1. Neues Zuhause

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Yumas Sicht

„Schon wieder hat der Todesgott zugeschlagen.", las meine Mutter aus der Tageszeitung vor, als ich die Treppe hinab tappte. „So viele Tote.", murmelte sie weiter. „Oh guten Morgen, Yuma.", begrüßte sie mich leicht abwesend. „Morgen.", meinte ich stumm und seufzte. „Ich habe auch davon gehört, aber das ist nur ein kranker Irrer, der die Bösen ermordet, also können wir unbesorgt sein.", kommentierte ich und ließ mich auf einen unserer hölzernen Küchenstühle fallen.

Sie blieb stumm und blätterte für einige Minuten weiter durch sie Zeitung. Das tat sie jeden Morgen wieder aufs Neue. Am meisten beschäftigte sie die erschütternden Nachrichten der Polizei.

„Yuma, schau mal was noch im Briefkasten war.", sagte sie fröhlich und hielt mir einen Briefumschlag vor die Nase.
„Was ist das?", fragte ich verwirrt und riss ihn ihr aus der Hand.
„Du wurdest angenommen!", rief sie erfreut. „Wo?", wollte ich wissen und riss ihn auf. „Auf der neuen Eliteschule, wo nur eine kleine Handvoll von Schülern aufgenommen wird und du, Yuma, bist dabei. Ist das nicht fantastisch?"
„Ist das dein Ernst?! Du weißt, ich bin ein normaler Schüler und..."
„Aber sie haben dich ausgewählt. Und ich will jetzt nicht diskutieren, schließlich geht es um deine Zukunft." Ich drehte mich eingeschnappt von ihr weg. „Pack deine Sachen. Im Formular stand, dass du schon morgen Abend abgeholt werden wirst." „Am Sonntag?", fragte ich skeptisch und sah mir das Stück Papier an. „Ja, ihr sollt montags pünktlich dort sein."

Eingeschnappt und wütend stampfte ich die Treppe hinauf und biss von meinem Brot ab, was ich mir mit aufs Zimmer nahm, um Mum nicht mehr sehen zu müssen.

Musste sie mich wirklich bei so einer schicken Schule anmelden? Und wo ist die überhaupt beziehungsweise wie heißt sie? Und warum haben sie ausgerechnet mich ausgewählt? Einen 15 jährigen Jungen mit weißen Haaren und blaugrauen Augen, der dazu nur noch ein Durchschnittsschüler ist. Also warum wollen die mich? Naja... ich werde hier eh kaum einen vermissen. Nehm ich es als einen Neuanfang auf, den mir Mum ohne meine Erlaubnis verschafft hat.

Ich schmiss mich auf meinen Schreibtischstuhl und drehte mich ein paar Runden um mich selbst. Nebenbei las ich mir den Brief noch einmal durch.

„Die Janson Schule...", murmelte ich und googelte im Internet, doch fand nichts darunter. Außer Infos über Jordan Janson, also uninteressant für mich. Was interessieren mich schon seine Söhne: Tyler und Mika? Sind bestimmt solche Schnösel. Ich hoffe an der Schicki-Micki-Schule sind auch ein paar normale Typen, mit denen ich mich abgeben kann. Vielleicht ist dort ja auch ein süßes Mädchen. – überlegte ich.

Mein Blick fiel auf einen Link der 5. Seite. Er zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich fuhr mit der Maus darauf und öffnete ihn.

„Jordan Janson, einer der mächtigsten Männer des Landes, erbaute im Jahr 2013 eine Schule für psychisch geschädigte Jugendliche. Nachdem diese ein Jahr später in Brand geriet, erbaute Jordan Janson in nur einem Jahr eine Eliteschule mit Ausrichtung auf gute Leistungen, Sport und Gemeinschaft. Nach dem verheerendem Brand kehrte nur der Schüler T. unversehrt zu seiner Familie zurück. Der Rest sei bei dem Unfall gestorben. Jordan selbst trauerte sehr, doch verkündete, dass er eine neue Schule gründen würde, die sicherer und besser als die Alte sein solle.", las ich den ersten Abschnitt vor.
„Und wo ist die jetzt?", fragte ich mich und klickte mich durch eine Seite nach der anderen. Doch fand nichts weiter.

Enttäuscht zerrte ich meine Reisetasche unter dem Bett hervor und schmiss Klamotten und alles mögliche, was ich gebrauchen könnte mit hinein.

„Sicherlich ist die Schule so neu erbaut, dass man nicht viel über sie in Erfahrung bringen kann.", murmelte ich überlegend und sah aus dem Fenster. Ein regnerischer Herbsttag und nun musste ich von jetzt auf gleich mein Haus und meine Umgebung verlassen. Aber was solls. Ich habe es mir hier eh mit allen etwas verschissen. Bin ich in der neuen Schule am besten einer der lieben, freundlichen, überaus netten Schüler, die nicht auffallen.
In meiner alten Schule hatte ich mich stark gegen Mobbing eingesetzt. Dafür geriet ich meist selbst in die Schussbahn und machte mich beliebt und zugleich unbeliebt. Spielverderber nannten sie mich. Doch für die Schüler, die sich mir anvertraut haben, war es ganz und gar kein Spiel.

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