Am nächsten Morgen wartete meine Mum schon am gedeckten Tisch auf Fynn und mich. Adam war anscheinend schon in die Arbeit gefahren. Nachdem wir uns zu ihr gesetzt und angefangen hatten zu essen, begann sie auch schon zu erzählen: "Adam und ich haben heute Morgen schon bei der Schule angerufen. Der Direktor meinte, dass es ihm wirklich ausgesprochen leid tut was passiert ist. Er hat Ashley einen Verweis eingetragen und sie für den Rest der Woche suspendiert. Außerdem wird sie, sobald sie sich nochmal etwas zu Schulden kommen lässt der Schule verwiesen. Du musst dir heute also keine Sorgen machen, dass sie dir nochmal was tut." Beruhigend legte meine Mutter mir bei ihren letzten Worten ihre Han auf meine. Ich lächelte sie leicht an. Dass ich Ashley diese Woche nicht mehr sehen musste, lies meine Angst tatsächlich weniger werden. Ganz verschwand sie trotzdem nicht, da ich mich noch immer davor fürchtete, wie die anderen aus meiner Klasse heute auf mich reagieren würden, denn sie hatten alle meinen Zusammenbruch miterlebt, aber sie würden mich wahrscheinlich nicht so offen beleidigen wie Ashley es getan hatte. Vor allem dann nicht, wenn Kyle und Fynn bei mir waren. So konnte ich also nach dem Frühstück schon um einiges ruhiger mit Fynn ins Auto steigen und zur Schule fahren. Kyle erwartete uns schon am Schultor und gemeinsam gingen wir zu unserem Klassenzimmer. Unterwegs sehen mich immer mal wieder ein paar Schüler komisch an, doch es waren so wenige, dass ich sie einigermaßen ignorieren konnte. Schlimmer war es da, als wir schließlich unseren Raum betraten. Alle starrten uns, oder besser gesagt mich, an, nur um kurz darauf die Köpfe mit dem Banknachbarn zusammenzustecken und zu tuscheln. Verlegen machte ich mich so klein wie möglich und setzte mich auf meinen Platz. Kyle strich mir beruhigend über den Rücken. Ich schaffte das schon. Kurz darauf kam zum Glück der Lehrer und unterbrach damit das Gerede der anderen.
Ich war froh als ich die Schule nachmittags endlich verlassen konnte. Mit der Zeit hatte ich mich zwar ansatzweise an die geflüsterten Gespräche gewöhnt, doch ganz ausblenden konnte ich sie nie. Ich schämte mich für meinen Zusammenbruch gestern auch ohne die Kommentare der anderen schon genug, da brauchte ich nicht auch noch zu hören, dass ich ein Freak, Psycho oder sonstiges war. Ich wusste, dass es noch schlimmer hätte kommen können, wenn Ashley nicht suspendiert worden wäre, doch auch so war die Schule für mich heute eine Qual gewesen. Ich hoffte nur meine Klassenkameraden würden schnell ein neues Gesprächsthema finden. Kyle und Fynn hatten die ganze Zeit über versucht mich abzulenken, was mal mehr mal weniger geglückt war. Trotzdem war ich ihnen unheimlich dankbar dafür, dass sie so zu mir hielten. Gerade liefen wir zu unseren Autos und redeten darüber, was wir heute noch machen wollten. "Wie wärs, wenn wir in der Stadt Eis essen gehen?", wollte Fynn wissen. "Ich find die Idee gut.", meinte Kyle und auch ich stimmte zu. Wir machten einen Treffpunkt aus, da Kyle ja mit seinem eigenen Auto da war, und fuhren anschließend los.
Nach zehn Minuten trafen wir uns wieder und machten uns auf den Weg zum lieblings Eiscafé der beiden Jungs. Unterwegs alberten und lachten wir sehr viel herum. Kyle hielt dabei meine Hand und immer, wenn er mit seinem Daumen über meinen Handrücken strich, fing mein ganzer Arm an zu kribbeln. Wir waren fast da, als ich merkte wie Kyle sich plötzlich anspannte. Verwirrt sah ich mich um und entdeckte schließlich Dan, der mit einem breiten Grinsen auf uns zu marschierte. "Hey Kyle, Fynn. Oh und Ava ist ja sogar auch mit dabei. Schön euch hier zu treffen.", meinte er und wollte mit Fynn einschlagen. Dieser wich jedoch nur mit angewidertem Gesichtsausdruck zurück und musterte Dan verachtend. Auch Kyle war alles andere als erfreut. "Was willst du von uns?", wollte Fynn wissen. Dans Lächeln wurde, wenn möglich noch eine Spur breiter. "Ach, ich hab euch grad nur zufällig gesehen und da ich Kyle später noch was fragen wollte, dachte ich mir, dass ich es ja auch jetzt gleich machen kann." Dans Worte schienen Kyle ziemlich auf die Palme zu bringen, denn er war so angespannt, dass er meine Hand beinahe mit seiner zerquetschte. Ich wollte aber jetzt nichts sagen, denn dann würde Dan wahrscheinlich auf mich aufmerksam werden und um ehrlich zu sein machte er mir schon etwas Angst. Auch wenn er gerade ganz entspannt und freundlich wirkte hatte sein Grinsen so etwas hinterlistig und in seinen Augen meinte ich manchmal dasselbe gemeine Funkeln zu entdecken, dass ich bei meinem Vater auch oft gesehen hatte. "Was willst du mich denn fragen?", knurrte Kyle schon fast. "Ich wollte nur wissen wie weit du bei unserem "Projekt" schon gekommen bist. Außerdem hoffe ich doch du weißt noch was der Preis dafür ist." Bei dem Wort Projekt sah Dan kurz zu mir rüber. Von was redete er da? Welches Projekt musste Kyle denn mit ihm machen? Er hatte mir gegenüber nie etwas Derartiges erwähnt. Und warum hatte er zu mir geschaut? Ich hatte mit dem Ganzen doch gar nichts zu tun. Verwirrt sah ich zu Kyle, der allerdings ganz genau zu wissen schien, was Dan meinte. "Es dauert noch. Und ich wäre froh, wenn du mich nicht ständig danach fragen würdest, denn ich hab den Preis ganz sicher nicht vergessen.", antwortete Kyle knapp. "Natürlich. Dann ist ja alles bestens. Ich halt euch mal nicht länger auf. Viel Spaß noch.", mit diesen Worten verabschiedete sich Dan und ließ mich und Fynn verwirrt und Kyle wütend zurück. "Alter, was war das denn? Wovon hat er geredet? Welches "Projekt" habt ihr denn am Laufen?", fragte Fynn misstrauisch. "Ähm... also, das ist nicht so leicht zu erklären...", stotterte Kyle rum und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Hast du uns was zu sagen?" "Können wir da nicht auch später drüber reden?", wollte Kyle wissen. "Na gut. Aber du wirst nicht drum rum kommen mir zu erzählen, was das eben sollte, klar?", stimmte Fynn zu. Kyle nickte nur bedrückt. Irgendwas stimmte hier nicht. Kyle schien wirklich Angst vor diesem Gespräch zu haben, was mich auch etwas beunruhigte. Was war so schlimm, dass er es uns nicht erzählen wollte? Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass es etwas mit mir zu tun hatte.
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Ava - My life with fear
RomanceSeit ihre Mutter vor zehn Jahren verschwunden ist wird Ava von ihrem drogenabhängigen Vater misshandelt und vergewaltigt. Sie lässt niemanden an sich ran, redet kaum und hat starke Berührungsängste. Doch als ihr Vater an einer Überdosis stirbt, muss...