Kyla öffnete ihre Augen und kniff sie sofort wieder zusammen, als sie sich erinnerte, wo sie hier war. Sie war nicht in ihrem Bett. Sie saß. Auf einem Stuhl. Ihre Hände zusammengebunden.
Sie sah sich in ihrem Zimmer um. Wenn sie zum Tisch kam, konnte sie vielleicht die Schere nutzen. Als sie anfangen wollte, den Stuhl zu bewegen, ging die Tür schwungvoll auf.
„Na, schon wach?" Ihr Vater grinste sie hämisch an, bevor er ihre Fesseln löste. „Ich hoffe du hast gelernt, dass meinen Befehlen Folge geleistet wird.", zischte er sie an. Er hatte Mundgeruch, weshalb Kyla angewidert ihr Gesicht verzog.
„Ja, Dad.", flüsterte sie leise.
„Gut, dann beweg deinen faulen Arsch endlich. Du hast einen Job zu erledigen." Damit verließ er das Zimmer wieder, ließ Kyla zurück, die in sich zusammensackte. Wofür tat sie sich das eigentlich noch an?
Niall. Weil sie Hoffnung hatte. Und sie wusste, dass diese Hoffnung nicht unberechtigt war. Sie könnte es schaffen, wenn sie nicht so schwach wäre. Sie musste das durchstehen.
Also setzte sie ihr kaltes Gesicht auf, zog sich ihre schwarzen Ledersachen an, die mit funkelnden Nieten besetzte waren. Sie steckte ihre Pistolen und ihre Messer ein, bevor sie nach unten ging, um etwas zu essen.
„So ist es richtig, mein Kind.", begrüßte ihr Vater sie, als er ihren versteinerten Gesichtsausdruck sah. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln, bevor sie das Haus verließ, um ihrer Pflicht nachzugehen. Sie musste mit ein paar Menschen reden, die ihre Schulden bei ihrem Vater nicht bezahlt haben. Reden bedeutet in diesem Fall, wenn sie das Geld nicht hatten, sollten sie sterben. Genau das war Kylas Aufgabe.
Seit vier Wochen, seit herausgekommen war, wer Johns Tochter war, hatte sie nur noch solche Aufgaben. Sie war schon vorher gefürchtet worden, bei den Leuten, die sie kannten, aber nun war es noch extremer, denn sie war die engste Vertraute ihres Vaters, sie war seine rechte Hand, die für ihn die Drecksarbeit erledigte. Sie hatte in den letzten Woche ninsgesamt zwanzig solcher Aufträge erledigt, nur zwei davon konnten tatsächlich bezahlen. Der Rest war spurlos verschwunden, tot, Opfer der gefährlichsten Frau Londons. So lief es auch heute.
Ihr Vater gab gerne mit ihr an, mit ihrer bedingungslosen Loyalität ihm gegenüber, mit ihren Fähigkeiten im Messerkampf, mit ihrem Geschick beim Schießen. Sie hatte schließlich von ihrem Vater gelernt. Abends war sie in Clubs zu finden, sie wurde von allen jungen Männern bewundert, aber sie war eiskalt zu ihnen allen. Niemanden ließ sie an sich heran. Nicht ein Mal ließ sie sich von einem von ihnen küssen, nicht einmal, wenn es der größte Badboy war. Alle ließ sie links liegen. Denn sie wurde verfolgt. Von blauen Augen, die den Himmel in sich gespiegelt hatten. Sie bekam das Bild des Iren nicht mehr aus ihrem Kopf. Nichts konnte ihn aus ihren Gedanken scheuchen. So kam es, dass sie nachts in ihrem Bett lag, an ihre Zimmerdecke starrte und weinte. Nachts brachen ihre Mauern. Sie dachte an seine Lippen, ihren Kuss. Seine sanften, sicheren Umarmungen. Seine Worte, sein Lachen. Alles an ihm. Sie vermisste ihn. Aber sie war egoistisch genug gewesen. Sie hatte ihn in Gefahr gebracht. Jetzt, wo er draußen war, wollte sie ihn nicht wieder hineinziehen. Das konnte sie nicht. Sie würde daran kaputt gehen. Sie wollte, dass er ohne sie glücklich wurde, während sie sich hier langsam aber sicher selbst zugrunde richtete.
Sie fing an, abends in den Clubs mit anderen Typen zu flirten, sie machte auch mit dem einen oder anderen herum, nach zwei Monaten landete sie dann im Bett. Sie hasste es. Aber sie musste in ihrer Rolle bleiben. Sie musste dann auch Freunde ihres Vaters verwöhnen, anfangs noch nicht so extrem, später mit vollem Körpereinsatz. Sie weinte sich jede Nacht in den Schlaf, rief sich aber immer wieder ins Gedächtnis, dass sie es für Niall tat. Sie musste es mit jedem machen, weil ihr niemand gut genug sein durfte. Sie musste sich selber erniedrigen, um von den anderen anerkannt zu werden.
Weiterhin führte sie die Aufträge ihres Vaters, ohne mit der Wimper zu zucken, aus. Fast täglich standen neue Schauergeschichten in der Zeitung und alle wurden mit ihr verbunden. Sie wurde mittlerweile in ganz London gefürchtet, aber niemand sah sie tagsüber herumlaufen. Sie war zu geschickt, um von der Polizei gefangen zu werden. Alle hatten Angst vor ihr.
Bis auf fünf Jungs, die jeden Artikel über sie lasen und sich den Kopf darüber zerbrachen, was nur mit der Kyla passiert war, die sie so sehr mochten. Die, in die Niall sich verliebt hatte. Die, die keine Menschen verschwinden ließ. Die, die sich nicht durch den gesamten Londoner Untergrund vögelte.
Und irgendwann hatte Niall genug. Er ging nach draußen, seine Freunde folgten ihm. Sie machten sich auf die Suche nach Kyla. Nach der Kyla, die lächeln konnte, die er liebte.
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Fünf Freunde auf heißer Spur... xD
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Secrets [One Direction]
FanfictionMitten in der Nacht in London treffen Welten aufeinander, die einfach nicht zusammenpassen. Oder doch? Was passiert, wenn auf einmal Geheimnisse ans Licht treten? Probleme, für die es keine einfache Lösung gibt? Wie viel kann wahre Liebe aushalten?