Als die beiden aus dem Wald traten, staunte Lara nicht schlecht.
Vor ihnen tat sich eine wunderschöne Bucht mit kristallklarem Wasser und einem Strand aus kleinen, glatten Kieseln, gemischt mit Sand, auf.
Sie war noch nie am Meer gewesen, ihre Eltern gingen in den Ferien lieber in ihren Garten.
Häuser waren auf Stelzen in das Wasser hineingestellt und durch Hängebrücken oder Stege mit einander verbunden. Die größten Gebäude waren auch mit ein paar der hohen Bäume am Waldrand verbunden, in denen sich wiederum große runde Bauten aus Ästen und Zweigen befanden, die sich perfekt den Kronen anpassten.
Allerdings war die Hälfte von ihnen so beschädigt, dass man es sogar vom Boden aus erkannte.
Bei genauerem Hinsehen, erkannte Lara auch, dass auf den Brücken nur sehr wenige Leute unterwegs waren, vor allem Frauen und Alte standen in kleinen Gruppen da und tuscheln miteinander. Die Gesprächsfetzen, die herüberwehten, hatten einen leichten Akzent, den Lara nicht einordnen konnte. Ein weiterer Hinweis.
Das war definitiv nicht ihr Zuhause. So einen Ort hatte sie noch nie gesehen.
Auf einen fragenden Blick hin, begann Sally zu erklären.
"Also, Valsara ist etwas Einzigartiges. Einerseits wohnen hier die verschiedensten Menschen. Andererseits hat der Krieg uns fast als Letzte getroffen, sodass wir Zeit hatten, Lager zu bauen und zu trainieren. Leider wurden die Häuser beim letzten Sieg gegen die Dämonen etwas beschädigt. Aber sie lassen uns erstmal in Ruhe, deswegen ist etwa die Hälfte von uns, also die, die nicht zu alt, verletzt oder krank waren, ihren Familien zur Hilfe geeilt. Das heißt aber auch, dass die Reparaturen nur langsam vorangehen und alle helfen müssen.
Aber genug vom Krieg. Die Leute, die auf dem Wasser wohnen, sind Fischer, oder fühlen sich ihm auf irgendeine Art und Weise verbunden. Wie du siehst, sind das fast alle. Das Leben findet auch zum Großteil hier unten statt. Die wenigen, die die Elemente Luft oder Erde bevorzugen, leben dort oben in den Bäumen und müssen dann eben bei Festen oder Ratssitzungen die Brücken herunterkommen. Mein Bruder wohnt da oben, er ist eher der 'windige' Typ und hat es bei mir und meiner Mutter nicht ausgehalten. Unser Vater und der Älteste sind schon seit Jahren verschwunden, sie waren beide eher ruhige, naturverbundene Menschen."Mittlerweile führte Sally Lara über eine Hängebrücke zu einem Haus am Rande der Stadt. Lara schwirrte der Kopf. Unglaublich, wie dieses Mädchen gefühlte Stunden lang reden konnte, ohne Luft zu holen. Schnell fiel sie ihr ins Wort: "Sally, warte mal. Wo gehen wir eigentlich hin?"
"Oh, tut mir leid, habe ich vergessen." meinte Sally unbekümmert. "Ich wollte dich meiner Mutter vorstellen. Stell dir vor, sie ist die Einzige hier, die das Feuer beherrscht. Außerdem ist sie noch eine Heilerin und unsere Familie ist praktisch die wichtigste in der Stadt, da bei uns alle Elemente vertreten sind. Oder zumindest waren. Du sprichst also mit einer Berühmtheit.
Da geben wir aber nicht ganz so viel drauf, außerdem ist unser Einfluss sowieso geschwunden, seit Papa und Tymon verschwunden sind. Ich hoffe nur, dass es ihnen gut geht." Sally machte eine kurze Pause, bevor sie weiterredete."Hier, wir sind da. Willkommen bei uns zu Hause. Und drinnen musst du ein bisschen aufpassen, weil meine Mutter praktisch alles hört, was gesprochen wird."
Sie hielt die Tür eines kleinen Hauses auf, das aus langen Ästen mit dazwischen verflochtenen Binsen konstruiert war. Lara musterte es.
"Eine Berühmtheit also? Ich dachte immer, die müssten in schrecklich zugigen Burgen, oder in Marmorpalästen, in denen jeder Schritt widerhallt, wohnen. Aber wie ich sehe, gibt es auch welche in kleinen Hütten." zog sie Sally auf und blickte sich gespielt tadelnd um.
"Allerdings sind Burgen und Paläste bestimmt nicht so gemütlich wie die hier." meinte Sally daraufhin nur augenzwinkernd und empfahl Lara: "Halt dir mal kurz die Ohren zu."
Dann holte sie einmal tief Luft und schrie ein lautes "Mama! Besu-uch!" ins Haus hinein, das das Echo dieses Rufs weiterzutragen schien.
Lara rieb sich die schmerzenden Ohren und sah Sally vorwurfsvoll an. "Ging das nicht ein bisschen leiser?"
Sally zuckte nur mit den Schultern. "Das ist die einzige Möglichkeit, um sicherzugehen, dass meine Mutter herkommt. Ansonsten quatscht sie sich bestimmt noch ein paar Mal gefühlte Stunden lang irgendwo fest. Willst du was trinken?" fragte sie dann geschäftig und führte Lara durch einen hellerleuchteten Gang, der mit viel seltsam aussehenden Sachen vollgestopft war, in die Küche.
Lara nickte. "Ja, bitte. Was gibt es denn?" Sally öffnete eine Schranktür und stellte ein paar Flaschen auf den Tisch. Währenddessen sah Lara sich im Raum um.
Er wirkte, obwohl die Wände genauso belegt waren wie der Flur, ziemlich geräumig. Eingerichtet war die Küche mit einer Eckbank, einem kleinen Tisch und einer Küchenzeile aus dunklem Holz. Die Schränke waren ebenfalls aus Holz gefertigt, waren aber heller gefärbt und nahmen fast eine ganze Wand ein. Einer von ihnen stand offen und man konnte durch die Rückwand in ein Zimmer dahinter sehen, in dem Kräuter zum Trocknen aufgehängt waren.
Sally riss Lara aus ihren Gedanken, indem sie vor ihrem Gesicht mit der Hand herumwedelte.
"Hallo! Jemand zu Hause! Ich habe gefragt, was du gern trinken würdest." Sie deutete auf vier Flaschen, die vor Lara auf dem Tisch standen."Das sind alles Säfte, was anderes haben wir grade nicht. Also der ganz links, der Gelbe, ist aus Pfirsaken gewonnen. Die daneben sind Erdwarsaft, der Hellbraune, und Nidurasaft, das ist der Dunkelrote. Beide schmecken richtig gut und sind ziemlich süß. Der Hellrote rechts, ist Mimamosaft, der ist ein bisschen bitter. Welchen willst du jetzt?"
Lara starrte die Säfte an. "Wie schmeckt denn Pfirsake?" fragte sie unsicher. "Pfirsake? Wie du willst, du kannst dir eine Geschmacksrichtung aussuchen, aber mir fällt meistens nichts ein und dann schmeckt es wie Wasser." Sally zuckte mit den Schultern.
"Dann nehme ich das." meinte Lara entschlossen. Sie wollte gerade anfangen zu trinken, als die Haustür aufgestoßen wurde.

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Kristallfeuer
Fantastik!Dieses Buch ist weder perfekt noch überarbeitet, mehr Infos dazu im ersten Teil! (das heißt für euch: Lesen auf eigene Gefahr) Lara lebt ihr ganz normales Leben. Sie liebt Musik, Bilder und fantastische Geschichten. Bis sie diesen einen seltsamen K...