Kapitel 39

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"Ich glaube, dass mein Vater und Tymon Dämonen sind. Aber erst zurück zur eigentlichen Geschichte. Wie gesagt, die beiden stritten sich, was sie mit mir tun sollten. Cru wollte mich ihrem König, Skarrad, zum Geschenk machen, Daniel wollte mich laufen lassen. Es endete damit, dass Daniel mich retete und fortbrachte. Dadurch hatte er aber einen Verrat begangen. Er hatte mich seinem König vorenthalten und Cru würde dafür sorgen, dass der es auch erfuhr. Cru war, und ist, absolut loyal seinem König gegenüber. Er würde ihn niemals verraten. Und so wurde Daniel wegen mir zum Ausgestoßenen. Aber er war nicht böse auf mich, er war enttäuscht von Cru, seinem ehemaligen Vertrauten. Daniel erzählte mir von den Dämonen. Damals habe ich zum ersten Mal davon gehört. Ich war so naiv und hatte ja keine Ahnung von der Welt!"

Sally lachte humorlos auf. "Und er warnte mich vor ihnen. Sie würden mich suchen. Deshalb trainierte ich ständig meine Kräfte, entdeckte immer mehr Möglichkeiten, unter anderem auch, wie ich Daniels Blutrausch vollständig unterdrücken konnte. Er war mir dafür dankbar und half mir mit der Suche nach meinem Vater und Tymon. Ich war glücklich, obwohl es immer noch schrecklich langsam voranging. Und dann berichtete er mir, dass einige Dämonen unzufrieden mit ihrem König waren. Wir wussten, dass das ein Risiko war, aber wie suchten diese Dämonen auf. Du musst wissen, dass nicht alle Dämonen gleich sind. Es gibt die, die schon so geboren wurden und die, die von Anderen ausversehen im Blutrausch verwandelt wurden. Letztere waren früher einmal ganz normale Menschen, Ara, Ora, oder uns zumindest ähnlich. Und unter denen gab es die Zweifler."

Sally legte eine kurze Pause ein und sah Lara an. "Wir haben sie größtenteils auf unsere Seite gezogen. Mittlerweile leben hier etwa achtzig Dämonen. Darunter sind sogar ein paar, die so geboren wurde. Du kennst uns vielleicht unter dem Namen der Dämonenrebellen. Das ist Quatsch. Wir haben nicht vor, zu rebellieren, wie sind nur eine Gruppe, die sich abgespalten hat, weil sie unter anderem mit dem König nicht einverstanden war. Das Problem ist Cru. Er hat sich hochgearbeitet und müsste inzwischen einen hohen Rang haben. Aber er will noch mehr. Er will mich. Und da mich die Leute hier brauchen..." Sie zuckte mit den Schultern. "Als du aufgetaucht bist, warst du ihr Zugang zu mir. Ich habe versucht, sie abzulenken, indem ich ohne Nachricht aus Valsara geflohen bin. Vermutlich bist du deswegen ein bisschen sauer, Lara. Aber es war nötig, um dich und Mama zu schützen."

An dieser Stelle unterbrach Lara Sally zum ersten Mal. "Das hat nicht ganz funktioniert. Als ich aus dem Wald zurückkam, war euer Haus verlassen. Da war nur dieser süßliche Geruch und ein hässliches Schaben. Und weißt du, wann ich genau das Gleiche bemerkt habe? In der Gasse, als Cru direkt vor mir stand. Und in meinen Träumen, in denen er sich regelmäßig aufgetaucht ist und mir gedroht hat. Weißt du, was das Schlimmste ist? Da war eine verletzte Frau bei den Ältesten, die mich später auch noch einmal in meinen Träumen besucht hat. Ich weiß, dass ich sie kennen müsste, aber ich kenne keine Elisa! Irgendjemand hat an meinem Gedächnis herumge... gepfuscht! Und dann werde ich auch noch nach Arvente abgeschoben, werde aber noch von den Ara aufgehalten, eingesperrt und erst Tage später wieder befreit. Dann will ich wenigstens einmal was auf die Reihe kriegen und versuchen, für sie den Feuerkristall zurückzuholen. Und dann tauchst du auf. Weißt du was? Ich möchte nur ein einziges Mal irgendwas auf die Reihe bekommen! Warum immer ich?! Es wäre am besten gewesen, ich wäre einfach in meiner Welt geblieben!" Lara schnappte nach Luft und starrte Sally an und redete in normaler Lautstärke weiter. "Siehst du? Mit deiner Flucht hat du niemandem geholfen. Oder zumindest mir nicht." Mit diesen Worten wandte sie sich ab und starrte zur Grasebene hinüber. Wütend wischte sie sich einmal über die Augen.

Du hat diese Wolke und die Prophezeiung vergessen, meinte Hazla trocken. Aber schön, dass du anscheinend auch auf mich verzichten kannst.

So war das nicht gemeint. Du bist das Beste, was  mir hier passiert ist, versicherte Lara ihr, aber der Drache hörte schon nicht mehr zu. Hazla? Meine Güte, dass ist jetzt wirklich kein Grund zum schmollen. Hazla!? Lara zog die Beine an und schlang ihre Arme darum. Langsam bahnte sich eine Träne unter ihren geschlossenen Augenlidern hervor. Die Sonne fiel direkt auf ihr Gesicht und färbte ihre schwarze Leinwand vor ihren Augen rot. Unwillig vergrub Lara ihren Kopf in ihren Armen, die sie auf ihre Knie legte. Undeutlich spürte sie, wie Hubert zeternd von ihrer Schulter hüpfte. Nach diesem Ausbruch fühle sie sich erschöpfter als je zuvor, sie konnte den Blicken der anderen jetzt einfach nicht standhalten.

Gemurmel ertönte, aber sie blendete es aus. Plötzlich verschwand das Licht. Alles wurde wieder schwarz. Ein Körper rollte sich um sie herum und Lara brauchte ihre Augen nicht zu öffnen, um zu wissen, dass Hazla nicht mehr ernsthaft beleidigt war. Sie lächelte und öffnete die Augen.

Deine komische Freundin, die Messerwerferin und der blinde Typ sind weg. Alles wieder gut? Das war eine ziemlich... emotionale Ansprache, fragte Hazla besorgt und musterte sie.

Nö. Aber schon besser, schniefte Lara. Ich bin inzwischen eher müde. War anstrengend heute. Hazla nickte nur und schwieg. Lara war ihr wirklich dankbar dafür. Still saßen sie da und teilten ihre Gedanken.

Plötzlich ertönten hastige Schritte. Hazla entrollte sich etwas und gab den Blick auf den Wachmann mit den breiten Schultern frei. Er hatte keine Kapuze auf, sodass man seine grünen Haarstoppeln gut sehen konnte. Hieß er nicht David? Oder doch Daniel? Lara versuchte, ihre Gedanken noch einmal in Schwung zu bringen, bevor sie jemanden nach einer  Schlafgelegenheit fragen würde. "Entschuldigen Sie, aber ich muss Sie bitten, sich ins Gebäude zu begeben", meinte der Mann förmlich. Anscheinend genoss Lara wegen ihrer Freundschaft zu 'Sy' immer noch einen hohen Rang. Vielleicht könnte sie auch einfach mit Hazla hier auf dem Dach schlafen? So ähnlich war sie ja auch die letzten Wochen unterwegs gewesen...

Der Wachmann schloss seine Aufforderung. Schwang da ein leicht gequälter Unterton in seiner Stimme mit? Oder eher Traurigkeit? "Cru... er greift an."

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