Ein Dieb in der Nacht

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Ruhig schlafend lag der Zwergenkönig in einem der Krankenbetten. 

Bilbo betrachtete ihn ruhig und schluckte, als er den dick geschnürten Verband um die Wunde sah, die Azog ihm zugefügt hatte. Thorins Oberkörper lag frei und wurde nur durch eine dünne Decke bedeckt. Der kleine Hobbit und die Zwerge näherten sich vorsichtig. Der braunhaarige Elb, der ihnen die Botschaft von Thorins Rettung überbracht hatte, war ihnen ins Zeltinnere gefolgt und stand nun dicht hinter ihnen. 

"Wann wird er aufwachen?" fragte Bilbo schließlich nach einigen Minuten ehrfürchtigen Schweigens. 

Der groß gewachsene Elb sah überrascht zu ihm nach unten, so, als hätte er gerade eben erst gemerkt, dass Bilbo dort stand. "Das ist noch nicht gewiss. Er hat viel Blut verloren... ein paar Minuten später und wir hätten nichts mehr für ihn tun können." 

Bilbo sah beschämt zu Boden. "Wegen dir wäre er fast gestorben! Hättest du gemerkt, dass er noch lebt, dann hättest du schon viel früher Hilfe holen können! Du bist schuld an allem hier!" sagte ihm seine innere Stimme. Und er fühlte sich schlecht, auch, wenn er tief in sich drin wusste, dass er nicht für Thorins Fast-Tod verantwortlich war.

Jetzt sprach Balin. "Ist es schon möglich, zu sagen, bis wann seine Wunden heilen?" 

"Es wird ein langer Prozess. Wochen, vielleicht Monate. In ein paar Tagen, wenn wir den Fortschritt der Wundheilung untersuchen, wissen wir mehr. Aber es ist möglich, dass er Schäden davonträgt, die ihn sein Leben lang begleiten werden." 

Erschrocken sah Bilbo zu ihm auf. "Was genau... ist mit diesen Schäden gemeint?"

"Wenn man von den riesigen Narben einmal absieht... Es kann sein, dass er dauerhafte Schmerzen haben wird. Wir werden sehen." Bilbo sah wieder zu Thorin. Erleichtert und traurig zugleich. Sein Freund wird wieder atmen, lachen, leben. Aber mit Schmerzen... 

Den anderen Zwergen war die Freude über die Rettung Thorins anzusehen. Bald würde sich alles wieder richten und Thorin würde als gerechter König unter dem Berge herrschen. 

"Wird er hier bleiben müssen?" fragte Balin den Elben nach einem kurzen Moment. 

Jetzt sahen ihn auch die anderen Zwerge neugierig an. Erschlagen von so viel Aufmerksamkeit stotterte dieser: "Nu-nun j-ja... Es... es wäre das einzig Vernünftige, ihn für weitere Untersuchungen hier zu lassen. Hier ist immer jemand zu Stelle, sollte er etwas brauchen..."

"Aber er ist der König unter dem Berg! Und dort gehört er auch hin, in den Erebor, nicht in irgendwelche provisorischen Elbenzelte - nichts für ungut." protestierte einer der Zwerge und bekam lauthals Zustimmung der anderen. 

"Wär... wäre es vie-vielleicht möglich, leiser zu sprechen? Wir haben auch noch andere Verwundete hier, die dringend Ruhe brauchen..." bat der Elb flüsternd, allerdings so leise, dass es niemand hörte. 

"Still! Seid leise!" sprudelte es plötzlich aus Bilbo heraus, die laut diskutierende Menge verstummte und sah den Halbling fragend an. 

"Danke..." Bilbo atmete aus. "Jetzt denkt doch einmal nach! Wäre nicht doch das Beste für Thorin, wenn er fürs Erste hier bleibt?" Die Zwerge sahen ihn protestierend an und waren im Begriff, ihm zu widersprechen, doch Bilbo brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Dann sprach er weiter.

"Wie stellt ihr euch das vor? Balin, du hast mir selbst gesagt, dass die Elben über besondere Heilkräfte verfügen. Wir konnten Thorin nicht retten - sie schon. Wer wäre also besser geeignet, auf die Gesundheit des Königs zu achten, als die Elben? Früher oder später wird Thorin seinen Platz auf dem Thron im Erebor einnehmen, aber das kann er nicht, wenn er verwundet ist. Meint ihr, Thorin würde das wollen? Wir handeln am meisten in seinem Sinne, wenn wir ihm eine schnelle Genesung ermöglichen - das geht nun mal am Besten hier."

More than gold | BagginshieldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt