Schreckliches Weinen

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Vor 12 Jahren...

Aurora tapste mit ihrem weißen Nachthemd durch die Flure des goldenen Schlosses, welches wie ein Gefängnis für sie war. Die fünfjährige Aurora schlich zu einer Türe und drückte leise die Türklinke hinunter.

Der RCOD König saß auf dem eleganten Sofa seines schlichtgehaltenen Schlafzimmers und trank Alkohol.

"Daddy?", fragte Aurora kleinlaut und taspste zu ihm.

"Aurora?", fragte Braden vernebelt und sah auf. "Haben dir deine Nannys nicht beigebracht, anzuklopfen?"

Aurora antwortete nicht auf diese Frage und fragte etwas anderes: "Ich will dir eine Frage stellen."

"Nur zu", sagte Braden und klopfte auf den Platz neben sich.

Aurora kletterte neben ihren Dad auf die Couch und ließ ihre Beine hin und her baumeln. "Ich war heute mit einer meiner Nannys und natürlich den Bodyguards im Park und habe Eis gegessen, aber da ist mir etwas aufgefallen. Weißt du, es gibt ein Kind, einen Dad und eben eine Frau. Also das ist eine Familie, schätze ich."

Braden schwieg, stütze seine Ellenbogen auf den Knien ab und drückte sein Glas gegen die Schläfe.

"Die Kinder haben zu der Frau Mom oder Mommy gesagt. Was ist das? Die Nanny und die Bodyguards haben mir nicht geantwortet."

"Oh Gott, Aurora, warum musst du das genau heute fragen?", stöhnte Braden, stellte sein Glas, welches er schon leer getrunken hatte, auf den Tisch und rieb sich den Kopf.

"Sag's mir bitte", forderte Aurora.

"Kind, Mom und Dad. Das ist eine Familie", sagte er und man sah ihm an, wie sehr es schmerzte. Es zerriss sein kalt gewordenes Herz.

"Ich dachte immer es gibt nur einen Dad", sagte Aurora verwirrt.

Wie konnte Aurora es auch besser wissen? All die Kinderbücher, die Aurora je besaß, wurden vorher kontrolliert, ob eine Mom darin vorkam. Braden wollte nicht, dass sie es erfuhr, doch nun war Aurora fünf und er war ihr eine Antwort schuldig.

"Nein, das ist falsch", gestand Braden seufzend. "Eine Mom und ein Dad sind meistens verheiratet und lieben sich. Dann bekommen sie ein gemeinsames Kind."

Fragend sah sie ihren Dad an. "Aber was ist jetzt eine Mom?"

"Eine Mom ist die Person, die genauso wie der Dad, alles für ihr Kind opfern würden. Jedes Kind hat eine", erklärte Braden schmerzvoll.

"Aber wo ist dann meine Mom?", fragte Aurora und sah ihren Dad erwartungsvoll an.

Sie wollte es jetzt wissen und sie sollte das auch, dachte Braden sich und schluckte. "Deine Mom ist im Himmel."

"Du hast gesagt, dass es nur die Hölle gibt."

"Nein, für deine Mom nicht", sagte Braden und seine Augen füllten sich mit Tränen. Schnell goss er Nachschub von dem Alkohol in sein Glas und trank es gezwungen.

Aurora starrte eine Weile in die Leere, bis sie begriff. "Aber - aber heißt - heißt das - dass sie - sie tot - tot ist?"

"Ja", schluchzte Braden und schüttete sich den Alkohl in den Rachen.

"Aber warum?", fragte Aurora und Tränen stiegen in ihr auf. "Wie hieß sie?"

"Hailey wurde von der russischen Mafia getötet."

Die fünfjährige Aurora war mit der Situation überfordert und die Tränen liefen wie ein Wasserfall über ihre Wangen. "Aber du hast doch gesagt, dass du unsere Familie beschützt!", schrie Aurora auf einmal wütend und stand auf.

"Das konnte ich nicht!", brüllte Braden laut und schmiss sein Glas auf den Boden, welches in tausend Scherben zerbrach.

Aurora kreischte auf und hüpfte einen Schritt zurück. Sie sah ihren Dad mit großen Augen an und dann geschah es, dass Aurora sich zum ersten Mal vor ihrem Dad fürchtete. Ihr Herz schlug schnell gegen ihre Brust und ihr Atem war rasend.

"Eng umschlungen standen wir mit dir im Arm am knisternden Feuer am Kamin und plötzlich traf ein Schuss deine Mom, wenn du's genau wissen willst!", schrie Braden und schmiss eine teure Vase, die auf einer antiken Komode stand, wütend herunter. Sie fiel krachend zu Boden und Aurora erschrak. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihren Dad an, der auf einmal wie ein Fremder für sie war. "Es ist meine Schuld! Oh ja, das ist es!", murmelte Braden und fuhr zu seiner Tochter herum. Er beugte sich zu ihr herunter und ging ganz nah an Aurora's Gesicht. Plötzlich sahen seine Augen gruselig und finster aus und er flüsterte: "Heute ist ihr fünfter Todestag und ich  vermisse sie so sehr, dass mir kaum mehr Luft zum Atmen bleibt." Er stand ruckartig auf und nahm gar nicht wahr, dass seine kleine Tochter schrecklich weinte. Er war wie taub und nur noch von Sehnsucht, Wut und Trauer geprägt.

Es war ein schrecklicher Anblick und Aurora war vor Angst wie erstarrt. Sie stand wortwörtlich unter Schock und sie war erst fünf. Das wird eine tiefe Narbe in ihr hinterlassen, auch wenn Aurora sich an dieses Trauma nicht mehr erinnern wird, weil es so schrecklich war und ihr Gehirn die Erinnerung ausblenden wird.

Inzwischen prügelte Braden auf einen antiken Schrank ein, der bereits durchschlagen war. "Sie ist tot! Sie ist tot! Sie ist tot!", brüllte er und Aurora heilt sich weinend die Ohren zu. Schließlich fiel der Schrank in sich zusammen und Aurora kreischte auf, doch plötzlich nahmen sie zwei starke Hände hoch in die Arme. Aurora erkannte sofort an dem Geruch, dass es Mason war. Sie vergrub sich in seine Schulter und wünschte sich an einen anderen Ort. Ein so schreckliches Weinen hatte man noch nie gehört...

Mason streichelte ihr über's Haar und brachte Aurora schnell von hier weg. Aurora's schreckliches Weinen würde er für immer im Ohr behalten...

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Das vierte Kapitel der Lesenacht und das letzte!❤

Würde mich über Kommentare in den Kapiteln sehr freuen! Danke, das ihr alle am Start wart und schreibt mir gerne irgendwann in die Kommentare, wann ihr die nächste Lesenacht haben wollt!❤

katherine_fields

Aurora Black 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt