Kapitel 20

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Nachdem auch Hazla sich unter mentalen Schimpftiraden durch den Eingang gezwängt hatte, flogen sie sofort mit den Senooli los.

Während der Drache noch immer grummelte, lehnte Lara sich nach vorne und schmiegte sich an ihren Hals. Hazla? Ist es in Ordnung, wenn ich schlafe? fragte sie müde.

Natürlich, schlaf ruhig ein und lass mich mit diesen minderbemittelten Viechern alleine, fauchte Hazla immer noch aufgebracht zurück.

Hey! Ich bin müde, klar, meinte Lara empört und richtete sich wieder auf. Was ist denn jetzt bitte schon wieder?

Was los ist? schnaubte Hazla. Was los ist?! Ich musste mich durch diesen dämlichen Tunnel kämpfen, diese Viecher die nächsten Tage ertragen und kaum sind wir endlich draußen, willst du schlafen und ich muss mal wieder alles alleine machen! Aber schlaf ruhig! Nur zu!

Ich bin nunmal nicht so schnell wie du oder kann überhaupt fliegen, also kann ich da irgendwie nicht helfen. Und diese 'Viecher' heißen Senooli und sind eindeutig nicht minderbemittelt und sehr nett zu uns! Also kannst du deinen dämlichen Stolz mal sowas von vergessen! Und schlafen kann ich jetzt auch nicht mehr, vielen Dank auch! schoss Lara nach einer kurzen verblüfften Pause zurück.

Bitteschön, fauchte Hazla. Lara wollte schon etwas erwidern, hielt sich aber zurück und ignorierte den Drachen beleidigt. Während der gesamten restlichen Nacht, in der beide kein Auge zumachten und stetig nach Westen reisten, wechselten sie kein Wort mehr miteinander.

Die Senooli landeten auf einem kleinen, mit Moos bewachsenem Hügel. Kora wandte sich lächelnd an Lara. "Zuerst Essen suchen und finden", meinte sie eifrig und zog sie von Hazlas Rücken herunter.

Lara wollte antworten, brachte aber nur ein trockenes Krächzen heraus. Schnell trank sie etwas von dem Wasser, das sie mitgenommen hatte und verzog das Gesicht wegen dem ungewohnten, bitteren Nachgeschmack. "Ich habe doch Essen eingepackt", wandte sie schließlich ein.

Kora schüttelte mit funkelnden Augen den Kopf. "Nicht genug. Lernen sammeln jetzt oder ohne Essen mit Hunger in Feuerbergen."

"Es gibt in den Feuerbergen nichts zu essen?" fragte Lara erschrocken und verkniff es sich, Hazla einen Blick zuzuwerfen.

"Wenig Essen und schwer finden in Feuerbergen", gab Kora zu und wiegte nachdenklich ihren Kopf. "Besser Cherakh jagen jetzt und wir lernen."

"Na schön", gähnte Lara und ließ sich von der Senoola mitziehen, während Hazla mit einem verärgerten Schnaufen wieder abhob. "Alles in Ordnung", beruhigte das Mädchen Kora, die erschrocken aufblickte. "Hazla ist nur gerade etwas schwierig... ein Dra- Cherakh eben."

Kora nickt skeptisch und zerrte Lara weiter. Schließlich blieb sie vor einem Baum stehen, an dem knallrote, längliche Früchte hingen. "Das nicht gut sein", warnte die Senoola und schlug Laras bereits ausgestreckte Hand zur Seite. "Saft brennen von innen und auf Fell. Du essen oder sammeln, du sterben."

"Na wundervoll", murmelte Lara ironisch. Sie war müde, zerkratzt von den Ästen, die es scheinbar auf sie abgesehen hatten und schon über zahllose Wurzeln gestolpert. Trotzdem folgte Lara der Senoola weiter, die jetzt vor einem Gebüsch mit vielen kugelförmigen violetten oder blau schimmernden Früchten, etwas größer als ein Apfel, anhielt.

"Das gut sein", meinte Kora zufrieden und pflückte eine violette Frucht ab. "Wichtig Pflanze mit zwei Sorten, aber beide gut sein. Lila gegen Hunger und für Kraft und blau gegen Wunden. Senooli nennen Purapara Bouta oder für Menschen Wunderbaum." Sie steckte sich die Frucht mit einem lauten Schmatzen in den Mund und hielt Lara ebenfalls eine entgegen.

Vorsichtig biss sie hinein und sofort spritzte ihr süß schmeckender Saft in den Mund, der sie sofort etwas wacher werden ließ. "Hmm, lecker", nuschelte sie der strahlenden Kora zu, die schon die nächste Frucht aussaugte. Das Fruchtfleisch warf die Senoola achtlos weg. "Kann man das nicht essen?" fragte Lara verwundert.

"Nicht gut zu... für... Ich Wort nicht wissen", meinte Kora und verzog unglücklich das Gesicht.

"Zu verdauen? Zu schlucken?", riet Lara, was die Senoola verneinte. "Nicht gut für die Zähne?"

"Fast", sagte Kora nachdenklich. "Ich wissen! Nicht gut für kauen."

Lara atmete erleichtert auf. "Ich dachte schon, das Zeug wäre auch irgendwie gefährlich. Aber wenn es nur schwer zu kauen ist..." Trotzdem warf sie ihre Frucht, nachdem sie den Saft herausgesogen hatte, ebenfalls in die Büsche. "Nehmen wir welche mit?"

Kora nickte, sah sich aber gleich darauf suchend um. "Du haben Korb oder Tasche?"

Lara schüttelte hilflos den Kopf. "Ich dachte, wir brauchen keine."

"Schön. Dann ich zeigen, du Tasche machen", meinte Kora entschlossen. Sie führte Lara, die schnell noch ein paar der Früchte mitnahm, auf ein leises Gluckern zu, bis sie plötzlich vor einem hohen Grasbüschel in der Luft stehen blieb. "Hier Wasser sein. Wir verwenden Nirra für Korb", sagte sie und deutete auf das Gras, das bei näherer Betrachtung dicker und stabiler als normales war.

"Wie kriegt man das ab?" fragte Lara keuchend, nachdem sie eine gefühlte Stunde an den Halmen gezogen hatte, beobachtet von der sich eindeutig amüsierenden Senoola.

"So nicht", schmunzelte Kora. "Immer ein Halm nehmen und brechen. Nicht mehr."

"Aber da ist irgendwas ekliges drauf", wandte Lara ein und roch an ihren Händen, auf denen sich eine seltsame, wachsartige Schicht abgelagert hatte, die wie Seife roch. Seife mit einem Geruch nach sehr lang gereiftem Käse.

"Das Essen frischhalten", erklärte Kora und Lara wurde das Gefühl nicht los, dass sie sich irgendwie über sie lustig machte.

"Was ist das?" fragte das Mädchen vorsichtig und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, während es Halm für Halm abzupfte.

"Nur wie Schweiß von Pflanze", meinte Kora und Lara atmete erleichtert auf. "Oder... Ausscheidung", fügte Kora gespannt lächelnd hinzu und fing dann an, über Laras versteinerte Bewegung und ihr Gesicht zu lachen.

"Was?!" kreischte Lara und versuchte angewidert, sich die Hände am Boden abzuwischen."Ich habe sozusagen Kacke von einer Pflanze an den Fingern und du sagst mir nichts? Danke auch!"

"Leid tun", meinte Kora, die sich wieder beruhigt hatte, vorsichtig.

"Das kannst du dir sparen", fauchte Lara gereizt, drehte sich um und marschierte in die Richtung, aus der sie gekommen war. "Ich gehe jetzt. Und wehe, du folgst mir. Ich habe erstmal genug von dir."

KristallfeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt