Den nächsten Monat war die Band nicht in London. Sie waren in anderen Ländern unterwegs, spielten Konzerte und sogar Niall konnte sich etwas ablenken. Trotzdem ließ ihn der Gedanke, dass Kyla eigentlich pausenlos in Gefahr war, nicht los. Er glaubte ihr immer noch nicht, dass sie so schlecht war, wie sie ihn glauben lassen wollte.
Kyla wartete diesen Monat geduldig ab. Sie führte ihre Aufträge aus, mehr oder weniger zufriedenstellend. Noch ein paar Mal musste sie ihre Verletzungen abdecken, um ihrem Vater und den anderen Männern zu gefallen. Allerdings hatte sie ihren Verbrauch an Männern drastisch gesenkt. Sie redete sich mit ihrer Periode, mit Aufträgen oder einer Krankheit heraus, sodass sie niemandem mehr zu nahe kam. Sogar die Wünsche ihres Vaters konnte sie weitgehend umgehen. Leider nur weitgehend. Denn ihr Vater schien zu merken, dass etwas mit ihr nicht ganz stimmte, aber statt mit ihr zu reden, übergab er ihr immer mehr Aufträge und spielte ihr somit in die Hände, weil ihre Ausrede, dass sie zu tun hatte, sogar wahr war.
Den gesamten Monat langverfolgte sie die Schritte der Band. Sie sah auch, dass es Niall besser ging, je länger er aus London weg war. Sie wollte ihren Plan schon fast wieder ohne die Änderung durchziehen, da es ihm ohne sie doch besser zu gehen schien. Dann aber sah sie sich ein Interview der Jungs an.
„Freut ihr euch denn schon wieder auf London?", war die Frage.
„Ja, sehr. Es gibt dort jemanden, den wir unbedingt sehen wollen.", antwortete Liam und die anderen nickten. Kyla runzelte nachdenklich ihre Stirn. Wer konnte das nur sein?
„Und wer ist das, wenn ich fragen darf?" Gute Frage.
„Eine gute Freundin, die sich selber wahrscheinlich nicht als Freundin bezeichnen würde, aber sie sieht das hier hoffentlich und sie soll das hier als Vorwarnung aufnehmen." Die anderen lachten, als hätte Niall einen Witz gemacht, aber er sah kurz ernst in die Kamera, fast als sähe er direkt in ihre Augen. Er konnte direkt in ihre Gedanken sehen. Er meinte sie. Kyla saß lange Zeit still auf ihrem Bett, bis sie verstand, dass Niall sie wirklich nicht aufgegeben hatte. Lächelnd beschloss Kyla also, dass sie ihren Plan doch so beibehalten würde.
„Wir haben ein Talent, in solche Situationen zu geraten, oder?", fragte Louis, als sie mal wieder mit dem Rücken zur Hauswand standen und jemand mit einem Messer vor ihnen war. Sein Sarkasmus verging ihm aber, als ein Messer Nialls Shirt zerschnitt, der sich gerade noch wegziehen konnte, sodass er nur einen kleinen Kratzer auf der Brust abbekam. Liam zog ihn sofort zu sich, um ihn zu schützen, als der Typ schon wieder ausholte. Wieso waren hier eigentlich alle so aggressiv?
„Lucas." Eine ruhige, aber bestimmte Stimme hielt ihn auf. Aus dem Schatten der Häuser traten drei Gestalten, zu denen der Angesprochene sich hektisch umdrehte.
„J-john.", stotterte Lucas.
„Korrekt. Aber was machst du hier nur?", fragte der Bandenboss gespielt höflich nach. „Ach, wir haben uns so lange schon nicht mehr persönlich gesehen, du hast auch noch nie meine bezaubernde Tochter kennengelernt." John machte eine Handbewegung und Kyla trat einen Schritt nach vorne. „Wir kennen uns schon.", sagte Kyla knapp, ihr Blick huschte kurz zu den Jungs, die sie so sehr vermisst hatte und nun enttäuschen musste.
„Oh, woher denn?", fragte John nach, schon etwas unfreundlicher.
„Wir hatten das Vergnügen, uns im Club zu begegnen.", erklärte Lucas ebenso gespielt höflich wie John. „Dann war es wohl mehr als nur das Vergnügen im Club, nehme ich an." John wandte sich zu seiner Tochter um. „Vergnügen muss ja nicht unbedingt beidseitig sein.", sagte sie mit starrem Blick nach vorne. Sie traute sich nicht, Niall anzusehen, wollte seine Enttäuschung nicht sehen. Nur ganz kurz zuckte ihr Blick zu ihm, er musterte sie eingehend, aber nicht wütend.
„Naja, es ist schon länger her. Seit einem Monat ist Kyla ja sehr abweisend zu allen Männern.", redete Lucas weiter. Kylas Augen weiteten sich kurz, aber sie fing sich sofort wieder.
„Oh, ist das wahr?"
„Ja, deine Aufträge sind oft sehr zeitaufwendig und ich habe vor, sie alle ordentlich zu erledigen. Da bleibt keine Zeit.", antwortete Kyla und wieder sah sie zu Niall, der sie nun überrascht ansah. Kyla wusste sehr wohl, dass ihre Gedanken gerade nicht abschweifen sollten, bloß weil Niall gerade oberkörperfrei dort stand, sie sollte sich mehr auf ihren Vater und Lucas konzentrieren. Also riss sie sich zusammen und folgte dem Gespräch, was nun zu dem eigentlichen Grund ihres Auftauchens übergegangen war.
Die Jungs hatten ihren Blick bemerkt und selber verstohlene Blicke getauscht. Sie hasste sie nicht. Sie würde sie hier herausholen, das wussten sie.
Bis John etwas sagte. „Kyla, dein Einsatz. Dieser Mann hat seine Schulden nicht bezahlt. Er verdient das Leben nicht mehr, nicht wahr?"
„Ja, Dad."

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Secrets [One Direction]
FanfictionMitten in der Nacht in London treffen Welten aufeinander, die einfach nicht zusammenpassen. Oder doch? Was passiert, wenn auf einmal Geheimnisse ans Licht treten? Probleme, für die es keine einfache Lösung gibt? Wie viel kann wahre Liebe aushalten?