Kapitel 12

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Kyla schlich durch die dunklen Gassen. Sie war im Club gewesen, hatte ihn aber sehr früh wieder verlassen. Heute vor drei Monaten hatte sie Niall getroffen. Heute konnte sie mit niemandem schlafen. Nicht, wenn sie kurz davor war, in Tränen auszubrechen.

Also lief sie ziellos durch die Straßen. Sie gab vor, wenn jemand fragte, die Aufpasser zu kontrollieren. Ihr Vater hatte ein paar Wachen aufgestellt, die wichtige Orte in London bewachten, um sichergehen zu können, dass alle Geschäfte nach Wunsch verliefen.

Kyla lief also die Route ab, aber kam an einen Ort, wo niemand stand. Sie rief sich den Plan ins Gedächtnis, heute war James hier verantwortlich. Sie horchte, ob sie etwas hören konnte, was auf James hinwies. Es war ihm strikt verboten, seinen Posten zu verlassen. Ein Schrei, ein Lachen. Sie erkannte James.

Sie folgte dem Geräusch in eine Nebengasse und blieb im Schatten stehen, um sich einen Überblick zu verschaffen. James stand mit dem Rücken zu ihr, vor ihm, mit dem Rücken an der Hauswand gegenüber, standen fünf Personen, die Kyla nur zu gut kannte. Sie überlegte kurz, wieder zu gehen, dann würden sie hoffentlich lernen, nie wieder hierher zu kommen.

Aber dann schlug James Niall ins Gesicht, dessen Kopf zur Seite flog. Brodelnde Wut stieg in ihr auf. Niemand schlug Niall. Niemand.

„James!" Sofort herrschte Totenstille. James drehte sich erschrocken zu ihr um, aber Kyla drehte ihn wieder um, hielt seinen Arm fest und zwang ihn in die Knie. Sie hielt ein Messer an seinen Hals. „Du bist nicht auf deinem Posten.", knurrte sie.

Sie sah zu den fünf Jungs hoch, die sie völlig geschockt anstarrten. Sie legte einen Finger über ihren Mund, um ihnen zu zeigen, dass sie bloß die Klappe halten sollten, und schenkte ihnen einen ernsten Blick.

„Wieso?", zischte sie James ins Ohr.

„I-ich...", fing er stotternd an.

„Du was? Du weißt, was eigentlich passiert, wenn man den Posten verlässt. Niemand missachtet Befehle meines Vaters."

James begann zu zittern. „B-bitte... bitte tu Jane nichts.", flehte er.

„Nicht? Es wäre aber der Preis für dein Versagen. Womöglich ein gebrochener Arm und ein paar Schnitte im Gesicht?", sagte sie mit sanfter Stimme, die so verdammt gefährlich klang.

„Bitte... bitte Kyla. Bitte nicht... nie wieder... ich gehorche... bitte...", jammerte er und schloss seine Augen vor Angst. Er sah seine geliebte Tochter, Jane, wie sie für seine Fehler gefoltert wurde, vor seinem inneren Auge.

„Dieses Mal. Und jetzt hau ab!", zischte sie und schubste ihn. Er rappelte sich auf und verschwand schnell aus der Gasse.

Kyla sah in geschockte, ängstliche, verzweifelte Gesichter. Sie zerbrach innerlich. Sie kniff ihre Augen zusammen und wandte ruckartig ihr Gesicht ab. „Passt in Zukunft besser auf.", knurrte sie unfreundlich. Sie durfte jetzt nicht schwach werden. Sie musste ihre Mauern aufrecht halten. Wenn sie jetzt nachgab, war alles umsonst.

„Kyla."

Es war nur leise, aber sie hörte es trotzdem. Seine Stimme lähmte sie. Sie war nicht in der Lage, einen Schritt weiter zu gehen. Aber sie musste. Sie musste weg, weg von ihm. Sofort. Sie ging träge weiter.

„Kyla."

Es zerbrach sie. Die Trauer und Verzweiflung in seiner Stimme. Er sollte doch glücklich ohne sie werden. So war es geplant gewesen.

„Kyla, sieh mich an."

Sie hielt die Luft an. Das konnte nicht sein Ernst sein. Niemals konnte sie ihn jetzt ansehen. Sie hatte gerade einem Mann gedroht, sie hatte ihm ein Messer an die Kehle gehalten, sie hatte gedroht, seine Tochter zu verletzen, da konnte sie doch jetzt nicht Niall ansehen. Seinem Blick begegnen. „Nein.", brachte sie heraus.

„Warum nicht?" Verdammt, Niall! Kyla fluchte innerlich, was sollte sie tun? Alles in ihr schrie danach, sich umzudrehen, nur ihr Kopf war dagegen. „Weil ich daran zerbrechen würde." Das konnte er unmöglich wollen. Oder?

„Kyla, sieh mich an." Sie hörte, wie Schritte näher kamen. Sie wich ihm aus. „Kyla, bitte."

Sie hatte nicht das Recht, angefleht zu werden. Nicht von Niall. Sie war ein schlechter Mensch und er war gut. Er war besser als sie. Sie verdiente es nicht, ihn ansehen zu dürfen.

„Sieh mich an, Kyla." Alles in ihr fiel zusammen. Ihr Kopf gab nach und sie schluckte schwer, bevor sie sich zu ihm umdrehte. Da stand er. Sein Blick traf ihren. Sie konnte nicht mehr atmen. Was zur Hölle tat sie hier denn nur?

Sie kniff ihre Augen schnell wieder zusammen und wandte ihr Gesicht ab. Sie verdiente ihn nicht. Eine Berührung an ihrer Wange ließ sie zusammenzucken. Aber die Berührung hörte nicht auf, im Gegenteil, sie wurde intensiver. Finger strichen über ihre Wange, eine Handfläche hielt ihr Gesicht. Ein Feuer brannte in ihrem Körper. Das durfte sie nicht zulassen. Alles wäre umsonst gewesen. Alles.

Ruckartig entzog sie ihm ihr Gesicht, sofort war die Kälte in ihrem Körper zurück. „Haut ab. Lebt euer Leben und lasst mich meins leben. Haut ab und springt fröhlich auf eurer bescheuerten Bühne herum.", sagte sie, versuchte, so viel Verachtung zu heucheln wie es nur möglich war. Dann drehte sie sich schwungvoll um und verschwand in der dunklen Nacht.

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Okay, ich will unbedingt wissen, was ihr von dem Kapitel haltet, bitte lasst es mich wissen! Ich persönlich mag es echt gerne :)

Secrets [One Direction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt