V I E R U N D V I E R Z I G

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Ein höher gestellter Wache begrüßte mich ehrfürchtig und weißte mir an ihm folgen zu sollen. Ich hoffte inständig, dass mir der Schlossarzt mehr sagen konnte. Außerdem war ich neugierig wer der ach so geheime Arzt sein sollte. Dennoch wunderte es mich, dass mein Vater mich nur dich diese eine Drohung sofort Zugang gewährte. Normalerweise halfen Drohungen oder Bestechung bei ihm nichts. Entweder hatte er ein schlechtes Gewissen, was sehr unwahrscheinlich war, oder da steckte noch viel mehr dahinter. Trotzdem war ich mir sicher, das Adrian und Charles es früher oder später trotzdem herausfinden würden. Charles, mein jüngster Bruder, distanzierte sich schon lange von diesem Etablissement. Nicht einmal ich wusste wo er steckte und naja Adrian war immer schon irgendwie ein Hippie. Das einzige Vatersöhnchen war Endris und der weilte nicht mehr unter uns, dank Yuna. Der Dank war tatsächlich ernst gemeint, da Endris genau so ein schlimmer Patriot war wie mein Vater. Wenn nicht sogar schlimmer.

Der Wache führte mich durch ewig lange Gänge, die ich bereits kannte, durch und blieb plötzlich stehen. Er holte eine Kette unter seiner Rüstung hervor und hielt den Stein, der aus dem selben Material war wie die Steinverkleidung, an der Wand. Es öffnete sich ein schmaler Spalt, wo wir hindurch kriechten und der sich hinter uns sofort wieder schloss. Der Wache vor mir machte mit einer raschen Handbewegung das Licht an. Wir standen in einem weitern Flur der nun, dank dem Wachen, gut ausgeleuchtet, fast klinisch aussah. Der Boden und die Wände waren mit weißen, sterilen Fliesen ausgekleidet. Auf mich wirkte es irgendwie enterisch. Nach dem dreissig Meter langen Gang kamen wir zu einer Stiege und ginge diese hinab, dann kamen wir an einer ebenso weißen Türe an. Der Wache öffnete sie für mich und ließ mich als erstes hinein treten. Der Raum war wie der Flur, vom Boden bis zur Decke weiß verfließt. In der Mitte stand ein Operationstisch. Wenige Augenblicke später trat auch der besagte Arzt, der Yuna veromegat haben musste, ein. Ich musterte den Mann skeptisch, da ich ihn mir definitiv anders vorgestellt habe. Sein weißer Kittel hatte einige Blutflecken und die Handschuhe die er eben auszog waren auch mit Blut verschmiert. Womöglich hatte er eine Operation in einer anderen Ordination hinter sich.

Er sah so um die Mitte dreißig aus und hatte kurze, schwarze Stopeln am Kopf. Sein Gesicht war gründlich geformt und er hatte von Natur aus sehr rote Backen. Er setzte sich auf einen Stuhl und deutete auf einen anderen Stuhl der gegenüber von ihm stand. Ich setzte mich und sah ihn immer noch skeptisch an.

"Der Mondkönig hat mir deinen Besuch bereits verkündet!", sagte er und lächelte dabei schelmisch. "Sind Sie der Magier der die Wölfe veromegat?", fragte ich direkt. Sein Gesicht versteinerte kurzzeitig und erweichte sich als er den Mund öffnete: "Ich würde es zwar nicht so nennen. Aber ja, höchstpersönlich!"

Mein Atem stockte obwohl ich wusste, dass er es sein musste. Alleine der Gedanke daran, wie er Skalpell und Magie in ihr Herz verfrachtete und es kalt machte. Ich schüttelte meine Gedanken wieder ab und hackte nach: "Wie lange machen Sie das schon?" Er grinste und musterte mich konzentriert: "Fragen Sie mich doch das was sie wirklich wissen wollen?!" "Können Sie denn hellsehen?", verzog ich das Gesicht und versuchte plötzlich zwanghaft an nichts zu denken. Doch nichts zu denken, war unmöglich. Auf meine Frage zuckte der Amtsmagier nur mit den Schultern. Abwesend starrte er auf meinen Kommunikationsring am Finger. Ich vergrub meine Hände darauf in meine Hosentaschen.

"Also nur hypothetisch: Kann man eine Veromegarung wieder rückgängig machen?", fragte ich um ihn von meinem Ring abzulenken. Der seltsame Typ schüttelte mit dem Kopf und lachte dabei gruselig. "Darf ich raten? Deine große Liebe wurde von mir Veromegat und hat nun Probleme damit, weil sie nicht mehr in der Gefängniswelt ist?", sprach der vermeintliche Hellseher aus meiner Seele. Mein Mund blieb offen stehen und ehe ich fragen konnte, kam er mir mit der passenden Antwort zuvor: "Es ist kein Geheimnis, dass Yuna Magdalena Morgan, diese widerspenstige Wölfin, ausbrach und sie die erste ist die es hinaus schaffte."

"Können Sie mir sagen, was passiert mit ihr?", fragte ich ihn leicht genervt. "Sie wird sterben.", sagte er monoton und mit einem gleichgültigen Schulterzucken. "Aber es muss doch etwas geben was...", forderte ich eine Antwort heraus. "Nein, da es das bis jetzt noch nie gab. Biologisch kann ich nur sagen, dass ihre Natur die Magie in ihrem Herzen bekämpft und sie dies nicht überleben wird. Egal wie stark sie sein mag."

Ich schluckte: "Werden Sie meinen Vater davon erzählen?" "Wahrscheinlich muss ich das, ja.", sagte er knapp. Ich nickte und stand auf. "Was ist das für ein sonderbarer Ring an Ihrem Finger. Ich spüre viel Magie.", fragte der Amtsmagier und zeigte auf meine Hand. "Das wissen Sie doch schon längst, oder?", sagte ich während ich die Treppe hoch stieg und dann im Türrahmen stand. "Ich kann operieren aber nicht hellsehen!", antwortete er als ich die Türe hinter mir schloss.

Ernüchtert ging ich aus dem Schloss hinaus und bereitete mich schon einmal auf das Schlimmste vor. Meinen Erzeuger musste ich vorerst aus dem Weg gehen.

Sobald ich beide Beide aus dem Mondschloss setzte griff ich zu meinem Kommunikationsring und sagte ungern zu Yuna: Bei dem Amtsarzt meines 'Vaters' war ich umsonst. Der konnte mir auch nicht mehr sagen. Es tut mir leid! Yuna meinte darauf mit leiser Stimme: Ist schon okay, du hast alles gegeben! Ihre Stimme war kaum mehr zu hören und ich wusste nicht warum. Ich ermutigte sie: Es ist noch nicht vorbei!

Zuversichtlich und zugleich traurig blickte ich auf den wunderschönen Ring an meinen Fingern und marschierte abschließend entschlossen zu dem nächsten Portal. Es gab immer eine Lösung. Es musste doch ein Schlupfloch in dieser Geschichte geben, genau wie in der Gefängniswelt. Oder vielleicht wollte mir der Amtsarzt nicht die Wahrheit sagen. Aber in diesem Moment war das Wort Gefängniswelt mein Stichwort.

YUNA - the hidden omegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt