103. Shade

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Am See angekommen setzte ich mich lächelnd auf den Stein und holte die Stifte und den Block aus der schwarzen Tasche.
Ich begann mit dem in der Sonne glitzernden Wasser und war vertieft in die bunten Farbstriche.
Als es schon dunkler wurde beschloss ich zu gehen, da es wohl keinen Sinn mehr machte, weil das Bild nun nicht mehr gleich war.
Meine Sachen packte ich wieder ein und lauschte dem mit jedem Schritt leiser werdenden Wasserfall.
Ein paar mal knackte es, aber weil ich nicht paranoid werden wollte drehte ich mich nicht um.

Dann hörte ich ein Knurren und wurde nervös.
Langsam drehte ich mich um, aber sah nichts und wollte verwirrt weitergehen, als es dieses Mal ganz nah war.
Ich bleib stehen und atmete leise aus.

Verdammt.

Im nächsten Moment sprang ein gigantischer hellbrauner Wolf mit dunkelbraunen Augen auf mich und ich wurde auf den Waldboden gedrückt.
Ich schrie auf und starrte das große Maul des Tiers an.
Wie war das nochmal?
Die Silvers und die Browns?
Er fletschte die weißen, langen Zähne und knurrte laut.
Vor lauter Angst begann ich zu schluchzen und schloss die Augen.
Ich spürte etwas spitzes an meinem Oberarm und zuckte zusammen, eine Sekunde später flog das Tier mit einem gewaltigen Schlag von mir seg und ich riss die Augen auf und setze mich holprig um sehen zu können was geschah.

Der Braune wurde von einem, nein dem schwarzen Wolf angegriffen.
Ace...
Shade sprang ihn von der Seite an und vergrub knurrend seine Zähne in dem dicken Fell.
Ich saß wie gelähmt dort und rührte mich nicht vom Fleck.
Sie begannen wild zu kämpfen und Ace hatte eindeutig die Oberhand.
Sein Wolf, Shade, war ein wenig größer als der Braune und war sehr viel stärker.
Doch der hellbraune Wolf erwischte ihn auch einige Male mit seinen schwarzen Krallen am Rücken.
Ich wollte ihm helfen, doch wusste nicht wie.
Als der braune Wolf eine blutige Wunde an der Vorderpfote von Shade verpasst bekam, zog er winselnd den Schwanz ein und humpelte ein Stück zurück.
Der schwarze Wolf ging mit schleichenden Schritten auf ihn zu und bellte ihn dann laut an.
Zwischen dem Knurren und den mich zucken lassenden Lauten verstand ich einige Worte.  "Lass sie ihn Ruhe oder ich werde dich das nächste Mal nicht gehen lassen." Mein Herz schlug schnell und ein Schauer flüsterte meinen Rückgrat hinunter.
Dann humpelte der Braune Wolf so schnell er konnte in die Richtung, aus der er kam.

Shade drehte seinen schwarzen wuscheligen Kopf zu mir und die grünen Augen funkelten mich besorgt an.
In dem Moment, als unsere Blicke sich trafen, geschah irgendetwas mit mir.
Mein gesamter Körper begann zu kribbeln und für einen kleinen Moment hatte ich das Gefühl zu schweben.

Was zum...?

Er tapste mit kleinen Schritten zu mir und berührte die blutige Wunde an meinem Oberarm mit der feuchten Nase.
Mit der anderen Hand fuhr ich den Schmerz in meinem Arm vergessend über das weiche Fell am Ohr.
Mein Herzschlag beruhigte sich und ich atmete einmal tief durch.
"Danke, Shade." Flüsterte ich und der Wolf legte seine warme Stirn an meine.
Ich kuschelte mich an ihn und seufzte leise.
In den Wald würde ich in nächster Zeit wohl nicht mehr alleine gehen.

Nach einer Weile hörte ich ein leises Schnurren und begann zu kichern.
"Oh Gott wie niedlich." Shade schaute mich empört an und und setzte sich aufrecht vor mich hin.
Jetzt musste ich meinen Kopf in den Nacken legen um ihm ins Gesicht schauen zu können.
Im Sitzen war er etwa so groß wie ich im Stehen und mich noch einmal zur Hälfte.
"Ich bin nicht niedlich." Knurrte er und ich musste, vielleicht auch etwas vor Erleichterung, noch mehr lachen.
Den Schmerz spürte ich merkwürdigerweise nicht, obwohl die Wunde sich von meiner Schulter bis zum Ellenbogen zog und meinem Pulli einige Blutflecken beschert hatte.
"Steig auf." Brummte er und ich sah ihn verwirrt an, als er sich hinlegte.
"Warte. Wie jetzt?" Er verdrehte die funkelnden Augen.
"Na los. Ich habe meine Sachen am Waldrand. Es sei denn du willst laufen." Zweifelnd stand ich auf und setzte mich behutsam auf den schlanken, breiten Rücken des Tiers.
Meine Hände vergrub ich im langen, dunklen Fell.
Angst hatte ich definitiv keine mehr vor ihm, ich hatte nur Bedenken wegen...
Shade setzte sich in Bewegung und ich ich krallte mich erschrocken in das Fell.

Deswegen.

Er lief schnell und wich den Bäumen vor uns geschickt aus.
Innerhalb weniger Minuten überbrückten wir den halbe Stunde Fußmarsch un dich stieg ab.
Shade ging zu einem Baumstumpf auf dem einige Klamotten lagen.
Ich drehte mich um und auf einmal spürte ich wieder den stechenden Schmerz in meinem Arm.
Auf die Lippe beißend schaute ich mir betroffene Stelle näher an.
Es hatte zwar aufgehört zu Blüten, aber es tat verdammt weh.
In der Mitte war die Wunde blutig und tief, an den Seiten sah man nur einen roten Striemen.

"Bin fertig." Ace's raue Stimme riss mich aus dem Betrachten.
Ich drehte mich zu ihm und sah, dass er einige Wunden im Gesicht und an dem linken Arm hatte.
Ace nahm meine Hand und wir verließen den Wald.
"Tut es sehr weh?" Fragte er und ich schüttelte den Kopf.
"Nein. Es geht schon, was ist mit dir?" Log ich, denn im Gegensatz zu ihm war ich kaum erwischt worden.
An seinem Rücken sah ich ebenfalls Blut und beäugte ihn besorgt.
"Wölfe heilen schneller. Mach dir keine Sorgen. Warum lügst du mich an?" Ace schloss die Haustür der Blacks auf.
"Ich... Ich wollte nicht... Du wurdest viel schlimmer erwischt und... Ach egal. Habt ihr einen Verbandskasten?" Murmelte ich und Ace führte mich ins Bad.
Niemand außer uns war zuhause.
Er zog über dem Glasschrank das Kästchen hervor und ich navigierte ihn auf den Klodeckel, weil ich mir nicht vorstellen konnte, das diese Verletzungen ihm nicht weh taten.
Ace seufzte und zog sein Shirt aus.
Ich schluckte und versuchte nicht zu starren.

Auf dem trainierten Oberkörper waren rote Stellen und der Rücken wurde von blutigen Krallenspuren geziert.
Ich tupfte vorsichtig ein wenig Desinfektionsmittel auf die betroffenen Stellen und Ace spannte sich an.
Am Rücken zischte er leise und zog besorgt die Augenbrauen zusammen.

Nachdem ich ihn verarztet hatte befahl er mir mich nun auch endlich auf den Klodeckel zu setzen und ich seufzte, tat es aber.
Da der zerschlissene Ärmel störte zog ich mir brummend den Pulli aus und war froh heute den schwarzen Sport BH angezogen zu haben.
Ace hielt einen Moment inne und desinfizierte dann ebenfalls meine Wunde.
Ich biss mir heftig auf die Unterlippe, um kein Geräusch von mir zu geben.

•Moonnight•✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt