Folge 14

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Niemand sagt etwas. Die Stille lastet auf den Schultern aller sechzehn Insassen meiner Zelle. Sie sitzen herum, kauen an den Nägeln, starren gelangweilt gegen die Wand. Niemand spricht, aber in meinem Inneren schreien wilde Stimmen, die auch das Schmerzmittel nicht betäuben konnte.

Mach was, Jetta! Sitz hier nicht so rum!

Aber was soll ich schon tun? Ich hocke in einer Gefängniszelle mit fünfzehn anderen. Sie haben Aiden. Vielleicht haben sie ihn schon umgebracht.

Aber er ist alles, was ich habe. Alles, was mir bleibt. Was bin ich dann noch, wenn er nicht mehr ist?

Tu was! Irgendwas!

Sie werden mich umbringen. Ich weiß Dinge, die ich nicht wissen sollte. Ich bin wie meine Mutter, die nach rechtmäßigen Lotteriegewinnern sucht.

«Bonnie!»

Der Name dröhnt von den Wänden. Niemand macht sich die Mühe, zu der Sekretärin hinüberzuschauen. Ich erhebe mich schwerfällig und schlurfe zur Tür. Irgendein Spaßvogel von Sekretär ist auf die glorreiche Idee gekommen Aiden und mir neue Spitznamen zu verpassen. Hinter diesen Wänden sind wir jetzt Bonnie und Clyde. Und jeder weiß, wie die Geschichte ausgeht.

Die weiße Uniform der Sekretärin blendet mich und steht in einem verwirrend grellen Kontrast zu den dunklen Haaren der jungen Frau. Sie sind zu einem strengen Zopf zurückgebunden. Ich folge ihr durch die Korridore, ohne mir den Weg zu merken, weil ich weiß, wohin wir gehen.

«Warum so wortkarg, Palmer?», blafft sie mich an und reckt dabei das Kinn in die Höhe. «Schlecht geschlafen?»

Wer schläft schon gut, wenn er vor einer Anhörung durch die höchsten Sekretäre des Conciliums steht? Hier auf Modul 7 hat niemand Zeit monatelang auf eine Gerichtsverhandlung zu warten. Sie entscheiden in wenigen Worten über mein Schicksal.

Ich erwidere nichts auf ihre Fragen. Jedes Wort, das in diesem Teil des Moduls gesprochen wird, landet in der Analysesoftware irgendeines Spezialrechners des Conciliums. Und abgesehen davon, habe ich schlicht und ergreifend nichts zu sagen. Ich will einfach nur meine Ruhe! Ich will in Ruhe ertrinken in meinen Gedanken, meinen Erinnerungen, meiner Schuld.

Die Sekretärin öffnet eine Sicherheitstür und lässt mir den Vortritt in einen düsteren, metallverkleideten Korridor. Die Leuchtstoffröhren spiegeln sich im Boden. Der Gang ist so schmal, dass mein Herz sofort schneller schlägt. Es ist eng hier. Fast so eng wie der Flur, auf dem ich Aiden zum ersten Mal begegnet bin. Ich erinnere mich, wie lautlos er plötzlich aufgetaucht ist, so wie er es immer tut. Wie aus dem Nichts. Das Concilium hätte ihn niemals zu fassen gekriegt. Nicht einmal auf dem begrenzten Raum einer schwimmenden Stadt, über die Aiden wirklich alles weiß.

Er hätte auch gewusste, dass es vierunddreißig Verhörräume gibt. Ich musste dazu erst in jedem einzelnen davon gesessen habe. Sie sind alle unterschiedlich und doch sind sie alle gleich. Kalt und dunkel und aus Metall, damit man sich fühlt, als säße man in einer Konservendose. Hailey hat kein Wort gesagt, sondern mich immer nur angestarrt. Ein Arzt, der nicht mein Vater war, hat sich um meinen Fuß gekümmert.

Die Sekretärin tippt einen Code in das nächste Tastenfeld ein. Mit einem Klicken öffnet sich die Türverriegelung und der Gang setzt sich fort. An der nächsten Tür wiederholt sich die Prozedur. Sie drückt langsam die Klinke der Brandschutztür herunter und ich weiß, dass sie mich ansieht, obwohl ich konzentriert auf meine Füße starre.

«Kapuze aufsetzen, Palmer!», befiehlt sie.

Ich gehorche. Keine Lust auf Diskussionen. Keine Lust, mir Gedanken über das Wieso und Weshalb zu machen.

Und dann sehe ich meine Füße auf cremefarbenen Teppichboden treten, den es nur auf Vilex-Decks gibt. 

Only Water - Kenne deinen FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt