Kapitel 23

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Nachdem Hazla ein paar ihrer Ideen, warum sie sich nicht erinnern konnte in seltsamen Andeutungen vorgetragen hatte, erzählte Lara ihr von dem Traum.

Jetzt passt es, murmelte der Drache daraufhin abwesend. Ja... Jemand muss dein Gedächnis gelöscht, oder es zumindest verändert haben. Aber wenn... dann kann das doch nicht stimmen...

Gedächnis gelöscht? Was kann daran nicht stimmen? fragte Lara, langsam panisch und genervt von Hazlas Überlegungen, von denen sie nicht einmal die Hälfte verstand.

Gib mit noch etwas Zeit, bat die und versank wieder in Grübeleien.

Du kannst doch jetzt nicht einfach so eine Andeutung machen und dann nichts mehr sagen! Lara funkelte sie empört an. Der Drache erwiderte aber nichts und seufzend gab das Mädchen sich, fürs Erste zumindest, geschlagen.

Schweigend flog Hazla mit Lara und den Senooli weiter Richtung Westen, während Kora dem Mädchen seine Magie näher brachte. Bald schwirrte Lara der Kopf von den ganzen Anwendungen, von denen Kora ihr nur die Kleineren teilweise selbst vorführte.

Hazla unterhielt sich inzwischen neutral mit den anderen Senooli, vor allem mit dem Schwarzgeflügelten per Körpersprache. Wie sie sich gegenseitig verstanden war Lara rätselhaft, trotzdem bemerkte sie es mit Stolz.

Du gehst ja fast freundlich mit ihnen um, meinte sie grinsend, während Kora eine kurze Pause machte.

Naja, sie sind nett, sagte Hazla, bevor sie merkte, was sie gesagt hatte. Also, ich meinte, sie scheinen nicht soo übel zu sein...Nein, also ich meine... sie sind im Moment nicht ganz soo nervig.

Lara musste lachen. Natürlich doch. Klar. Sie nickte vielsagend und verstehend.

Tu nicht so ungläubig, schnaubte Hazla. Ähm... Konzentriere dich lieber auf Kora.

Natürlich doch, Verehrteste, erwiderte Lara und registrierte innerlich triumphierend, dass Hazla Kora beim Namen genannt hatte.

Gegen Abend kamen am Horizont vor dem rot-golden glühenden Himmel scharf gezackte Umrisse in Sicht.

Lara drehte sich zu Kora um. "Sind das die Feuerberge?"

Die Senoola nickte. Sie schien Gefallen an den Gesten, die sie von Lara kopierte, zu finden. "Feuerberge", bestätigte sie mit schimmernden Augen. "Salaros. Morgen erreichen."

"Morgen schon?" fragte Lara erschrocken. Die letzten paar Tage hatte sie sich nur auf die Gegenwart konzentriert. Mit Koras Vorraussage rückte die Zukunft wieder in ihre Gedanken und mit ihr Sorgen und Ängste. "Wir müssen uns schon morgen von euch trennen?"

In Koras Augen schimmerte es, aber sie lächelte. "Wir nicht gehen ins Feuerberge, das stimmen. Aber jetzt noch zusammen sein. Noch Zeit."

Lara lachte und umarmte die Senoola aus einem Impuls heraus, die sich erst erschrocken versteifte, dann aber ebenfalls die Arme um das Mädchen legte. Ihr Fell roch nach frischem Wind und feuchter Erde. Ein tröstlicher Geruch.

Lara rollte eine Träne die Wange herunter. Schnell löste sie sich von Kora und wischte sie weg. "Du hast Recht. Wir haben noch Zeit."

Kora legte fragend den Kopf schief. "Was du haben machen?" meinte sie neugierig und musterte erstaunt und kritisch ihre Hände, ob sich da etwas verändert hatte.

"Was?" fragte Lara verwirrt. "Achso, das nennen Menschen Umarmung. Sich zu umarmen, hilft jemandem, den du magst, der traurig ist."

"Umamen. Umarmen. Umarmen", meinte die Senoola nachdenklich und überlegte. "Kora mögen umarmen", verkündete sie schließlich feierlich und brachte Lara damit wieder dazu, zu lachen.

Müde legte Lara sich neben Hazla, die schützend ihre Flügel über ihr ausbreitete. Plötzlich fiel ihr noch eine Frage ein, die sie sich schon öfters gestellt hatte. Hazla? murmelte sie leise. Wir, oder du fliegst doch den ganzen Tag und ich muss mich oben halten. Warum sterbe ich dann nicht vor Muskelkater, so wie ich eigentlich müsste?

Hazla schnaubte amüsiert. Magie macht alles etwas leichter. Und jetzt solltest du schlafen.

Gut, meinte Lara schon im Halbschlaf. Gute Nacht, Hazla. Deren Antwort bekam sie nicht mehr mit.

Gute Nacht? Ruh dich aus, Lara. In nächster Zeit wird es mehr als eine schlechte Nacht geben.

Am nächsten Tag reisten sie weiter. Hazla schwieg Lara gegenüber, verhielt sich aber den Senooli gegenüber weiterhin freundlich. Ihre Seelengefährtin nahm ihr das aber auch nicht übel, einerseits erklärte ihr Kora noch mehr Anwendungen ihrer Magie und sie war abgelenkt, andererseits bemerkte sie die nachdenkliche Stimmung des Drachens.

Zwischendurch verbrachte Lara noch etwa eine Stunde am Boden, um dort noch praktisch zu üben und bei dieser letzten Gelegenheit noch einige Früchte zu sammeln. Währenddessen flog Hazla auf die Jagd. Über allem hing drohend eine Regenwolke des Abschieds.

Niedergeschlagen schwang Lara sich danach wieder auf den Rücken des Drachens. Die Stunden vergingen viel zu schnell; die Feuerberge ragten schon vor Mittag bedrohlich hoch über ihren Köpfen auf, als sie noch über flaches Hügelland flogen und der Wald sich langsam lichtete.

Schließlich bedeutete Kora Hazla und den anderen Senooli, zu landen. Bedrückt klammerte Lara sich fest und kämpfte jetzt schon mit den Tränen.

Kora war ihr in diesen wenigen Tagen richtig ans Herz gewachsen und sie jetzt verlassen zu müssen, wegen einer seltsamen Entscheidung einer Ältesten, die Kilometer entfernt war, fühlte sich seltsam an.

Ein Teil von ihr wollte am liebsten in der kleinen, heilen Welt der Senooli und Hazla bleiben.

Ein anderer Teil erinnerte sie an die Prophezeiung und setzte sein Vertrauen in die Erfahrung von Esmeralda. Und dieser Teil überstimmte den Anderen.

Gelenkt von anderen. Von dieser Prophezeiung und Esmeralda, seufzte Lara.

Das Schlimmste, was es gibt, knurrte Hazla angewidert. Drachen sind dazu geschaffen, frei zu sein, frei zu leben, aber ich bin mit dir verbunden und du besitzt Pflichten. Menschen können nie vollkommen frei sein. Merk dir das, denn es zu verleugnen, würde es nicht besser machen.

Okay, erwiderte Lara, überrascht von der heftigen Reaktion und wechselte schnell das Thema. Ich werde Kora vermissen.

Hmm, Donor ist doch nicht so gruselig, wie wir dachten. Eigentlich ist er sogar ganz witzig, gab Hazla widerstrebend zu und setzte sanft auf dem Boden auf. Ich schätze mal, er wird mir auch ein bisschen fehlen.

Donor? fragte Lara verwirrt.

Kaum stand sie auf ihren eigenen Beinen, flatterte Kora heran und warf sich ihr um den Hals, sodass das Mädchen gleich wieder saß, aber dieses Mal auf dem Boden.

Donor ist der mit den schwarzen Flügeln. Hazla wurde von den anderen Senooli umringt, die sich noch einmal angeregt mit ihr unterhielten.

Kora löste sich von Lara und sah sie an. "Senooli nicht können weinen. Aber Kora sehr traurig sein. Aufpassen in Feuerberge, ja?"

Lara nickte mit feuchten Augen. "Tut mir leid, ich will nicht heulen", schniefte sie und wischte sich über die Augen. "Wir werden vorsichtig sein, ich verspreche es dir."

Bist du bereit? Können wir los? fragte Hazla und beendete ihre kurze Unterhaltung mit den Senooli. Sonst wird das hier noch zu sentimental.

Nein, bin ich nicht. Aber wir sollten trotzdem los. Ich hasse Abschiede. Egal ob lang oder super kurz, murmelte Lara und wandte sich noch ein letztes Mal Kora zu. "Ich würde ja jetzt Auf Wiedersehen sagen, aber ich glaube nicht, dass wir uns noch einmal sehen. Tschüss kommt mir aber zu fröhlich vor. Also bleibt nur die dramatische Variante: Leb wohl, Kora."

Die Senoola lächelte belustigt und ihre dunklen Augen schimmerten. "Leb wohl, Lara."

Sie rührte sich nicht, während Lara auf Hazlas Rücken stieg und der Drache abhob. Erst als Lara sich noch einmal umdrehte, hob sie ihre Hand und winkte noch einmal, bevor sie den anderen Senooli hinterherflatterte.

~Ende des ersten Teils~

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