."

„Eine Einladung? Nein, ich glaube, die haben wir nicht bekommen. Es geht um etwas anderes. So genannte schwarze Wölfe. Immer mehr Rudel auf der Erde werden von ihnen angegriffen und in dieser Welt soll es ein Mittel gegen sie geben. Deswegen sind wir hier."

„Schwarze Wölfe, sagst du? Das sind alles andere als gute Neuigkeiten." Mit einem Mal und nur für einen ganz kurzen Augenblick kann ich in den Augen des Alphas Furcht erkennen. „Wenn du mir sagst, welche Berufe deine Freunde ausgeübt haben, kann ich dir vielleicht helfen, sie wiederzufinden und natürlich werde ich dir auch bei der Sache mit den schwarzen Wölfen behilflich sein."

„Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken kann. Das ist mehr, als ich mir erhofft habe." Dankbar neige ich den Kopf, froh einen Verbündeten in dieser Welt gefunden zu haben.

„Dann komm erstmal mit zu unserem Dorf, dort kannst du etwas essen und dich ausruhen." Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, wobei ich mein Glück immer noch nicht fassen kann, nie im Leben hätte ich gedacht, dass Thore so freundlich ist.

„Das können Sie nicht machen. Was ist, wenn er lügt?" Auf einmal steht der Beta wieder neben uns, als ob er nie weg gewesen wäre.

„Es ist nicht nett, andere Gespräche zu belauschen." Der Alpha mustert ihn grimmig, doch diese Tatsache ignoriert der Beta geflissentlich.

„Die schwarzen Wölfe sind schon lange nicht mehr gesehen worden und vielleicht ist er ja selber einer, der uns infiltrieren möchte. Oder er soll uns für die anderen Rudel ausspionieren?" Wieder einmal werde ich von dem Beta misstrauisch beäugt, wobei ich nicht nachvollziehen kann, wieso er mich nicht leiden kann.

Mit einem Seufzen gibt der Alpha nach, wahrscheinlich ist ihm klar, dass der Typ in sonst noch lange nerven wird. „Okay, was muss er machen, damit du ihm endlich vertraust?" Ich bin ehrlich gesagt, mehr als erstaunt darüber, wie sehr der Alpha zu mir steht, stattdessen habe ich gedacht, würde er mich jetzt wegschicken.

Der Beta hat wohl genau das gleiche wie ich erwartet, denn auch er reißt überrascht die Augen. Doch schon im nächsten Moment hat er sich wieder gefasst und sieht sich ratlos in der Gegend um, anscheinend ahnungslos, was er jetzt erwidern.

Plötzlich taucht auf seinen Lippen ein Lächeln auf, dass in keinem Fall etwas Gutes bedeuten kann. „Er soll einen der Hasen fangen." Verständnislos blicke ich zwischen den beiden hin und her, während der Gesichtsausdruck von Thore sich verdüstert.

Wahrscheinlich habt ihr es schon mehr als oft genug gelesen, aber auch ich würde mich sehr über Rückmeldung zu den einzelnen Kapiteln freuen. Selbst, wenn ihr mir nur kurz schreibt, was euch an der Geschichte/dem Kapitel gefällt/nicht gefällt oder mein Buch bis ins kleinste Detail kritisiert, würde es mich sehr freuen.

Der schwarze BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt