45. Kapitel

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Adriana

Mehrere schwarze Wölfe stürmen das Haus und keine Sekunde später ist fast jeder in einen Kampf verwickelt. Ich selber bin auf einen schwarzen Wolf fixiert, der nur wenige Meter von mir entfernt steht und auch noch ein bisschen größer ist, als die anderen. Das Rot seiner Augen ist mehr als nur beängstigend, doch in diesem Moment kann ich mich nicht mit solchen Kleinigkeiten aufhalten. Während ich dem Wolf und seinen Krallen immer wieder ausweiche, versuche ich mir krampfhaft eine Möglichkeit zu überlegen, wie ich ihn schlagen kann. Doch da bei einem Alphatreffen jegliche Waffen verboten sind, bin ich vollkommen unbewaffnet.

„Adriana, hier." Verwirrt sehe ich auf und mein Blick fällt auf Ceadda, der am anderen Ende des Raumes steht. In seiner Hand hält er mehrere Waffen, keine Ahnung, woher er die hat. Schon im nächsten Moment nimmt er eins der Schwerter und wirft es mir zu. Ich fange es auf, nun bereit, gegen den Wolf zu kämpfen. Mit dem Schwert in meiner Hand hat sich das Verhältnis zwischen dem Wolf und mir eindeutig verändert, da nun er derjenige ist, der damit beschäftigt ist ausweichen.

Leider ist im Raum alles andere als viel Platz. So kann ich recht wenig ausholen mit dem Schwert, weil ich sonst Gefahr laufe, einen meiner Freunde zu verletzen. Mein Blick gleitet zur Tür, die schief hängt und ich überlege, wie ich es schaffe, hier herauszukommen. An sich wäre es kein wirkliches Problem, es gibt einen freien Weg. Die anderen Wölfe sind meistens viel zu sehr auf ihren eigenen Kampf fixiert, sodass ich es schaffen könnte. Dafür müsste ich aber an meinem Gegner vorbeikommen, der zwischen mir und der Tür steht. Langsam formt sich in meinem Kopf ein Plan und ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen.

Mit jedem neuen Angriff bringe ich den Wolf dazu, einen Schritt nach links zu weichen. So geht es weiter, bis wir die Plätze getauscht haben. Mit einem letzten Schlag lenke ich ihn ein bisschen von mir ab und so schnell wie möglich, drehe ich mich auf der Stelle um und renne hinaus. Glücklicherweise geht mein Plan auf und ich komme heil heraus.

Dort stellt sich mir aber schon wieder die nächste Frage. Soll ich mit ihm hier weiterkämpfen oder sollte ich versuchen, durch die Stadt zu laufen, um ihn abzuhängen. Zwar ist meine Chance bei Letzterem höher zu überleben, aber auf der anderen Seite bürgt sie auch noch mehr Gefahren. Noch bevor ich mir weitere Gedanken machen kann, erklingt hinter mir ein Fletschen, bei dem sich mir eine Gänsehaut bildet. Langsam drehe ich mich um, nur um meinem Gegner wieder in die Augen zu gucken. Scheinbar hat er meinen Plan durchschaut und nun kommt er Schritt für Schritt näher. Jedes Mal, wenn seine Pfoten den Boden berühren, läuft mir ein Schauer über den Rücken und krampfhaft umklammere ich das Schwert. Mittlerweile ist er so nah, dass ich nicht wirklich eine Chance habe zu entkommen und mit zitternden Händen hebe ich das Schwert in die Höhe.

„Bleib weg." Die Angst in meiner Stimme ist klar erkennbar, doch in diesem Moment interessiert es weder den Wolf, noch mich. Auf einmal bleibt er stehen und schon im nächsten Moment springt er mich. So schnell wie möglich weiche ich zur Seite und entkomme seinen scharfen Krallen gerade noch. Zwar habe ich dabei das Gleichgewicht verloren und liege somit nun im Staub, aber immer noch besser, als nun von seinen Krallen aufgespießt worden zu sein.

Eilig rappel ich mich wieder auf, den Dreck an meiner Kleidung ignoriere ich. Auch der Wolf wendet sich wieder mir zu, seine Augen scheinen noch mehr zu glühen, als vorher. Nun um einiges sicherer, dass ich vielleicht doch eine Chance gegen ihn habe, fixiere ich ihn mit meinen Augen. Meine Hände entspannen sich, sodass ich das Schwert in einem festen Griff halte. Gleichzeitig muss ich an den Kampfunterricht von Pa denken.

„Ein Schwert ist die Verlängerung der rechten Hand", hat er immer eine Textstelle aus seinem Lieblingsbuch zitiert. Auch sonst ist eher immer eher ein Freund von Büchern, als von Waffen gewesen. Aber ich muss mich jetzt auf die Gegenwart konzentrieren, ermahne ich mich still. Ich richte meinen Blick erneut auf den schwarzen Wolf, der schon wieder in Angriffsstellung gegangen ist. Wieder greift er mich mit einem Hechtsprung ab und ich schaffe es, ihm auszuweichen, ohne auf dem Boden zu landen. Nun beginnt wieder das gleiche Spiel, wie im Rudelhaus. Er schnappt nach mir oder versucht mich mit seinen Krallen zu treffen. Ich hingegen nutze das Schwert, um seine Angriffe zu parieren oder ihn selber anzugreifen.

Wie von selbst übernimmt mein Instinkt, schließlich habe ich es jahrelang gelernt. Ich versuche noch nicht mal, meinen Kopf bestimmen zu lassen, da es nur in einem einzigen Chaos enden würde. So verbringen wir in einige Minuten, ich weiß nicht, wie viele genau, wobei der Kampf recht ausgeglichen ist. Zwar habe ich mit meinem Schwert eine größere Reichweite, doch dies macht er mit seiner Schnelligkeit wieder wett. Doch gleichzeitig muss ich alles geben und so bin ich nach dieser Zeit schon leicht außer Puste, während der Wolf noch kein Anzeichen von Erschöpfung oder Schwäche zeigt.

Als ich schließlich einen kurzen Moment unaufmerksam bin, komme ich mit meiner Hand in seine Reichweite. Keine Sekunde später klafft an meinem Ärmel ein großes Loch, wo er den Stoff weggebissen hat. Erleichtert atme ich auf, denn hätte ich nur wenige Sekunden zu spät reagiert, wäre meine Hand nun weg. Doch statt Freude verspüre ich nur die Gewissheit, dass ich mir nun etwas einfallen lassen muss. Wenn der Kampf noch so weitergeht, weiß ich jetzt schon, wer als Sieger hervorgehen wird. Für eine Sekunde schweift mein Blick zu dem Haus, wo die anderen noch am Kämpfen sind. Aber so weit ich es erkennen kann, sind es nicht sonderlich danach aus, als würde mir in nächster Zeit jemand zur Hilfe eilen.

Also bleibt mir nur noch eine Möglichkeit. Ich lasse alle meine Schilde fallen und steche mit dem Schwert einfach zu. Zwar treffe ich ihn nicht, allerdings ist er mit dem Ausweichen beschäftigt. So schaffe ich es, mich umzudrehen, lasse dabei das Schwert mit einem Klirren fallen und sprinte einfach in irgendeine Richtung weg. Während ich laufe, spüre ich immer mal wieder Steine unter meinen Füßen, doch versuche, diese weitestgehend zu ignorieren. Stattdessen lausche ich immer wieder, wie weit der Wolf noch von mir entfernt ist. Blöderweise gibt er kaum Geräusche von sich, sodass ich die Entfernung mehr als schlecht einschätzen kann. Mal eben über die Schulter zu gucken traue ich mich auch nicht, falls er direkt hinter mir sein könnte. So bleibt mir einfach keine andere Wahl, als immer weiter zu laufen und zu laufen.

Durch die vielen Abbiegungen und Verzweigungen habe ich mittlerweile auch keinen Orientierungssinn mehr. Zwar ist das Laufen auch alles andere als entspannend und erholsam, doch bei weitem nicht so kräfteraubend, wie das Kämpfen, da ich mich hier nicht sonderlich viel konzentrieren muss. Stattdessen fixiere ich meine Aufmerksamkeit darauf, immer einen Fuß vor den anderen zu setzen und bloß nicht gegen irgendwelche Gegenstände zu laufen.

Doch als beim nächsten Mal den Kopf hebe, um nach der nächsten Abzweigung zu sehen, halte ich erschrocken inne. Während ich wegen des schnellen Tempos noch ein bisschen nach vorne taumel, kann ich meinen Blick nicht von der Wand nehmen, die sich vor mir erhebt und wahrscheinlich dreimal so hoch ist wie ich. Immer noch starr vor Schreck fasse ich nur einen klaren Gedanken. Ich bin so gut wie tot.

Langsam drehe ich mich um und mein Blick wandert zu dem Wolf, der ein paar Meter von mir entfernt steht. Er mustert mich aufmerksam, als würde er sich nun überlegen, ob er mich schnell oder langsam töten soll. Doch er macht keinen weiteren Schritt auf mich zu, anders, als er es eben gemacht hat. Ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter, da hier die Wahrscheinlichkeit, dass ich gerettet werde, gleich null ist.

Der schwarze BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt