Wütend stapfte Lara durch den Wald. "Erst ein dämlicher, stolzer Drache und jetzt auch noch eine hinterhältige Senoola. Ihren Korb kann sie alleine flechten", grummelte sie vor sich hin und schlug eine im Weg hängende Liane zur Seite. "Doofe Liane", murmelte sie und stolperte prompt über eine Wurzel. "Dumme Wurzel. Dämlicher Wald."
Ein lautes Trillern ließ sie zusammenzucken. Lara blieb stehen und sah sich vorsichtig um. "Ist da jemand?" fragte sie laut. Ein Flattern ließ sie wieder aufschrecken, ehe sie erleichtert ausatmete. "Ein Vogel", meinte sie leise, um das wunderschöne Tier nicht zu erschrecken.
Der Vogel zwinkerte ihr zu und flog zwitschernd davon. Seine Federn schillerten grün und golden im Licht der Mittagssonne, die sogar durch die dichten Blätter der Bäume drang. Lara schrak auf. "Es ist schon wieder so spät? Wo bin ich?" murmelte sie erschrocken.
"Na toll", gab sie nach einem kritischen Blick auf die Umgebung seufzend zu. "Da habe ich mich wohl verlaufen... Wow. Das war jetzt die unemotionalste Reaktion aller Zeiten. Warum rennst du nicht schreiend rum oder brichst heulend zusammen, statt sinnlose Selbstgespräche zu führen?"
Hazla? Kannst du mich hören und mir irgendwie helfen?, fragte sie vorsichtig und wartete kurz. Nein? Na schön. Lara setzte sich auf den nächstbesten Stein und stützte ihren Kopf auf den Händen ab.
"Gut, dann brauche ich einen anderen Weg... Am besten erstmal überlegen, was jetzt gut und schlecht an dieser Situation ist", meinte sie und versuchte, sich zu konzentrieren.
"Ich habe mich anscheinend verlaufen. Das ist schlecht. In einem unbekannten Wald in einem fremden Land. Noch schlechter. Ich kann Hazla nicht erreichen. Auch schlecht. Vermutlich gibt es sehr viele gefährliche Tiere hier und ich habe keine Ahnung von ihnen. Absolut schlecht. Gibt es eigentlich irgendetwas Positives? Hmm... Es ist nicht Nacht und stockdunkel. Und sonst? Ich kann mich mit mir selbst unterhalten, damit ich mich nicht einsam fühle. Nee, das ist auch nicht wirklich gut. Schön, ich schätze, dass wars. Nein, ich habe noch Hunger. Und Durst. Ja, das wars jetzt." Seufzend versuchte sie noch einmal, Hazla zu erreichen, aber der Drache schwieg.
"Na schön, dann rede ich mal weiter mit mir selbst. Was kann ich denn machen? Von diesem Wald hier kenne ich genau drei Pflanzen und davon ist gerade keine hilfreich zur Stelle. Das Wissen über die zu Hause kann ich hier wohl vergessen, es gibt nur ähnliches Zeug, aber nichts ist gleich. Und ich war auch noch nie in einem Regenwald... Also bleiben nur diese seltsamen Kräfte. Aber was soll ich mit denen anfangen? Eine Armee aus Eichhörnchen aufbauen? Könnte ich das überhaupt?" Frustriert kratzte Lara mit einer Hand geistesabwesend auf dem Stein herum.
"Hmm... Was hat Emily nochmal über meine Kräfte gesagt? Erde verbindet alles... und noch irgendwas mit dem Seelengefährten... Er kann dem Erdmagier irgendwas öffnen... den Weg... zu einem zweiten Element! Heißt das, ich kann das Wasser beherrschen, weil Hazla es auch tut? Wäre auf jeden Fall hilfreich..." Erwartungsvoll und zuversichtlich richtete sie sich gerade auf und setzte sich auf den Erdboden.
"Also gut... Zuerst diese Trance. Vielleicht finde ich so Wasser zum Trinken", murmelte Lara und schloss die Augen.
Von einem Moment auf den anderen schloss sich Dunkelheit um sie. Lara atmete ruhig und horchte auf die Umgebung. Was sie tun wollte, hatte sie vollkommen vergessen, sondern folgte einfach ihrem Gefühl.
Zuerst langsam, dann schneller breitete sich ihr Bewusstsein aus, allerdings nicht, wie Lara eigentlich vorhatte, auf der Suche nach Wasser, sondern in einige Lebewesen in unmittelbarer Nähe.
Ein kleines Tier knabberte gerade an einer Beere und ließ sie mit großen Augen fallen, als sie das fremde Bewusstsein spürte. Lara spürte seine Verwunderung, dass sie keinen Besitz von ihm ergriff, sondern nur seine Empfindungen teilte und verschwand schnell wieder.
Schließlich konzentrierte sie sich jedoch auf einen Vogel, dem vorhin nicht unähnlich, der in einer ausladenden Baumkrone saß. Auch er war überrascht, dass sie ihn um etwas bat, statt es sich direkt zu nehmen. Er zwitscherte zustimmend und breitete die Flügel aus, um sich nach den Senooli oder Hazla umzusehen. Lara bedankte sich höflich und suchte dann ihrerseits bei noch anderen Tieren um Hilfe.
Plötzlich spürte sie ein seltsames Hochgefühl, so als hätte sie gerade die ersten wunderschönen Takte eines neuen Liedes gehört und wüsste schon, dass der Rest noch viel besser war.
Bevor sie das Gefühl aber genauer ergründen konnte, meldete sich der Vogel wieder und durch seine Augen konnte sie einen seltsam bunten Wald sehen, über dem eine großen Gestalt lauernd schwebte. Erst nach einiger Zeit erkannte Lara, dass es Hazla war. Der Vogel sah den Drachen nicht nur einfach blau, sondern noch mit einem komplizierten Muster in einer undefinierbaren Farbe übersäht.
Der Vogel wurde unruhig, als Hazla ihn entdeckte und alle seine Instinkte rieten, sich vor ihr zu verstecken. Allerdings war der Drache schneller und erwischte ihn am Flügel. Erschrocken flatterte der Vogel hilflos mit dem Anderen, halb in ihrem Maul hängend. Laras linken Arm durchzuckte ein stechender Schmerz und sie sog scharf die Luft ein.
Ohne zu wissen, was sie tat, drang sie in den Vogelkörper ein, der unvermittelt seinen Kopf hob und dem Drachen in die Augen sah. Lara kämpfte darum, durch den Blickkontakt zu Hazla Verbindung aufzunehmen. Lass den Vogel! schrie sie sie verzweifelt an. Er hat mir echt geholfen, dich zu finden und du hast ihm den Flügel gebrochen! Komm lieber her und hol mich ab, ich habe mich nämlich verlaufen.
Hazla ruckte überrascht mit dem Kopf. Ich wusste doch, dass du es nicht lange ohne mich aushältst. Warte, was hast du gemacht? Bist du nicht bei Kora?
Ähm... nicht mehr, gab Lara verlegen zu. Ich war etwas sauer auf sie. Aber kannst du jetzt bitte kommen? Und den Vogel in Ruhe lassen?
Na schön, seufzte Hazla und ließ den Vogel einfach fallen.
Nein! Fang ihn wieder auf! kreischte Lara erschrocken in ihren Gedanken. Ich entschuldige mich auch bei dir für den Streit und dein angekratztes Ego, aber bitte rette ihn!
Im Ernst? Es ist nur ein blöder Vogel, seufzte Hazla, ging aber trotzdem in den Sturzflug und fing in knapp auf. Und entschuldigen kannst du dich später bei mir. Wo bist du jetzt?
Lara atmete erleichtert auf. Danke... Der Vogel wird dir den Weg zeigen. Ich bin irgendwie total müde...
Sie trennte die Verbindung und überließ dem Vogel wieder die Kontrolle über seinen Körper, bevor sie sich nach einem kurzen Dank auch aus dem Geist der anderen Tiere zurückzog und erschöpft einfach einschlief.

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Kristallfeuer
Fantasy!Dieses Buch ist weder perfekt noch überarbeitet, mehr Infos dazu im ersten Teil! (das heißt für euch: Lesen auf eigene Gefahr) Lara lebt ihr ganz normales Leben. Sie liebt Musik, Bilder und fantastische Geschichten. Bis sie diesen einen seltsamen K...