Kapitel 10

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Gefühlte Stunden im Wasser, eine knallrot geschrubbte Haut und unzählige mental ausgetauschte Kommentare später, fühlte Lara sich wieder halbwegs sauber und wäre am liebsten gleich wieder eingeschlafen.

Leider stand jetzt ihre erste Unterrichtsstunde bei Elisa auf dem Programm, da alle nicht wussten, wie lang ihnen Zeit für Laras Ausbildung bleiben würde. Deshalb zog sie sich seufzend ihr neues, grünes Kleid an, das Sally ihr gegeben hatte.

Der Stoff war sehr leicht und schmiegte sich eng an den Körper, was bestimmt normalerweise sehr angenehm war, obwohl er im Moment nur an Laras gereizter Haut kratzte. Außerdem roch er angenehm nach einer Blumenwiese, ein frischer, grüner Geruch.

Lara trat aus dem Haus und wurde von der langsam untergehenden Sonne geblendet. Ein wenig melancholisch wandte sie das Gesicht ab. Ihre Eltern machten sich bestimmt Sorgen und Martin war zwar ein kleiner nerviger Idiot, aber er war ihr Bruder. Hoffentlich ging es ihnen gut, oder diese andere Wirklichkeit hier war praktischerweise so zu ihrer Welt angeordnet, dass dort keine Zeit verging, während sie hier war.

Das war jetzt schon ihr zweiter Abend hier, auch wenn sie den ersten bewusstlos verbracht hatte.

K.O. von einer Freundin gedacht, kam Lara plötzlich in den Sinn und sie musste über diese absurde Situation lachen, ehe sie in Richtung des Ufers ging, wo Elisa bestimmt schon wartete.

Die hatte bereits einen kleinen Kreis aus Steinen vor sich errichtet.

Lara musterte die Konstruktion kritisch. "Ähm, machen wir ein Lagerfeuer, oder was?"

Elisa nickte und deutete auf den Wald. "Eigentlich mache ich das Feuer und du suchst Holz. Nutze deine Gabe und erfühle, welcher Ast trocken genug und wirklich tot ist. Wir wollen ja keine Rauchzeichen senden", erwiderte sie, bevor sie sich entspannt in den Sand setzte und sich den Sonnenuntergang ansah.

"Nicht dein Ernst. Ich soll jetzt einfach mal in den Wald gehen, während es dunkel wird, da meditieren, um Holz zu suchen, das du für dein Feuer brauchst, das Ganze dann schleppen und du bleibst einfach hier sitzen", meinte Lara und starrte sie an.

Elisa machte sich nicht einmal die Mühe, den Kopf zu drehen sondern starrte einfach weiter auf das Meer hinaus. "Wenn ich du wäre, würde ich mich beeilen und schnell etwas sammeln, bevor es ganz Nacht und kalt wird und alle möglichen Viecher rauskommen.", sagte sie entspannt. "Wenn du gutes Holz findest, können wir dann auch noch was essen."

Lara holte tief Luft und setzte zu einer Erwiderung an, drehte sich dann aber ruckartig um und lief los. Schönes Holz will sie haben? Bitte, ich zeig dir mal, was schönes Holz ist.

Lara warf Elisa ein paar Äste hin, die diese betrachtete und anschließend alle aus dem Stapel zog, bis nur noch zwei dalagen.

"Die beiden hier sind zu feucht", sagte sie, "sie würden mehr rauchen, als wirklich zu brennen. Aber die anderen sind gut. Es ist ein bisschen wenig, aber es sollte reichen, um was zu kochen."

Bei dem Wort kochen, schoss auf einmal Sallys Kopf aus dem Gebüsch. "Ooh... Essen! Kann ich mitmachen und krieg dann was ab?"

Elisa und Lara zuckten zusammen, ehe sie sich gegenseitig ansahen und anfingen, zu lachen. "Sally...", kicherte Lara und schnappte nach Luft, bevor sie japsend umfiel.

Sally schaute verwundert auf sie hinab, bevor sie mit den Schultern zuckte und sich auf den Boden setzte, um aus einem Korb neben Elisa eine pfirsichähnliche Frucht zu angeln und genüsslich hineinzubeißen.

"Hatte scheit heute Morschen nischts", nuschelte sie, während der Saft an ihrem Kinn herunterlief und auf ihr Kleid tropfte, was sie nicht zu stören schien. Anschließend warf Sally den Kern in Richtung Wald und sah sich hungrig nach anderem Essen um.

Schnell brachte Elisa den Korb in Sicherheit. Sally sah sie beleidigt an und streckte ihre Hand danach aus.

Lachend schüttelte ihre Mutter den Kopf. "Wir haben noch nicht mal angefangen. Warte noch ein bisschen. Du kannst ja Wasser holen."

Geschickt stapelte Elisa das Holz zu einer Pyramide und setzte es mit einer kurzen Handbewegung in Brand, bevor sie eine seltsame Schale darüberstellte, die in der Luft zu schweben schien.

Fasziniert sah Lara ihr zu, bevor sie zu Sally sah, die sich auf das Meer zu konzentrieren schien.Langsam erhob sich von dort ein kleiner Wasserball, aus dem kleine Kristalle ins Wasser fielen.

"Salz", sagte Eisa neben Lara und sah ebenfalls Sally zu, "Nicht alles rausnehmen", ermahnte sie sie.

Sally nickte konzentriert und dirigierte die Kugel zum Feuer hinüber, während immer noch kleine Kristalle herausfielen und sich glitzernd im letzten Sonnenlicht drehten, bevor sie im Sand versanken.

Schließlich plätscherte das Wasser in die Schüssel, die kurz wackelte, ehe sie sich wieder stabilisierte. Sally ließ es weiterlaufen, bis Elisa "Stopp, das reicht", sagte und sah sie zufrieden an.

Plötzlich warf Sally die übrige kleine Kugel lachend nach Lara, die gerade noch ausweichen konnte und ein bisschen Sand zurückwarf, der aber wirkungslos auf den Boden fiel. Zielen war nicht ihre Stärke.

Sally lachte einfach weiter und Elisa wandte sich an Lara. "Hilf mir mal und wirf das Zeug hier ins Wasser. Meine Tochter ist anscheinend im Moment nicht zu gebrauchen", schmunzelte sie.

Lara nickte und legte vorsichtig die verschiedensten Früchte aus dem Korb in die Schüssel.

Ihre Farben konnte sie nicht mehr erkennen, dafür war es schon zu dunkel. Aber allein die Formen waren einzigartig. Von der normalen Kugelform bis hin zu einer, die nur aus einem durchlöcherten länglichen Streifenzu bestehen schien, war alles dabei.

Als das Wasser kochte, hatte sich auch Sally wieder erholt und rührte es mit einer kreisenden Fingerbewegung um.

Langsam machte sich ein köstlicher Geruch breit. Erschöpft ließ sich Lara nach hinten fallen und schloss kurz die Augen. Als sie sie wieder öffnete, stockte ihr der Atem.

Über ihr glitzerten so viele Sterne, wie sie noch nie gesehen hatte, noch nicht einmal letztes Jahr gefühlt am Arsch der Welt im Urlaub. Lara suchte den Nachthimmel nach einem milchigen Schimmer ab, aber sie fand keinen.

Die Milchstraße schien es hier nicht zu geben. Ein weiterer Beweis, dass das hier eine andere Welt war.

Ich mag Autorenbemerkungen eigentlich nicht, aber ich möchte mich mal bei @Emmalyda bedanken, weil sie immer so eifrig votet und kommentiert ^^

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