5_Eleanor Joan Leighton

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Mit hämmerndem Herzen lehnte ich mich an die Tür. Das Blut rauschte mir in den Ohren, sodass ich kaum hören konnte was auf der anderen Seite vor sich ging, obwohl ich meinen Kopf gegen das solide Holz drückte. Mutter war definitiv in der Halle, so viel konnte ich mit Gewissheit sagen. Nur nicht, wo genau in der Halle sie sich aufhielt. Ganz langsam wandte ich mich um, vorsichtig, um nur ja kein verräterisches Geräusch zu machen - und stieß einen unterdrückten Laut irgendwo zwischen Schreck und Überraschung aus. Der Raum war nicht annähernd so leer, wie ich ihn vorzufinden gehofft hatte! Ich erstarrte vollkommen, den Blick ungläubig auf den Hund geheftet, der einen der beiden Diener so stürmisch begrüßte, dass er ihn beinahe umwarf. Es waren doch die gleichen zwei, denen ich vorhin erst mit Gracie begegnet war, nicht? Oh Himmel, das wurde ja immer besser. Jeden Moment rechnete ich damit, dass die Tür sich öffnen würde und Mutter hereinkam - sie wäre zweifellos begeistert mich in Gesellschaft zweier Angestellter sowie eines streunenden Hundes zu finden, der Gott weiß wo hergekommen war. Ich schloss für einen Moment die Augen um mich innerlich auf das unvermeidliche vorzubereiten. Ein paar Sekunden vergingen in vollkommener, gespannter Stille. Kurz kamen die Schritte der Tür gefährlich nahe, aber dann entfernten sie sich wieder und verklangen schließlich ganz.

Es konnten höchstens ein paar Sekunden vergangen sein, aber als ich es jetzt wagte aufzuatmen - nicht tief, dass verhinderte das eng geschnürte Korsett, aber ich atmete definitiv auf - fühlte es sich an, als hätte ich vor einer kleinen Ewigkeit zum letzten Mal Luft geholt. Langsam erlangte ich die Kontrolle über mich selbst zurück und nahm Haltung an. Ich war schließlich nach wie vor nicht allein in diesem Raum, den ich mittlerweile als unbenutzten Musiksalon erkannt hatte. Bevor ich jedoch eine Erklärung von den beiden Eindringlingen verlangen konnte, wurde ich bereits mit einer solchen geradezu überschüttet. Vorsichtig wagte ich einen weiteren tiefen Atemzug.

"Langsam.. Ich, uhm...", begann ich, aber der unsichere Klang meiner Stimme ließ mich innehalten. Noch ein Atemzug.

"Ich nehme die Entschuldigung an, ... Cyril." , erinnerte ich mich gerade noch rechtzeitig an den Namen des jungen Mannes, was mir die Peinlichkeit ersparte, ihn danach zu fragen. "Es wird wohl kaum nötig sein dir deinen Lohn zu verwehren. Was den Hund angeht, so kann ich natürlich dafür sorgen, dass er nicht verprügelt wird, aber dennoch muss ich darauf bestehen, dass.. " er vom Gelände verschwindet. So jedenfalls hätte ich den Satz beenden sollen und müssen, den Regeln entsprechend und ohne zu Zögern. "...dass eine solche Anfrage seiner Lordschaft oder meinem Bruder entgegen gebracht wird.", beendete ich ihn stattdessen schwach, fragte mich jedoch gleichzeitig, was das ändern sollte. Abgesehen davon, dass es dann nicht mehr meine Schuld sein würde, wenn der Hund fortgeschickt wurde. Vater mochte ja für mich eine Ausnahme gemacht haben als es um Chocolate ging, aber ob er für einen einfachen Bediensteten das Gleiche tun würde? Wohl kaum. Und Clemence mit seiner stets so korrekten und peniblen Art würde ganz sicher keinesfalls von seinen Prinzipien abweichen. Nicht, dass mich das stören sollte, es gab schließlich nicht ohne Grund Regeln und an diese hatte ich mich ebenso wie alle anderen zu halten - aber ich konnte diesem flehenden Blick nicht standhalten ohne mich unendlich grausam zu fühlen, so sehr ich es auch versuchte. Nicht in dem Wissen was geschehen würde.

"A-Allerdings bin ich mir sicher, dass weder Lord Clemence noch Vater eine Unterbrechung ihrer Arbeit im Moment schätzen würden. Ich werde sie zu einem geeigneten Zeitpunkt über das Problem informieren." Oder auch nicht, aber ich war eine hinreichend talentierte Lügnerin um die meisten Menschen zu täuschen. "Bis dahin kannst du den Hund... nein. Bis dahin kannst du Admiral hierbehalten, solange er keinen Ärger verursacht. Für seine Versorgung bist du natürlich selbst verantwortlich."

Ich ließ einen kritischen Blick über sie beide wandern, Cyril und den Hund. Nicht abgemagert, aber auch nicht gerade gut genährt. Ich dachte an Gracie, die ja irgendwie Schuld an der Sache hier war, und unseren eigentlichen Plan.

"Die Köche werden notfalls wohl auch noch ein paar Reste für Admiral übrighaben." , merkte ich unwillkürlich lächelnd noch an, brachte mein Gesicht jedoch sofort wieder unter Kontrolle.
"Sind damit alle Fragen geklärt?"

DollhouseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt