46. Kapitel

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Scott

Der schwarze Wolf, gegen den ich kämpfe, heult vor Schmerz kurz auf, als der Pfeil ihn von hinten in seinem Hinterbein trifft. Ich weiche einen Schritt zurück, sorgfältig darauf bedacht, außerhalb seiner Reichweite zu bleiben. Ich sehe, wie Phileas hinter ihm schon den nächsten Pfeil einspannt. Allerdings bevor er ihn überhaupt loslassen kann, weicht der Wolf zurück und so schnell wie möglich rennt er aus dem Haus. Überrascht von seinem plötzlichen Sinneswandel bleibe ich überrascht stehen. Die ganze Zeit hat er weitergekämpft und es ist nicht so, als hätte ich ihn nicht schon einige Male erwischt. Also entweder ist er nun soweit verletzt, dass er Gefahr läuft, besiegt zu werden oder etwas anderes hat ihn dazu bewegt, wegzulaufen.

Jedoch habe ich keine Zeit, mir darüber weiter Gedanken zu machen, da bei weitem noch nicht alle Wölfe besiegt sind. Zwar sind es nicht mehr so viele wie am Anfang, doch immer noch vier oder fünf. Auf unserer Seite weiß ich hingegen gar nicht, ob wir irgendwelche Verluste beklagen. So schnell wie möglich wende ich mich einem Kampf in meiner Nähe zu. Dort kämpfen bereits zwei Alphas gegen einen schwarzen Wolf. Gerade, als ich mich in den Kampf einklinken will, weicht auch dieser Wolf zurück.

Schon nach wenigen Sekunden sind auch die anderen Wölfe zu der Tür hinaus verschwunden. Von uns macht sich hingegen keiner die Mühe, ihnen nachzulaufen. Stattdessen sind die meisten von uns wahrscheinlich froh, dass sie verschwunden sind. Erschöpft lasse ich mich auf dem Boden nieder und lasse meinen Blick durch den Raum schweifen.

Die meisten Möbel sind völlig zerstört und überall liegen kleine Holzstücke herum, die von irgendwelchen Tischen oder Stühlen abgebrochen sind. Die anderen haben sich aus diesem Grund auch auf den Boden niedergelassen. Na ja, zumindest der Hauptteil. Damara und Alissa sind schon wieder damit beschäftigt, ihrer Bestimmung nachzugehen und verarzten die Wunden der anderen. Ich gönne mir auch nur einige Sekunden eine Verschnaufpause, ehe ich aus meinem Rucksack eine schmerzheilende Mixtur hervorhole und mich daran mache, ihnen zu helfen.

Schon nach kurzer Zeit habe ich auch einen Überblick über die Verletzungen und meine Vermutung bestätigt sich, dass wir noch recht glimpflich davongekommen sind. Die Wunden scheinen vornehmlich oberflächlich zu sein, sodass es reicht, die Mixtur zu benutzen. Nur einer der Begleiter von Nikita ist schwerer verletzt und Damara macht sich daran, sich um ihn zu kümmern. Gerade als ich dabei bin, Ceadda zu versorgen, fällt mir etwas auf und ich sehe mich hastig um.

„Wo ist Adriana?", werfe ich meine Frage in die Runde und augenblicklich bilden sich auf den meisten Gesichtern ein Fragezeichen. Scheinbar ist es wirklich niemanden von uns ihr Verschwinden aufgefallen, weil wir alle viel zu sehr auf unsere eigenen Kämpfe fixiert gewesen sind und nun damit beschäftigt, uns von dem Kampf zu erholen.

„Hat irgendjemand eine Ahnung, wann sie ungefähr verschwunden ist?" Lavea blickt in die Runde, doch keiner scheint diese Frage beantworten zu können.

„Ich weiß, dass ihr Adriana sehr mögt oder besonders nahe steht, aber wir müssen nun nach unseren Prioritäten gehen. Und nach diesem Angriff ist die Vernichtung der schwarzen Wölfe ganz oben." Ich finde es ein bisschen erschreckend, wie Sherine es einfach so sagen kann, als wäre Adriana kein lebender Mensch. Gleichzeitig weiß ich jedoch, dass sie Recht hat. Wir müssen die schwarzen Wölfe vernichten, bevor sie noch mehr Schaden anrichten können.

„Glaubt ihr, ihr könnt auch ins Schloss gehen ohne Adriana? Scott, ich würde dir in diesem Fall die Phiolen überreichen." Verwirrt sehe ich auf, als sie meinen Namen erwähnt. Eigentlich gibt es für diesen Part doch bestimmt jemanden, der dafür besser geeignet ist. Im ersten Moment will ich auch erst sagen, dass Adriana dabei sein muss, ehe ich mich eines Besseren besinne. Vielleicht ist jetzt der Moment gekommen, wo ich mutig sein muss, statt mich immer hinter anderen zu verstecken.

„Ich würde es machen. Es ist mir eine Ehre, dass du mir so ein Vertrauen entgegenbringst. Wie sieht es mit den anderen aus?" Ich werfe den Anderen fragende Blicke zu, wobei ich trotzdem darauf hoffe, dass sie mich begleiten werden. Alleine würde ich es nicht sonderlich gerne machen. Zum Glück geben alle nach und nach ihre Zustimmung.

„Gut. Damara, nimmst du bitte von jedem ein bisschen Blut ab? Du hast doch bestimmt einige Phiolen dabei. Scott, komm bitte mal zu mir und ich erkläre dir, wie ihr zum Schloss kommt." Sofort beginnt Damara damit, ihre Aufgabe auszuführen, und ich lasse mich neben Sherine nieder. „Wenn ihr den rechten Weg nehmt, solltet ihr nach einigen Minuten den Rand des Dorfes erreichen. Von dort führen zwei Wege weg. Ihr nehmt wieder den rechten und dieser Weg führt direkt auf das Schloss durch. Wenn ihr euch beeilt, schafft ihr es in vielleicht einigen Stunden. Auf dem Weg müsst ihr die Berge durchqueren, besser gesagt führt der Weg durch eine Schlucht durch die Berge, aber dort müsst ihr aufpassen, dass ihr nicht all zu laut seid und dass euch keine Steine auf den Kopf fallen." Während sie spricht, nicke ich immer wieder, um ihr zu zeigen, dass ich sie verstanden habe. Schließlich kommt Damara auch zu uns und nimmt ihr ein bisschen Blut ab.

„Scott, wärst du so nett und würdest du mir auch ein bisschen Blut abnehmen?" Damara wirft mir einen kurzen Blick zu und wortlos mache ich mich daran, die letzte leere Phiole mit ihrem Blut zu füllen. Schließlich übergibt sie mir alle zehn Phiolen mit den roten Flüssigkeiten und ich verstaue sie sorgfältig in meinem Rucksack, sodass sie nicht kaputt gehen können.

„Dann solltet ihr euch jetzt so schnell wie möglich auf den Weg machen. Wir werden hier schon klar kommen und können später auch mit der Suche nach Adriana beginnen", meint Sherine und ich nicke einfach nur. Also stehe ich auf und deute damit den anderen, dass wir uns auf den Weg machen wollen. Gerade, als Ceadda sich daran macht, aufzustehen, wird er aufgehalten. „Warte, Ceadda. Wäre es für dich in Ordnung, wenn du hier bei uns bleiben würdest? Du bist einer der besten Kämpfer hier und zudem ist der Hauptteil von uns verwundet. Bei uns besteht zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass die schwarzen Wölfe wiederkehren und ich möchte keinerlei Risiko eingehen." Sherine wirft ihm einen bittenden Blick zu und ich kann ihr in diesen Punkten nur zustimmen. Selbst, wenn ich Ceadda nicht sonderlich mag, würde ich mich sicherer fühlen, wenn er mitkommen würde. Aber gegen ihre Argumente habe ich keine Chance. Ich werfe Ceadda einen fragenden Blick zu und er scheint für einige Sekunden mit sich zu hadern. Schließlich seufzt er und lässt sich wieder auf den Boden nieder.

„Macht euch auf den Weg, ich bleibe hier. Ich werde später nach Adriana suchen. Scott, sorg dafür, dass ihr alle wiederkommt, in Ordnung?" Ich schenke ihm ein kurzes Lächeln, ehe ich mit den anderen aufbreche. Genau wie Sherine es gesagt hat, schlage ich nach Verlassen des Rudelhauses den rechten Weg ein, während die anderen mit wortlos folgen. Neben Alissa, Niklas und Newt, diejenigen, die ich eher besser kenne, sind auch noch Phileas, Delfina, Ace, Isabella und Ben dabei. Während die anderen sich hinter mir unterhalten, gehe ich wortlos vor. Selbst, wenn ich weiß, dass es ihr höchstwahrscheinlich gut geht, da sie sich so leicht nicht unterkriegen lässt, und die anderen sie später finden werde, kann ein großer Teil meines Kopfes nicht aufhören, sich Sorgen um Adriana zu machen.

Der schwarze BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt