Kapitel 12

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Als ich jedoch zurück ins Zimmer kam blieb mir fast das Herz stehen, als ich plötzlich vor einem oberkörperfreien Jungkook stand.

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„Oh mein Gott, tut mir leid", quietschte ich und errötete auf der Stelle. Schnell verdeckte ich meine Augen, obwohl mir der Anblick sehr gut gefallen hatte. Jungkook war kein Bodybuilder, er war schlank. Trotzdem hatte er genügend Muskeln, einen ordentlichen Sixpack, und eine schön definierte V-Linie. Er sah göttlich aus.

„Du kannst ruhig schauen, kleine. Ich schlafe nämlich eigentlich auch oberkörperfrei. Das bei dir zu Hause war eine Ausnahme", lachte Jungkook und zog zärtlich meine Hände von meinem Gesicht. Jedoch ließ er sie nicht los, und strich mit seinem Daumen sanft über meinen Handrücken. Das altbekannte kribbeln breitete sich in mir aus. Wieso reagierte ich so stark auf ihn?

Nach ein paar Sekunden ließ er meine Hand los und hielt mir das T-Shirt entgegen, das er vorhin noch getragen hatte. Ich nahm es lächelnd entgegen und verschwand erneut im Bad um mich umzuziehen. Als ich mir das Shirt überzog kam mir sein Geruch entgegen. War es überhaupt erlaubt, so gut zu riechen? Ich musste mich zusammenreißen um nicht mein Gesicht in das Shirt einzutauchen und den Duft zu inhalieren. Das wäre ja sehr komisch.

Als ich das Zimmer wieder betrat, lag Jungkook bereits im Bett. Zögernd ging ich mit kleinen Schritten auf das Bett zu. „Mein Shirt steht dir gut, vor allem in Kombination mit dieser kurzen Hose", grummelte Jungkook zufrieden. Seine Stimme war ungewöhnlich tief. Schüchtern legte ich mich zu ihm ins Bett und achtete darauf, dass sich unsere Körper nicht berührten.

„Vorhin auf deiner Couch warst du aber nicht so unschuldig wie jetzt", grinste Jungkook und zog mich in seine Arme, was mich leise aufquietschen ließ. Vorsichtig legte ich meinen Kopf auf seine nackte Brust und er platzierte einen sanften Kuss auf meinen Haaren. Mit seiner Hand ergriff er meinen Arm und strich sanft über meine Narben. Da ich jetzt nur ein T-Shirt an hatte, konnte man alles sehen. „Bitte tu sowas nie wieder. Du verletzt damit nicht nur dich, sondern auch die Menschen, denen du etwas bedeutest. Egal wie schlimm etwas erscheint, es ist nie schlimm genug um deinen perfekten Körper zu verletzen. Wir sind es alle nicht wert, dass du dir wegen uns etwas antust", flüsterte Jungkook ernst.

Ich brauchte etwas Zeit, um seine Worte zu verarbeiten. Als ich antworten wollte, merkte ich, dass er wohl schon eingeschlafen war. Müde nuschelte ich gegen seine Brust: „Wem bedeute ich schon wirklich etwas?" Ich rechnete nicht mehr mit einer Antwort und kuschelte mich ein. Nach einigen Minuten hörte ich ihn flüstern: „Mir bedeutest du etwas, du schlafender Engel. Gute Nacht Kleine." Mein Herz machte einen dreifachen Rückwärtssalto, aber trotzdem tat ich weiter so als würde ich schlafen. Meine Gedanken waren voll mit seinen Worten, als ich schlussendlich einschlief.

Als sich etwas unter mir bewegte, wachte ich am nächsten Morgen auf. Ich brauchte einen Moment um mich daran zu erinnern wo ich war. Jungkook grummelte vor sich hin: „Fuck, ich hab vergessen einen Wecker zu stellen." Genervt stöhnte ich auf: „Nicht dein Ernst. Wie spät ist es?" „Die erste Stunde hat gerade angefangen. Lass uns einfach noch gemütlich einen Kaffee trinken, und dann pünktlich zur zweiten Stunde erscheinen", schlug er vor und ich nickte verschlafen.

Nach unserem kleinen Frühstück, bei dem wir beide eigentlich gar nicht miteinander redeten, weil wir beide Morgenmuffel waren, ging ich ins Badezimmer um mich fertig zu machen, während Jungkook in sein Zimmer ging. Meine Haare ließ ich offen, da es ihm anscheinend gefiel und zog meine Hose von gestern nochmal an. Das T-Shirt von Jungkook behielt ich an und stopfte es in die Jeans, da ich kein anderes Oberteil mehr hatte. Dann putzte ich noch schnell meine Zähne und verließ das Bad.

„Können wir?", fragte Jungkook freundlich, als ich die Eingangshalle betrat und ich nickte. Wir verließen das Haus, stiegen in sein Auto ein und machten uns auf den Weg in Richtung Schule. Dieses Mal parkte er jedoch nicht abseits, sondern ziemlich weit vorne. „Wollen wir reingehen?", fragte er glücklich und hielt mir die Tür auf der Beifahrerseite auf. Als ich loslaufen wollte, hielt er mir jedoch noch seine Jacke hin: „Falls du nicht willst, dass jeder deine Arme sieht, kannst du sie ruhig anziehen." Ich nickte dankbar und zog seine berühmte schwarze Lederjacke an. Dann lief ich neben ihm her in die Eingangshalle.

Gerade als wir diese betraten, klingelte es und alle Schüler stürmten aus ihren Klassen. Jungkook stellte sich instinktiv etwas von mir weg. Dies war der erste Riss, der in meinem Herzen entstand. Ich sah seine Gruppe von Freunden schnell auf uns zukommen. „Alter, was stehst du hier ganz alleine rum mit dieser Schlampe? Hast du deinen Spaß mit ihr ohne uns?", fragte ihn Yoongi grinsend. Mina kreischte: „Wieso hat die dein Shirt und deine Jacke an? Hast du die ihr etwa gegeben? Ist ja ekelhaft!" Jungkook schüttelte hastig den Kopf: „Ey Nein, wir sind vorher ineinander gelaufen und ich habe Kaffee auf sie verschüttet, also hab ich ihr mein T-Shirt von Sport gegeben. Kannst das Shirt behalten, jetzt will ich es eh nicht mehr. Und die Jacke bringst du mir morgen wieder." Dies war der zweite Riss, der in meinem Herzen entstand, der noch viel größer und tiefer war, als der erste. Warme Tränen rannen wie Bäche über meine Wangen.

„Aww, fängt das Opfer jetzt an zu heulen? Wie erbärmlich!", stichelte Mina weiter. „Du Arschloch", brachte ich noch mit brüchiger Stimme heraus ehe ich in Richtung Eingang stürmte. Ich wollte einfach nur weg von hier. Nach Hause. Doch wie sollte ich jetzt heim kommen? Der Bus war schon weg. Entschlossen fing ich an zu laufen, und dann zu rennen. Zwischendurch musste ich immer wieder husten und keuchen doch es interessierte mich nicht. Es war mir scheißegal ob dieses viele rennen wie Gift für meinen Lungenkrebs war.

Als ich etwa 25 Minuten später endlich in meiner Wohnung stand, warf ich meine Tasche in eine Ecke und riss mir seine Jacke und sein T-Shirt vom Leib. Schnurstracks rannte ich ins Badezimmer und riss mein Medizinschränkchen auf. Hektisch durchwühlte ich es, bis ich sie schließlich fand. Meine Rasierklingen. Noch immer mit Tränen in den Augen lehnte ich mich an die Wand und ließ mich einfach an ihr heruntersinken.

Vorsichtig setzte ich die Klinge an meinem Handgelenk an. Gott ich kam mir so erbärmlich vor. Jedoch wusste ich keinen anderen Ausweg. Ich hatte immer gedacht, deren tägliche Beleidigungen seien das Schlimmste. Doch das eben mit Jungkook war noch 1000 Mal schlimmer. Ich stöhnte vor Schmerz auf, als ich den ersten Schnitt beendet hatte. Kleine Tröpfchen Blut quollen aus der Wunde.

Daraufhin setzte ich noch einen zweiten. Und danach einen dritten. Doch der Schmerz wurde komischerweise nicht weniger, sondern eher mehr. Als ich während des vierten Schnittes laut schluchzen musste, steckte ich die Klinge unbeabsichtigt viel tiefer als sonst in meinen Arm. Sofort spritzte mir eine Unmenge von Blut entgegen. Ich musste eine wichtige Vene getroffen haben. Ich versuchte panisch, die Blutung mit meiner Hand zu stoppen, jedoch half es nicht wirklich. Mit letzter Kraft stand ich auf und wollte schnell in die Küche um Verbandszeug zu holen.

Auf der Treppe jedoch bekam ich jedoch plötzlich einen Anfall. Ich hustete wie verrückt und ich sackte vor Schmerz zusammen. Bitte nicht jetzt. Wann hatte ich das letzte Mal meine Tabletten genommen? Ich hatte sie wegen Jungkook völlig vergessen. Ich merkte wie mich die Kraft langsam verließ und ich meine Augen schließen wollte.

Das letzte was ich sah, war eine nach Luft ringende Jennie, die in meine Wohnung stürmte, und sich weinend neben mich hinkniete. Als ich auf einmal Blut auf mein T-Shirt hustete wählte sie panisch den Notruf. Dann wurde alles schwarz.

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Ich hatte übers Wochenende keine Zeit zu schreiben, aber ich lade jetzt ein paar Kapitel hoch :)

winter rose | jjk  (editing & on hold)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt