P.o.V. Martinus
Ich war ja so froh, dass Adri wieder aufgewacht war. Allerdings ging es ihr seitdem nicht wirklich besser und ich musste jeden Tag zusehen, wie sie kämpfte. Sie kämpfte um ihr Leben. Noch war nicht klar, ob sie das verlieren oder gewinnen würde, aber ich wusste, dass ihr langsam die Kraft ausging. Sie konnte nicht mehr.
Heute war es wieder genauso. Nachdem Wochenende war, kam ich schon um neun Uhr morgens zu ihr. Sie schlief und das Frühstück, das sie laut Schwester Elena vor einer Stunde bekommen hatte, als sie noch wach war, stand unangetastet neben ihr.
Ich setzte mich neben das Bett und nahm ihr blasse, knochige Hand in meine. Sie war so dünn und schwach geworden in letzter Zeit. Selbst ihr Atem war nur noch langsam und flach, was mit Sicherheit an der kaputten Lunge lag.
Als ich nach einer Stunde kurz aufgestanden war, um mir etwas zu trinken zu holen, wachte sie endlich auf. Wir unterhielten uns etwas über belanglose Dinge und ich merkte, dass sogar das Sprechen sie anstrengte.
"Können wir vielleicht rausgehen?", fragte sie nach ein paar Minuten. Die Frage, ob sie das schaffte, brannte mir unter den Nägeln, aber ich traute mich nicht, sie zu stellen, denn sie hasste diese Fragen. "Ich weiß, was ich schaffe und was nicht. Und wenn ich etwas nicht könnte, würde ich ja nicht fragen." Genau das hatte sie mir letzte Woche erklärt, als ich sie gefragt habe.
Also behielt ich meine Bedenken für mich und half ihr beim Aufstehen. Wie immer war sie etwas wackelig auf den Beinen, aber die waren ja auch so erschreckend dünn, dass ich mich fragte, wie sie überhaupt darauf stehen konnte.
Zusammen gingen wir in den Park, wo sie zielstrebig auf die erste Bank zusteuerte und sich ganz außer Atem setzte. Die Bank stand unter einem Baum, von dem irgendwelche Pollen kamen und davon bekam sie erst einmal einen Hustenanfall.
Sie brauchte einige Minuten, um sich zu beruhigen und die Atmung soweit zu normalisieren, wie man ihre Atmung noch normal nennen konnte.
Ich setzte mich neben sie und nahm ihre Hand. Adri drückte meine Hand und kuschelte sich an mich. Wie gern hätte ich sie jetzt geküsst, aber das war uns schon verboten worden, als sie aus dem Koma aufgewacht war. Zu groß war die Gefahr, dass sie sich mit irgendeiner Krankheit ansteckte.
Eine Weile saßen wir eng aneinandergekuschelt und schweigend dort, dann bemerkte ich allmählich ihr Zittern. "Ist dir kalt?", fragte ich und als sie nickte, gab ich ihr meinen Pulli. Nichts wäre unpassender, als wenn sie sich jetzt eine Erkältung einfangen würde. "Komm, wir gehen besser wieder zurück", schlug ich vor und half ihr auf, nachdem sie umständlich meinen Pulli übergezogen hatte.
"Tinus, ich..." Adri verstummte, brauchte aber auch gar nicht mehr zu sagen. Ich hatte längst bemerkt, dass ihre Kräfte sie verließen. "Ich halte dich", versprach ich und schlang einen Arm um ihre Taille. Der Weg war nicht mehr lang und trotzdem gaben immer wieder ihre Beine unter ihr nach, sodass ich sie festhalten musste, damit sie nicht stürzte.
Kurz vor ihrem Zimmer allerdings sank sie plötzlich so schnell zu Boden, dass ich gar keine Chance mehr hatte, meinen Griff zu verstärken und sie zu halten. Ich beugte mich runter und wollte sie wieder hochziehen, da bemerkte ich, dass sie ganz schnell und flach atmete. "Hey, alles in Ordnung?", fragte ich besorgt. Adri schüttelte nur den Kopf. "Ich bekomme so schlecht Luft."
Schnell winkte ich eine der Krankenschwestern, die auf dem Gang waren, heran. Die reagierte auch ganz schnell, holte einen Arzt und brachte Adri in ihr Zimmer, wo ich gleich hochkant wieder rausgeworfen wurde. So ein Mist!
Ich setzte mich draußen auf dem Flur auf einen der unbequemen Plastikstühle und wartete. In der Zwischenzeit rief ich Marcus an, immerhin war Adri ja auch seine "Schwester". Der war allerdings gerade unterwegs und hatte keine Zeit. Nach einer halben Stunde stand ich auf und holte mir etwas zu trinken. Und dann wartete ich wieder.
Die Zeit verging irgendwie überhaupt nicht und ich fragte mich, was drinnen wohl gerade passierte. Was, wenn Adri starb? Jetzt, in diesen Sekunden? Jeden Moment konnte der Arzt herauskommen und mir mit einen mitleidigen Blick mitteilen, dass meine Freundin und Adoptivschwester gerade gestorben war. Oh Gott, hoffentlich nicht!
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis der Arzt tatsächlich herauskam. Seine Miene war undurchdringlich, als er sich zu mir setzte. "Hören Sie, wir konnten Ihre Freundin gerade noch retten. Sie ist jetzt auch wach und Sie können gleich zu ihr. Es ist allerdings sehr wichtig, dass sie auch wach bleibt. Also sorgen Sie dafür, lenken Sie sie ab! Denn wenn Sie einschläft, kann ich für nichts garantieren und die Wahrscheinlichkeit, dass sie dann stirbt ist sehr hoch."
Nach dieser Ansprache ging er einfach und ließ mich mit meinen ganzen Fragen allein. Würde sie überleben? Wenn nicht, wie lange hatte sie noch? Und was war gerade eben überhaupt passiert? Egal, ich musste jetzt erst mal zu ihr.
Vorsichtig öffnete ich die Tür. Sie war wieder allein in dem Zimmer, eingebettet zwischen lauter Kissen und Decken. Und noch blasser als zuvor, fast schon weiß im Gesicht. Als ich die Tür mit einem leisen Geräusch hinter mir schloss, drehte sie sich langsam zu mir um.
"Hey", sagte ich leise. "Hey." Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Ich setzte mich zu ihr auf die Bettkante und nahm wieder ihre Hand. "Gehts dir wieder besser?" Sie schüttelte den Kopf. "Tinus... ich glaube nicht, dass ich das schaffe. Meine Lunge funktioniert so schlecht und ich bin einfach nur fertig."
Sie begann zu weinen und steckte mich mit ihrer Traurigkeit an, sodass auch mir die Tränen kamen. "Ich will dich nicht verlieren", sagte ich. Aber als ob das etwas bringen würde. "Ich weiß", antwortete Adri und drückte meine Hand. "Ich will auch noch nicht sterben. Aber ich kann das einfach nicht mehr. Und ich bin soo müde." Für einen Moment schloss sie die Augen und ich erschrak.
"Nicht einschlafen!", rief ich und sofort riss sie die Augen wieder auf. "Wenn du jetzt einschläfst, bist du so gut wie tot. Ich brauche dich doch!" Schon wieder liefen mir die Tränen über die Wangen. "Ich weiß", flüsterte Adri wieder. "Aber jetzt ist es sowieso schon zu spät. Ich liebe dich, Tinus."
"Ich liebe dich auch", brachte ich noch heraus, dann nahm sie noch einen letzten tiefen Atemzug, schloss ihre Augen und schlief ein.
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Heartbeat ~ Marcus and Martinus ff
FanfictionABGESCHLOSSEN Heartbeat- das ist alles, was in Andrianas Leben noch zählt. Trotzdem geht sie auf das Konzert von Marcus& Martinus, um ihre Lieblingssänger endlich persönlich zu treffen. Doch damit setzt sie alles aufs Spiel...