S I E B E N U N D F Ü N F Z I G

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Faye's (P.o.v):

Als ich das letzte mal den selbstgebauten Türspion checkte, verriegelte ich die Tür mit einem Balken von Innen. Vor Wochen habe ich mit einem Bohrer einfach ein Loch in die Holztüre gebohrt. Als ich erfuhr, dass Endris Black noch am Leben ist, habe ich sofort alle Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen. Ich wohne nun im Nirgendwo in einer Ehemaligen Rudelhütte von uns. Ich witterte kein Rudel, weshalb ich davon ausging, dass dieses Gebiet nicht markiert wurde. Was mir in dieser Situation sehr zu Gute kam.

Ich rieb mir die Hände und hielt sie zu dem offenen Kamin. Ich fror, da ich zuvor Feuerholz sammelte und die Temperaturen immer weiter sanken zu der Zeit. Ich beobachtete das knisternde Feuer und musste an meine kleine Tochter denken, die ich unheimlich vermisste. Ich brachte zu meiner Mutter, da sie dort am sichersten sein würde. Sie war Mensch und deshalb auch nicht auffallend in der Werwolf-Community. Meinen Vater, der ein Werwolf sein musste, habe ich nie kennengelernt. Meine Mutter wollte das nicht.

Nun stand ich in der gleichen Situation. Ich würde meiner Tochter auch nicht erzählen wollen, wer ihr Vater ist. Endris würde wirklich seine eigene Tochter kaltblütig töten. Ich fragte mich immer wir man nur zu solch einem Menschen werden kann. Sein Vater ist zwar ebenfalls korrupt und kaltblütig, aber was ich so gehört habe, sind nicht alle Black-Söhne so wie Endris. Es gibt immer einen Weg. Ich legte noch zwei Holzscheiter in die Glut und machte mich Bettfertig. Das Strohbett war zwar nicht sonderlich bequem, aber besser als nichts. Ich legte mir die Decke zurecht und setzt mich an die Kante. Es knisterte und raschelte von dem Stroh und ich spürte auch einzelne Halme die empor stachen. Ich verzog das Gesicht leicht und legte die Beine hoch. Die Kerze blies ich noch aus und schaute dem Kamin noch eine Weile zu.

Als mir die Augen schon langsam zu vielen, hörte ich von draußen seltsame Geräusche. Der erste Gedanke der mir in den Kopf schoss waren die Füchse, die am Vortag schon ihr Unwesen trieben. Doch dieses mal war es anders, als die Tage zuvor. Zur Sicherheit checkte ich den selbstgebastelten Türspion und ließ meine Wolfsaugen aufglühen, um besser zu sehen. Am ersten Blick konnte ich nichts Ungewöhnliches erkennen und wollte mich bereits umdrehen um wieder ins Bett zu gehen. Als ich aber plötzlich die Präsenz eines Werwolfes witterte, wurde mir anders. Jemand umkreiste in Wolfsgestalt die Holzhütte. Es vergangen nur Millisekunden, bis ich erkannte wessen markanter Geruch dies war. Er ließ mich erschauern.

Ich zögerte keine Sekunde, mich in einen Wolf zu verwandeln um Endris einen fairen Kampf zu liefern. Ich riss mir die Kleidung vom Leib und verwandelte mich im Sprung durch die Türe. Genauer gesagt exakt durch das Holz. Ich drehte mich um und sah ein großes Loch in der Tür und konzentrierte mich auf die Duftmarke von Endris. Ich knurrte laut um ihm zu signalisieren, dass ich breit bin. Bereit bin ihn zu töten. Mit eigenen Pfoten werde ich ihn in Stücke reißen. Jemand wird heute drauf gehen und das werde nicht ich sein, da ich meiner Tochter eine lebendige Mutter sein möchte.

Ich hörte etwas hinter mir und sah Endris, auf allen Vieren, auf dem Dach stehen. Er sprang über mich drüber hinunter und landete geschickt vor mir auf allen Pfoten. Die Zähne fletschende zeigte ich ihm meine Mordswut. Zunächst reagierte er nicht auf meine drohende Haltung und beobachtete mich nur. Da er nicht auf meine Drohung einging, ging ich in den direkten Angriff über. Ich rannte auf ihn zu und knurrte ihn lautstark an. Meine Pfoten landeten auf meinem Hals und drückten ihn zu Boden. Ich hinterließ große Kratzer auf seinem Hals. Er schüttelte wie wild und aggressiv seinen Kopf und ließ seine lila Augen aufleuchten. Seine Klauen landeten in meinem Nacken und hinterließen dort ebenfalls große Wunden in meinem grauen Fell.

Ich wartete keine Sekunde ab und versuchte ihn zu beißen. Er wehrte sich und wir landeten beide am Boden und rollten uns über den Boden. Endris erwischte die perfekte Sekunde und konnte seine Reißzähne in meinen Bauch schlagen. Ich jaulte lautstark auf und rollte mich zur Seite. Ich konnte das viele Blut über meinem einst grauen Fell sehen und merkte wie mich langsam das Bewusstsein verließ. Ich kehrte automatisch in meinen menschlichen Körper zurück und spürte plötzlich wie ich vom kalten Boden aufgehoben wurde. Kurze Zeit später spürte ich eine Wärme an meinem Rücken. Ich versuchte die Augen zu öffnen um etwas zu sehen. Ich konnte erkennen, dass ich wieder in der Hütte lag und Endris das Blut von meinem nackten Körper entfernte. Ich wollte mich wehren, das wollte ich wirklich. Aber ich konnte nicht, meine Kraft hat mich vollkommen verlassen da ich viel Blut verloren habe. Ich konnte nicht darüber nachdenken, ob es mir gefiel das ich nackt vor Endris am Boden lag. Mich wunderte es dennoch, warum er mich am Leben ließ, da er mich doch einmal töten wollte. Ich vernahm Stiche an meinem Bauch. Später legte er eine Decke über mich und ich spürte seinen Atem in meinem Gesicht. Wenn ich das gekonnt hätte, hätte ich ihn geschlagen, getreten und die Nase gerümpft.

Zum ersten mal seit langem fühlte ich mich wieder so hilflos und schwach. Ohne Rudel war ich so angreifbar wie eine Glasvase.

Dieser Atem war mir einmal sogar angenehm, was nun vollkommen unvorstellbar für mich war. Ich verspürte Grauen und Widerwillen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich diesen Mann einmal geliebt habe. Bis er mich benutzt und kontrolliert hat, dann war die Liebe plötzlich so schnell wieder weg, wie sie auch gekommen war.

YUNA - the hidden omegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt