N E U N U N D Z W A N Z I G

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Allmählich brach der Morgen an und wir machten die ganze Nacht kein Auge zu, da wir ständig den Standort wechseln mussten. Die Fahndung nach mir lief immer noch und die Wachen waren nicht gerade unmotiviert. Womöglich erhielten sie eine Provision oder so etwas. Außerdem tummelten sich die Vampire im Oakville herum. Diese Wesen brauchten keinen Schlaf weshalb sie Tag und Nacht blutsaugten und Schindluder treiben konnten. Sie hatten definitiv viele Vorteile gegenüber uns Werwölfe, dennoch hatten die Wölfe einen mächtigen Joker auf der Seite. Den Mond, der uns mit der Natur verbindet. Die Vampire hingegen sind keine natürlichen Geschöpfe. Erschaffen eines Hexenmeisters der seine eigene Armee aufbauen wollte, doch völlig umsonst. Da seine persönlichen Blutsauger außer Kontrolle gerieten und einen eigenen Willen besaßen. Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch zu spät, da er das Massenzeugen von Vampiren schon Ausmaße genommen hatte, die sich keine Wolfsseele vorstellen hätte können.

Damon war die ganze Nacht extrem wachsam und ließ sich keine Müdigkeit anmerken. Ich hingegen musste mit mir selbst kämpfen, die Augen offen zu halten. Damon rieb sich die Augen und schüttelte seinen Kopf wach um seine Gedanken zu klären. "Ich habe dein Skizzenbuch gefunden.", floss wie ein Fluss aus mir heraus. "Du hast mich gezeichnet.", merkte ich zusätzlich an und wurde etwas rot vor Scham. Damon gab mir darauf keine konkrete Antwort sondern stellte nur eine Gegenfrage: "Wo hast du es gefunden?" "Bei Greeze. Ich mag deine Kunst übrigens sehr. Du zeichnest so analytisch und fotographisch."

Ich bemerkte, dass Damon nicht besonders überzeugt von seiner eigenen Kunst war. Er war mehr beschämt über ein Kompliment wie dieses. Und wenn er könnte, würde er diese anerkennende Äußerung sofort und auf der Stelle abstreiten.

"Du kannst es gerne behalten, wenn du willst.", meinte er mit einem etwas abtrünnigen Tonfall. "Wieso? Es ist doch deines!", murmelte ich empört. "Mein Vater nannte es Schmähschrift. Dabei war es doch nicht einmal Schrift. Ich solle etwas sinnvolles tun, wie ein königlicher Sport oder zumindest das Übernatürliche studieren. Nicht lesen oder malen, so etwas sei nur Papierverschwendung. Ich beschäftige mich mit den wahren Geschichten des Übernatürlichen, wie es wirklich geschah. Nicht die beschönigten, wie das Königshaus es lehren möchte, Sagen und Mythen. Damit die jungen dem Mondkönig, den großen Retter und Ritter, Glauben schenken und ihm gehorchen wie die Schafe deren Hirten."

Ich hielt für eine Zeit lange inne. Aus mir würde kein passendes Wort mehr entkommen, dass diese Situation verbessern würde. Es war einfach nur schade, es hatte solch ein Talent.

"Ich muss zurück ins Schloss, die Suche nach Vincent scheiterte sowieso.", sagte ich nach einer Weile zu Damon, der wie starr in den Himmel blickte. "Vielleicht ist auch dieser Vincent nicht der, für den du ihn hieltet.", brachte mich er auf eine Idee. "Das wäre nicht einmal unwahrscheinlich, trotzdem muss ich herausfinden was dahinter steckt. Es sollte endlich mal jemand Klarheit schaffen, in dieser verlogenen Welt.", appellierte ich mir selbst. Mein wiedergefundener Freund nickte nur und betrachtete den Kommunikationsring an seinem Finger.

"Ich danke dir für alles, mächtigste Frau." Mächtigste Frau deswegen, da ich in den Medien als die mächtigste Frau betitelt wurde. "Ich bin schon lange nicht mehr mächtig, Damon.", lachte ich etwas verhalten. "Dein blaues Herz und deine eisblauen Augen, können dir die Macht des ehemaligen Alphas nicht nehmen. Du wurdest nicht auf natürlichem Wege zum Omega."

Seine Worte berührten mich zutiefst und für einen Moment wollte ich ihn umarmen. Doch ich tat es nicht, stattdessen schenkte ich ihm nur ein schüchternes lächeln. Anschließend erhob ich mich vom Boden und schaute mich um. "Weißt du wie man zu diesem Baum kommt, an dem man ausgespuckt wird?", fragte ich.

Nickend stand er auf, als wäre es für ihn selbstverständlich diesen Ort zu kennen. Natürlich er war ja auch ein Königssohn.

Irgendwie konnte ich bis zu diesem Zeitpunkt nie wirklich realisieren welch ein Glück ich hatte. Als wir zurück marschierten und meine Gedanken überhand nahmen, wurde mir das alles erst richtig bewusst. Ich glaubte, dass ich Damon umgebracht hätte und ein kaltblütiger Mörder wäre. Doch mir viel gar nicht auf wie erleichtert ich darüber war ihn lebendig zu sehen. Der Fakt, dass er lebt und alles eine Illusion war, war entlastend. Die Person Damon Black war ein Wunder für mich.

Als er so neben mir ging, typisch wie immer, mit seinem langen Umhang und seiner dunklen Kleidung, betrachtete ich ihn genauer. Seine Haare waren sehr zerzaust, was eigentlich sehr untypisch für ihn war. Doch ich fand es nicht schlimm, im Gegenteil.

"Was starrst du mich denn so an, Yuna Magdalena?", meinte er mit einem leichten schmunzeln auf den Lippen, wendete aber seinen Blick nach vorne nicht ab. Ich erschrak etwas und versuchte mich wieder zu sammeln. Doch im Auge der Geschehnisse, war dies unmöglich. 

"Ich bin einfach nur froh, dass ich dich nicht tatsächlich ums Eck gebracht habe.", protokollierte ich ehrlich. "Also nicht so wie meinen älteren Bruder.", stammelte er um bereute es womöglich sofort wieder. Ich schluckte und brachte nun keinen Satz mehr heraus. "Tun mir leid.", fügte er auf die Schnelle hinzu.

Stille trat allmählich zwischen uns ein und versetzte mich in Unmut. "Hey, ich, ich wollte dass nicht... Yu..", murmelte er in nicht vollständigen Satzgefügen. Ich unterbrach ihn als er meinen Namen aussprechen wollte: "Nein, du hast jeden Grund mich dafür zu hassen. Wenn ich du wäre würde ich mich selbst auch dafür hassen."

Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir an dem besagten Baum an. Die Stille war unerträglich. Ich kniete mich auf den Boden und hob meine Kleidung auf. Damon musterte mich mit einem Sonderbaren blick und sagte: " Ich hasse dich nicht." Ich zog meine Augenbrauen nach oben und hielt kurz inne: "Was dann?"

YUNA - the hidden omegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt