S I E B Z E H N

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Ein laut und dröhnendes Glockenleuten weckte mich auf. Ich lag immer noch zwischen den unzähligen Regalen im Archiv sodass ich auf den Entschluss kam, dass das alles gestern real war. Ich wusste nicht ob es mehr Angst oder Freude war, dich ich hier verspüre. Immerhin könnte das ein Risiko sein, endgültig vom König exekutiert zu werden. Ich stand auf strich mir die Staubflusen von der Jacke ab und richtete mir die Perücke zurecht. Da es im Archiv kein Tageslicht gab konnte ich durch das Glockenleuten nur raten, dass es bereits morgens war. Ich tippte auf meinen Ring und fragte: Wie spät ist es? Eine mehr als verschlafene Stimme antwortete mir etwas später: Ich schätze gegen sieben Uhr. Guten Morgen erst mal! Entschlossen tippte ich erneut auf den Ring um die Verbindung wieder zu beenden. Ich lauschte bei der Türe in den Flur und als ich für einen Moment keine Schritte mehr hörte, machte ich sie zögerlich auf. Vor mir befand sich eine große Uhr und Vincent hatte recht mit seine Tendenz. Es war tatsächlich sieben Uhr. Die perfekte Zeit um meinen neuen Dienst anzutreten.

Mit großen Schritten schritt ich in die Richtung des Sekretariats. Plötzlich blieb ich abrupt stehen, hielt mir die Hand vor den Mund und hauchte aus. Mundgeruch. Ich kehrte wieder um und suchte eine Damentoilette auf. Am Ende eines langen Flurs befanden sich die Toiletten, ich öffnete die Türe und mir kam als aller erstes ein rosiger Parfümduft entgegen. Ich dagegen roch nach Abstellkammer. Das Parfüm, dessen Dame die am Wc war es gehörte, stand bei den Waschbecken. Ohne lange zu zögern griff ich danach und sprühte mich mit dem Mädchenhaften Duft ein. Um ehrlich zu sein bekam ich von diesem penetranten Geruch eines Parfüms immer Kopfschmerzen. Doch was tut man denn nicht alles um nicht nach Abstellkammer und frisch entwischter Oakville-Insasse zu riechen.
Ich wusch mir die Hände, das Gesicht und spülte mir den Mund einfach mit Wasser aus. Nun sah und roch genau so wie eine Bürodame. Außerdem überdeckte das stark riechende Parfüm meinen wahren Werwolfgeruch, nur um Nummer sicher zu gehen.

Ich marschierte wieder zurück, woher ich her kam und musste erneut feststellen, dass ich bis jetzt nur diesen winzigen Teil des Schlosses kannte und der Rest doch unglaublich groß sein musste. Die Vorstellung alleine überforderte mich bereits. Erneut musste ich über mich selbst schmunzeln. Plötzlich aktivierte sich mein Ring: Alles im grünen Bereich? Ich blickte erneut zur Uhr, die auf 7:15 stand. Ja soweit alles gut, ich gehe jetzt in das Sekretariat. Drück mir die Daumen! Dann tippte ich auf den Saphir auf meinem Ring um die Verbindung zu stoppen. Mein Herz raste vor Aufregung und ich wische als ich vor der Türe stand noch kurz den Schweiß von meinen Händen. Ich strich mir das Haar der Perücke aus dem Gesicht und atmete ruhig aus.

Als ich die Türe öffnete sah ich zuerst nur eine Frau am Schreibtisch sitzen. Das musste wohl Ester Longbottom sein. Sie sah etwas korpulenter aus, hatte ihre Haare zu einem züchtigen Dutt gedreht und auf ihrer untersten Nasenspitze lag eine runde Brille mit winzigen Gläsern. Sie spitzte ihre vollen Lippen und zog ihre linke Augenbraue hoch, als sie mich im Türrahmen stehen sah. Sie zog sich ihre Brille von der Nase um mich besser zu sehen. Ich dachte schon fast dass sie mich erkannte, bis sie die erlösende Worte sprach: "Grüßgott, junge Dame! Was führt die in mein Büro?" Sanft lächelte ich und antwortete: "Es geht um einen Postenwechsel, von dem Außen- in den Innendienst." Miss Longbottom setzte sich ihr Brille wieder zurück auf die Nase und antwortete mit einem schnellem fuchteln: "Setzten Sie sich doch derweil auf den Stuhl. Meine Kollegin ist für das Personal beauftragt." Ich tat genau das was sie sagte und ließ mich auf den Stuhl, neben dem Schreibtisch ihrer Kollegin, nieder.

Ich wartete nun schon seit einer halben Stunde und seither läutete Miss Longbottoms Telefon jede Minute. Sodass ich schon etwas nervös wurde warum dass denn so lange dauerte. Als Sie das Telefon wieder zurück steckte seufzte sie: "Puh, heute ist echt was los. Der Außendienst im Oakville meldete heute schon zehn Verbrechen auf der Zentrale. Ich muss mir unbedingt die Personalien notieren." Als die Worte: Oakville und Verbrechen vielen wurde ich sofort aufmerksam. "Was ist denn momentan los in der Unterwelt? Es scheint Tumult zu geben.", hackte ich genauer nach. "Eigentlich darf ich Ihnen das gar nicht erzählen, ich kann nur sagen dass Tumult fast untertrieben für den Zustand im Oakville ist."

Unauffällig tippte ich auf meinen Smaragdring und fragte sofort Vincent was geschehen ist: Was ist im Oakville los? Ich habe gehört, dass es viele Verbrechen gab und gibt heute. Als er meine Nachricht hörte, schienen seine Gedanken ziemlich aufgewühlt und nervös: Ja! Das kann man wohl sagen! Gerade eben wurde ich in deinem Wohnwagen überfallen und ich musste die Flucht ergreifen! Ich glaube ich habe jetzt keine Bleibe mehr. Ich versuchte meinen Schock im Gesicht so gut es ging vor Miss Longbottom zu verstecken. Was aber wiederum nicht einfach war, im Angesicht der Umstände. Was ist mit Greezly's Haus?, schlug ich ihm vor. Da war ich gerade eben, sein Haus wurde ebenfalls überfallen und beschlagnahmt.

Leise seufzte ich vor mich hin und rieb mir die Stirn. Wie sahen die Täter aus? , fragte ich. Es waren maskierte Wölfe, und stammten bestimmt nicht vom Oakville. Sie trugen moderne Ausrüstungen und Kleidung. Womöglich suchten sie nach etwas bestimmten., antwortete Vincent mir mit seinen Gedanken. Sobald ich etwas erfahre, sage ich dir bescheid! , antwortete ich und tippte erneut auf den Ring.

Doch ehe ich mir dieses ganze Szenario durchdenken konnte, kam auch schon die Vermeintliche Miss Thomson bei der Türe herein marschiert. Geradewegs ging sie zu ihrem Platz und zog eine starke Parfümwolke hinter sich her. Ihre Haare waren lang und blond. Auf ihrer Nase saß ebenfalls eine Brille mit besonders großen und leicht getönten Gläsern. Erstaunlicherweise konnte ich ihren wahren Werwolfsgeruch etwas durch das Parfüm hindurch wittern. Und irgendetwas kam mir verdammt bekannt an dem Geruch vor. Etwas nahestehendes. Als ich hinauf in ihr Gesicht blickte, starrte sie mich mit einem musternden Blick an. Der mir irgendwie so vertraut war. Ich starrte sie genau so an. Bis sie plötzlich hörbar aufatmete, wurde mir alles klar. Ihre Wolfsaugen loderten feuerorange auf und ich musste mein Wölfisches-Ich krampfhaft verdrücken. Sie war meine Beta. Sie IST meine Beta. "Frieda...", murmelte ich leise.

YUNA - the hidden omegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt