17. Kapitel

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Adriana

Ich habe verloren, selbst wenn der Kampf erst offiziell beendet ist, wenn er mich umbringt oder mir zumindest eine eher schlimmere Wunde verpasst. Aber aus irgendeinem Grund zögert er und das mache ich mir zu Nutzen. 

„Mach schon. Uns beiden ist klar, dass das von dir erwartet wird. Schließlich machst du doch bestimmt immer das, was Mami dir sagt, oder?" Ich schenke ihm ein hinterhältiges Lächeln, während mir sehr wohl klar ist, wie hart meine Worte sind. In seinen Augen sehe ich die Wut aufflammen und mit einem Knurren holt er mit der einen Pfote aus, um mir die tödliche Wunde zu verpassen. 

Doch wie erhofft, vernachlässigt er dadurch seine Kraft, mich auf dem Boden festzunageln und während ich seine Pfote mit einer von meinen abfange, schubse ich ihn von mir herunter, damit ich wieder aufstehen kann. Währenddessen höre ich, wie die Menschen um uns herum anfangen, zu tuscheln, scheinbar hatten sie es nicht erwartet und langsam werden die vielen Stimmen zu einem Crescendo. 

„Du weißt es?" Mein Gegner sieht mich eindringlich an, wobei ich nicht genau weiß, was er jetzt vorhat. 

„Natürlich, selbst ein Blinder würde es bemerken." Meine Stimme klingt vielleicht ein bisschen zu schnippisch, doch scheinbar bin ich heute ein bisschen lebensmüde. Langsam kommt Ceadda auf mich zu, setzt eine Pfote vorsichtig vor die nächste, bis er schließlich neben mich stehen kommt. 

„Zu allererst, ich mache nicht immer das, was meine Mutter mir sagt. Sonst wäre ich jetzt Beta, nicht Jäger", seine Stimme ist so leise, dass selbst ich, wo ich direkt neben ihm stehe, mich anstrengen muss, ihn zu verstehen, „Zweitens, wenn du verlierst, wird meine Mutter dich und deine zwei Freunde höchstwahrscheinlich umbringen lassen, selbst, wenn sie gegen das Gesetz verstößt und ihr mit allem Recht habt. Es würden einfach nur drei unschuldige Personen sterben und zudem hast du mir imponiert, als du dich meiner Mutter widersetzt hast. Also greif mich einfach an, sodass ich aufgeben kann, ohne das jemand etwas merkt." 

Ich überlege eine kurze Sekunde, ihn zu fragen, ob das wirklich die einzigen Gründe sind, wieso er sich auf meine Seite stellen möchte, lasse es dann aber sein und nicke kaum merklich. 

„Ich werde nie im Leben aufgeben, da kannst du mir noch so viel drohen." Diesmal spreche ich so laut, dass jeder um uns herum uns versteht, einfach, damit die Menschen um uns herum keinen falschen Verdacht schöpfen. Ceadda scheint einige Sekunden verwirrt, doch dann versteht er zum Glück, was ich vorhabe. 

„Weißt du eigentlich, wie töricht du bist? Legst dich mit der größten Alpha aller Zeit an und siehst dann noch nicht mal, wann es Zeit ist aufzugeben." Ich werfe Lavea einen kurzen Blick zu und kann auf ihren Lippen ein schmales Lächeln, scheinbar hört sie so etwas nicht oft von ihm. Danach richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Ceadda, während ich auf den richtigen Moment warte ihn anzugreifen. 

Schließlich gibt es dieses einen Moment, wo er kurz unaufmerksam wirkt, wahrscheinlich ist es sogar extra und ich stürze mich mit einem einzigen Sprung auf ihn. Völlig überrumpelt lässt er sich von mir mitreißen und diesmal bin ich diejenige, die auf ihm steht. Ein Raunen geht durch die Menge, dass ich nicht überhören kann und es tauchen Fragen in meinem Kopf auf. 

Ist es wirklich das Richtige, was ich hier tue? Ich schütze zwar meine Freunde, doch gleichzeitig gewinne ich nicht wirklich selbst, schließlich hilft Ceadda mir. Ich spüre, wie Ceadda unter mir anfängt, zu zappeln, doch dabei nutzt er noch nicht mal ansatzweise seine ganze Stärke. Ich besinne mich wieder auf meine Aufgabe, jetzt ist keine Zeit, um nachzudenken, was richtig und was falsch ist. 

Gerade als ich zum beendenden Hieb ansetze, taucht vor mir das Gesicht meines Pas auf, wie er tadelnd den Kopf schüttelt. Das hat er früher immer getan, wenn ich etwas falsch gemacht hatte. Statt mich anzuschreien, hat er geschwiegen und mir nur selten meine Fehler erklärt. Ich musste immer selber herausfinden, was ich falsch gemacht hatte und wieso. Erst als ich meine Fehler eingesehen hatte und mich bei allen entschuldigt hatte, die unter dem Fehler gelitten habe, hat er wieder mit mir gesprochen. 

Auch jetzt ist mir wieder voll und ganz bewusst, dass es falsch ist. Trotzdem überlege ich, es zu tun, weil es einfach ist. Ruckartig entferne ich mich von Ceadda. Während er mich verwirrt mustert, werfe ich ihm nur einen entschuldigenden Blick zu. 

„Es ist nicht richtig. Nicht unbedingt falsch, aber ganz sicher nicht richtig." Ich spreche nicht sonderlich laut, doch er versteht mich und senkt den Kopf. 

„Du weißt, dass es mutig und zugleich töricht ist, was du machst. Damit hast du das Schicksal von dir und deinen Freunden besiegelt." Diesmal spricht er so deutlich, dass und jeder verstehen kann. In den meisten Gesichtern spiegelt sich Verwirrung und Verwunderung wieder. 

Ich werfe meinen Freunden einen kurzen entschuldigenden Blick zu, ehe ich den Kopf senke. 

„Trotzdem handelst du so, weil du es für falsch hältst. Selbst, wenn es deinen Tod bedeutet, bleibst du bei deinen Prinzipien und dafür bewundere ich dich. Nicht viele können diese Stärke aufweisen." Bei seinen Worten traue ich meinen Ohren erst nicht, doch als ich den Kopf wieder hebe, blickt er mich bewundernd an. „Hiermit gebe ich offiziell auf, Adriana hat gewonnen." Während er spricht, blickt wendet er seinen Blick nicht von mir ab und schenkt mir zum Schluss ein Lächeln. 

Erst jetzt kann ich wieder richtig Luft holen, als mir klar wird, was das bedeutet. Ace, Isabella und ich werden nicht sterben. 

„Bist du dir sicher, dass du das tun möchtest?" Die scharfe Stimme von Lavea durchbricht die Stille und lässt meine Hoffnung für einen Moment schwinden. Wird es sich trotzdem seiner Mutter entgegenstellen? Schließlich wird ihr dieser Ausgang des Kampfes missfallen. Doch durch die Entschlossenheit in seinem Blick fasse ich wieder Mut. 

„Ich habe meine Entscheidung getroffen." Er wirft ihr einen mahnenden Blick zu, ehe er den Kampfring verlässt, wahrscheinlich um sich wieder zurückzuverwandeln und etwas anzuziehen. „Komm, ich zeig dir, wo du Kleidung herbekommst." Er blickt mich zwar nicht an, doch mir ist klar, dass er mich meint. Ich werfe meinen Freunden noch ein Lächeln zu, bevor ich ihm wieder zurück zum Dorf folge. 

Dort führt er mich zu einer kleinen Hütte, die sich als Kleidungsgeschäft herausstellt. In den zwei Umkleidekabinen liegt die Kleidung sogar schon bereit. Eilig verschwindet er in der Rechten, während ich in die Linke gehe und mich zurückverwandele. Hastig werfe ich mir die Kleidung über, wobei mir auffällt, dass sie die Unterarme durch Blech geschützt werden, die in die Kleidung eingenäht. Allerdings wundert es mich auch nicht wirklich bei dem Rudel der Krieger. 

Damit ich so schnell wie möglich wieder bei meinen Freunden bin, verlasse ich die Kabine. Mir fällt sofort auf, dass Ceadda schon weg ist, als ich eine laute Stimme. 

„Wie kannst du es wagen, mich vor all den Leuten so bloßzustellen? Reicht es nicht schon, dass du nur ein normaler Krieger statt meinem Nachfolger geworden bist? Wieso tust du mir das Alles an?" Rasch verstecke ich mich hinter einem der Regale, die hier in der Gegend herumstehen, damit sowohl Lavea als auch ihr Gesprächspartner, höchstwahrscheinlich Ceadda, mich nicht entdecken. 

„Dir ist doch ganz bestimmt klar, wieso ich es getan haben. Denkst du nicht auch das Gleiche wie ich? Du hast mir immer von ihr erzählt und die beiden ähneln sich so sehr. Dazu kommt die leuchtende Spitze. Willst du nicht auch die Wahrheit herausfinden?"

Der schwarze BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt