Epilog

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Elena Pov.

(Drei Jahre später)

Konzentriert starre ich auf die letzte noch schwarze Scheibe. Noch ein Schuss und ich könnte Olympiasiegerin werden. Ein Schuss der mein Leben komplett ändern könnte und einen Lebenstraum in Erfüllung gehen lassen könnte. Tief atme ich ein, dann halte ich die Luft an und nehme die schwarze Scheibe ins Visier. Ohne noch einmal darüber nachzudenken setze ich den letzten Schuss ab. In der Hoffnung fünf weiße Scheiben zu sehen blicke ich nach vorne und tatsächlich, alle Scheiben sind gefallen.

Als ich meine Stöcke wieder aufhebe und sehe, dass meine erste Verfolgerin erst in den Schießstand einbiegt beginne ich es langsam zu realisieren. Ich könnte mein Ziel, für das ich drei Jahre lang hart gearbeitet habe, heute erreichen.

Nach der Geburt von Luca haben mich die meisten schon abgeschrieben, aber dieses eine Event hat mich stetig vorangetrieben. Olympia 2022. Seit ich nach München gezogen bin und meine Biathlon Karriere gestartet habe hatte ich ein Ziel. Einmal Olympiasiegerin zu werden. Auch wenn ich mir meinen Weg zu diesem Ziel anders vorgestellt hatte, möchte ich diesen Weg nicht missen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich als verheiratete Mutter Olympiasiegerin werde, aber genauso könnte es kommen. Der Sport hat mich nach München geführt und die Liebe hat mich dort Wurzeln schlagen lassen.

Der letzte Anstieg vor dem Ziel liegt vor mir. Die schweren Beine werden bei dem Gedanken an das Ziel zur Nebensache. ,,Auf gehts Lena konzentriert zu ende laufen. Du hast genug Abstand. Zeig der Welt was du kannst.", höre ich Tobis Stimme von außen. Mit einem leichten schmunzeln gehe ich in die Abfahrt. Tobi hat mich von Anfang an unterstützt. Nach meiner schweren Verletzung und auch nach meiner Schwangerschaft hat er mir das Vertrauen geschenkt und einen Großteil dazu beigetragen, dass dieses Rennen heute so möglich ist.

Noch eine Kurve und die Zielgerade liegt vor mir. 

Genau in der Kurve bekomme ich eine Deutschland Fahne gereicht, welche ich liebend gerne für meinen Zieleinlauf entgegen nehme. Die letzten Hundert Meter und danach darf ich mich offiziell Olympiasiegerin im Massenstart nennen. Eine Gänsehaut überzieht meinen ganzen Körper. Der Lärmpegel ist unbeschreiblich und mein Körper fühlt sich plötzlich so leicht an. So als könnte ich noch den ganzen Tag weiterlaufen. 

Als ich schließlich die Ziellinie überquere und hinter der Absperrung meinen Mann und meinen kleinen entdecke kann ich meine Freudentränen nicht mehr zurückhalten. Erschöpft, aber unglaublich glücklich breche ich zusammen. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass ich so eine Erfüllung spüren könnte. Ich habe mein Lebensziel erreicht und eine wunderbare Familie die hinter mir steht. Genau deswegen habe ich in diesem Moment einen Entschluss getroffen.

Immer noch erschöpft, aber glücklich löse ich meine Skier und stehe wieder auf. Mit einem breiten Grinsen laufe ich auf meine zwei Männer zu. Bevor er irgendetwas sagen kann lege ich meine Lippen auf die Lippen meines Mannes. Von der lieblichen Stimme meines Sohnes wird unser Moment unterbrochen. ,,Mami ih auch !" Lächeln drücke ich ihm ebenfalls einen Kuss auf die Stirn. ,,Natürlich mein Engel. Mami würde dich nie vergessen." ,,Ich bin so stolz auf dich Prinzessin.", höre ich Jo sagen. ,,Danke Schatz, aber ohne deine Unterstützung und die Kraft die ihr beide mir gebt hätte ich das nie geschafft." Die letzten Jahre waren tatsächlich ziemlich schwer. Mit meinem Training und Jos Training und auch mit Luca hatten wir viele Sachen die wir koordinieren mussten. Auch wenn wir manchmal wenig Zeit füreinander hatten, habe ich die Unterstützung von Jo ständig gespürt und dafür bin ich ihm unglaublich dankbar. 

Lächelnd gibt mir Jo noch einen Kuss. ,,Komm Prinzessin geh dich umziehen sonst wirst du Krank. Nach der Flower Ceremony sehen wir uns wieder." ,,Ja super Papa." Lachend gehe ich in die Richtung der Umkleiden. Auf dem Weg dorthin bekomme ich unzählige Glückwünschen und jeder einzelne freut mich von ganzen Herzen. Bei uns in der Biathlon Familie freut sich wirklich jeder für jeden. Solange es sich um einen sauberen Athleten handelt spürt man die Wertschätzung von jedem einzelnen. Stolz ziehe ich mir die speziell für die Siegerehrungen gedachte Team Germany Jacke über. Immer noch unfähig das Geschehene zu realisieren schaue ich mich im Spiegel an. Nachdem ich meine Haare noch einmal durchgekämmt habe verlasse ich die Umkleide und mache mich auf den Weg zur Flower Ceremony.

Schuss ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt