Kapitel 36

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„Wie meinst du das?", fragte Blair ruhig. In ihrem Kopf hatte sie ein Idee, was sie meinte, aber sie wollte das von Kyla hören.

„Ich habe jemanden umgebracht.", hauchte diese, löste sich ruckartig aus Nialls Armen und trat etwas von ihnen weg. Völlige Stille herrschte. „Vor einigen Jahren. Es war der erste Auftrag meines Vaters, als ich alt und ausgebildet genug war, um es auszuführen. Ich war zwölf." Entsetzt schlug sie ihre Hände vors Gesicht und fiel auf die Knie.

Es war so still, dass sie schon dachte, ihre Freunde hätten sie endlich verlassen, wie sie es verdiente, als sich drei Paar Arme um sie schlossen. „Das ist nicht nur deine Schuld gewesen. Du warst alleine gegen deinen Vater und erst zwölf. Und du hast erkannt, was du getan hast, und es besser gemacht. Das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen.", sagte Niall. Er wollte eigentlich noch mehr sagen, aber in diesem Moment klingelte es an der Haustür. Die Polizei war da.

Kyla riss sich zusammen, sah Niall kurz in die Augen, bevor sie ihm fragend ihre Hand hinhielt, die er sofort, ohne zu zögern, nahm. Kyla lächelte leicht, dann gingen sie hinunter, um die Tür zu öffnen. Vor ihr standen Ben und drei weitere Polizisten, dann noch ein paar Leute von der Spurensicherung. Alle zusammen gingen sie nach oben, wo die schwere Panzertür geschlossen war.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, ich habe diesen Code vor einiger Zeit herausgefunden, vielleicht wurde er geändert oder löst mittlerweile etwas anderes aus. Bei meinem Vater würde mich nichts mehr überraschen." Sie tippte die Zahlen ein und die Tür gab ein Klicken von sich. Vorsichtig drückte Kyla die Klinke herunter und schob die Tür auf. Im Raum klickte es noch einmal.

„Wartet kurz.", hielt Kyla alle anderen zurück und ging einen Schritt weiter. Erneutes Klicken.

„Kyla, komm da weg.", zischte Ben ihr zu, aber es war zu spät. Man hörte ein leises Surren und dann eine Stimme vom Band. „Kyla." Die Angesprochene zuckte heftig zusammen.

„Ich wusste, dass du eines Tages hierher kommen würdest. Du warst schon immer zu neugierig. Für so einen Anfall von Neugier nehme ich dies auf." Kyla hatte eine Gänsehaut vor Angst. „Bleibt bloß da hinten.", zischte sie zu den anderen und die beiden Polizisten hielten Niall davon ab, blindlings in den Raum zu laufen.

„Also hast du mich entweder verraten oder hast es noch vor.", sagte die Stimme weiter. Kyla zitterte. „Ich weiß, dass du gesehen hast, was mit Gina passiert ist. Ich habe dich gesehen. Schon immer die kleine Spionin gewesen." Ben in der Tür keuchte auf. Kyla war in eine Schockstarre gefallen, sie konnte sich nicht bewegen. Bilder durchzuckten ihr Gehirn. Erinnerungen.

„Aber wer weiß, was dich noch so erwartet... Noch bist du erst zwölf, hast gerade deinen ersten Auftrag erfolgreich ausgeführt. Du bist meine Puppe. Ich mache mit dir, was ich will, und du folgst mir. Du bist so naiv."

Ein weiteres lauteres Klicken ließ Kyla erschrocken zusammenfahren. „Weg von der Tür!", schrie sie aufgeregt. Die beiden Polizisten reagierten am schnellsten und schoben alle weg, kurz darauf hörten sie einen Schuss. Kyla schrie auf.

Sofort riss Ben sich los und stürmte in das Zimmer, wo Kyla zusammengekrümmt auf dem Boden lag. In der Wand konnte er sofort das Einschlagloch der abgefeuerten Kugel sehen und um Kyla herum breitete sich nirgends Blut aus. „Alles gut!", rief er und sofort kamen alle dazu, die anderen hatten Blair, Zayn und Niall zurückhalten müssen.

„Kyla, bitte rede mit uns.", bat Blair sie leise und Kyla schluchzte. Ben und Zayn halfen ihr, sich aufzusetzen, Niall griff nach ihren Händen.

„Ist das wahr, was er gesagt hat?", fragte Ben sofort. Kyla nickte unter Tränen. Denn natürlich war es ihr Vater gewesen, der das vorbereitet hatte, weil er wusste, wie seine Tochter war. Er kannte sie besser als sie gedacht hatte. Und sie wusste, warum ihr Mutter gestorben war. Sie war die Puppe ihres Vaters gewesen, Angst hatte sie an ihn gebunden. Sie war so naiv gewesen. Warum hatte sie nie ihren eigenen Tod vorgetäuscht und war einfach abgehauen? Warum hatte sie sich nie gewehrt? Weil sie schwach war.

Niall merkte, dass sie drohte, wieder umzukippen, und zog sie an sich heran. Jeden anderen hätte sie von sich weggedrückt, nur Nialls Wärme akzeptierte sie. Sie heulte in sein Shirt, während die Polizisten und die Spurensicherung ihre Arbeit machten.

Niall trug sie aus dem Arbeitszimmer in den Flur und redete beruhigend auf sie ein, versprach ihr, dass sie in Sicherheit war und ihr nichts mehr passieren würde. Langsam zeigten die Worte Wirkung und Kyla wurde ruhiger.

„Wirst du mir erzählen, was mit Mum passiert ist?", fragte Ben flüsternd. Auch ihm liefen Tränen über die Wangen. Kyla nickte und klammerte sich an die Hand ihres Bruders.

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Was ist nur mit Kylas Mutter passiert?

Denkt ihr, Kylas einziger Mord war ihre Schuld, obwohl sie erst zwölf war?

Secrets [One Direction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt