Kalt und matt funkelnd erhellten die Silberadern im groben Fels den Weg, der lange Zeit für verschollen galt. Für verloren. Für vergessen.
Ein seltsames Glühen lag auf dem Relief der Wände, die sich einengend und doch hoch und bedrohlich zu dem Tunnel vereinten, den sie durchschritten. Ihre Augen huschten ohne ein Wort unruhig von einem Fleck zum nächsten, blieben mal an einer Stelle hängen, die verdächtig dunkler wirkte als der Rest des Gesteins, nur um kurz darauf zu bemerken, dass es nicht der Schatten einer Kreatur, sondern nur eine Nische im Fels war. Und das Glühen blieb. Als hätte jemand Leben in den toten Stein gehaucht und einen funkelnden Schleier darübergehangen. Erst hatten sie angenommen, kleine Spinnen hätten ihre dünnen Netze darübergesponnen, die nun durch die Feuchte von glänzenden Tropfen besetzt waren, doch als sie diesen seltsamen Schimmer genauer in Augenschein genommen hatten, waren sie überrascht, dass das Glühen vom Fels selbst ausging.
Kili hatte gemeint, es wäre wie ein Hoffnungsschimmer, denn ihre Fackeln würden nicht mehr lange halten - zu dünn war die Luft in diesen Tiefen - und sollten ihre Lichter erlöschen, so würde sie wenigstens das sanfte bläuliche Glimmen der Felswände begleiten und sie müssten nicht blind durch die Dunkelheit irren.
Thorin hatte eine Weile darauf nichts zu sagen gewusst, doch als sie nach vielen Biegungen und seltsamen Verzweigungen des Weges noch immer nicht an ihrem Ziel angelangt waren und das bläuliche Funkeln langsam bedrückend wirkte, hatte er gemurmelt, es wären vielmehr Lichter der Warnung. Als würden sie sagen wollen: Geht zurück, dorthin, wo die Lichter heller scheinen, und ihre Quellen warm sind. Hier unten wirkte alles unnatürlich, wie von einem Schleier belegt, kalt, nass und unbehaglich.
Fili und Bilbo hatten nichts gesagt und ihre Gründe waren unterschiedlicher Natur.
Letzterer ging nun, nach etwa einer halben Stunde Fußweg im Schein der Silberquellen, neben Thorin, hörte den schnellen Atem durch die dünne und klamme Luft und wünschte sich mit ihm weit weg, ans Helle, irgendwohin, wo man sich wieder lebendig fühlte. Denn hier unten war man nur ein Schatten. Ein Schatten unter vielen.
Das lange schwarze Haar unter der Krone wippte bei jedem Schritt auf und ab. Die Schritte wurden je länger sie gingen größer, schneller, hastiger. Bilbo ahnte warum, doch wagte schließlich, die Stille zu brechen.
"Würde es dir etwas ausmachen, ein wenig langsamer zu gehen?"
Thorin zuckte kurz zusammen und auch Bilbo hätte es ihm fast gleichgetan, denn es war schon geradezu seltsam, nach all den Minuten des Schweigens, die sich wie Stunden angefühlt hatten, eine Stimme zu hören, selbst wenn es die eigene ist. Der Zwergenkönig nickte nur kurz und verlangsamte seine Schritte um etwas mehr, als Bilbo als notwendig erachtet hätte - ein Umstand, der seine Dankbarkeit jedoch um kein bisschen schmälerte. Als der Hobbit schon glaubte, die Kopfbewegung sei die einzige Antwort, die er erhalten würde, blieb Thorin jedoch plötzlich stehen und warf einen Blick über die Schulter zu seinen Neffen.
Der jüngere hielt den gespannten Bogen in seinen vor Nervosität zitternden Händen, bereit, ihn einzusetzen, sollten sie auf etwas Unerfreuliches stoßen. Nun ja - unerfreulich ist wohl ein zu schwacher Ausdruck. Auch sie blieben stehen, schnauften kurz und sahen ihren Onkel fragend an. Es war seltsam, dass Stimmen und Worte geradezu rar geworden waren, als würden sie alle befürchten, sie könnten die Fähigkeit des Sprechens aufbrauchen. Das lag an diesem Ort... Ein Ort, bei dem ein jeder das Gefühl verspürte, von ungebetenen Augen beobachtet zu werden. Es war, als zehrten die glimmenden Felswände von ihrer Kraft und ihrer Ausdauer, denn selbst Fili und Kili wirkten blass und schienen so müde, dass sich unter ihren Augen dunkle Ringe gebildet hatten. Ja, es war, als würde der Fels ihre Energie aufsaugen und damit dieses seltsame Funkeln nähren, das immer stärker zu werden schien, je weiter sie gingen. Doch nun standen sie und selbst dies war ausgesprochen kraftraubend.
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More than gold | Bagginshield
FanficDie Geschichte eines Hobbits und eines Zwergen - zwei Geschöpfe, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch Gegensätze ziehen sich bekanntlich an... Die Schlacht ist gewonnen, die Feinde besiegt, die Schulden beglichen. Bilbo weiß, was das b...