Dollhouse

25_Cyril Llyod

Admiral folgte Lady Eleanor zurück zu mir, wobei er immer wieder einen Blick zu ihr hochwarf und sie mit großen Augen bettelnd anblickte. Ich wusste, was sein Verhalten zu bedeuten hatte. Er erhoffte sich irgendwelche Leckerbissen oder zumindest eine Streicheleinlage, aber die junge Frau wirkte abgelenkt und ignorierte den Hund. Admiral gab schließlich auf und kehrte an meine Seite zurück, wo er sich vor dem Sofa hinlegte und abwechselnd Eleanor und mich aufmerksam beobachtete.

Lady Eleanors Verhalten war fast schon amüsant. Sie wirkte so nervös und unsicher, dabei war sie bisher doch immer das ziemliche Gegenteil dessen gewesen. Natürlich, ich spielte gerade ein bisschen mit ihr, zog sie auf und neckte sie, aber die Reaktion die ich darauf erwartet hatte, wäre ein bisschen anders ausgefallen. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mich entweder an meinen Status erinnern und zurechtweisen oder aus Spaß darauf eingehen würde, denn für mich hatte sie die ganze Zeit nicht wie jemand gewirkt, der schüchtern, unsicher und zurückhaltend war. Ich hatte sie für das genaue Gegenteil gehalten- ob ich sie wohl falsch eingeschätzt hatte?

Wofür würdest du mich denn verurteilen, wenn du könntest? Unzüchtiges Verhalten vielleicht? Schwerer Verstoß gegen die Etikette?

Wovon sprach Eleanor? Verwirrt und irritiert blickte ich sie an. Hätte sie den Satz anders formuliert, hätte er vielleicht noch Sinn ergeben. Wenn sie mich dessen beschuldigt hätte. Ich wusste, dass ich mit meiner Flirterei etwas zu weit gegangen war. In einem solchen Ton hatte ich nicht mir ihr zu sprechen und doch hatte ich es nicht sein lassen können. Aber sie hatte davon gesprochen, wovon ich sie verurteilen würde. Gab es so etwas wie unzüchtiges Verhalten für ihre Kreise überhaupt? Sie konnte sich nehmen was sie wollte und tun und lassen was sie wollte. Natürlich gab es Verhaltens- und Benimmregeln für die oberen Schichten, doch jeder würde hinwegsehen, wenn sie sich unauffällig anstellte und es das niedere Volk nicht mitbekam. Schwerer Verstoß gegen die Etikette? Was hatte sie getan? Und warum tat sie so als müsste ich wissen wovon sie sprach? War etwas passiert, an das ich mich nicht erinnerte? Oder dachte sie, dass ich sie bei etwas oder jemandem gesehen hatte obwohl das nicht der Fall war? Vielleicht hatte sie ja mit einem der Angestellten intimeren Kontakt und befürchtete aus irgendeinem Grund, dass ich sie dabei gesehen hatte.

Dass Eleanor es absolut ernst meinte, hätte ich spätestens jetzt gewusst, als sie mich mit einem eiskalten Blick bedachte und ihren Blick auch nicht mehr abwandte. Was war losgewesen? Irgendetwas in meinem Inneren meldete sich zu Wort und beunruhigte mich, aber ich konnte das unbestimmte Gefühl nicht erklären oder ausmachen. Was war passiert? Gefährdete ich gerade alles? Das durfte nicht passieren. Vermutlich hätte ich es mir schon viel früher denken müssen, dass es keine gute Idee war mit ihr zu flirten- ich hätte mich von Anfang an nur auf meinen Auftrag konzentrieren sollen. Normalerweise interessierte ich mich auch weniger für Mädchen. Natürlich, es hatte immer welche gegeben, die ich hübsch fand, aber sie waren meistens zu oberflächlich und außerdem musste ich wegen meiner Vergangenheit und Gegenwart angemessenen Abstand halten. Hier, wo ich vielmehr eine Rolle spielte, fiel es mir leichter, denn keiner kannte mich, aber auf den Straßen war es zu riskant jemanden an mich zu lassen. Und das war auch gut so gewesen, denn so hatte ich mein Ziel niemals aus den Augen verloren, genau das, was gerade geschah. ich verlor mein Ziel aus den Augen, verlor meinen Fokus, wurde unaufmerksam. Ich musste so bald wie möglich einen Schlussstrich ziehen und doch fiel mir alleine schon der Gedanke schwer. Eleanor war einfach zu interessant, zu reizvoll und zu hübsch um sie einfach so schnell wieder zu vergessen.

Du magst vielleicht ein wenig aufmerksamer sein als die meisten, aber das gibt dir noch lange nicht das Recht, so mit mir zu spielen.

Mit ihr zu spielen? Das hatte ich nie in meinem Leben getan. Auch hatten wir nicht so viel Zeit miteinander verbracht, als dass ich dazu überhaupt die Gelegenheit gehabt hätte. Natürlich, ich hatte indirekt mit ihr geflirtet und offen mit ihr gesprochen, aber da waren nicht irgendwelche Hintergedanken im Spiel gewesen. Ich verfluchte mich ja sogar selbst dafür, dass ich so offen war und damit alles gefährdete. Hatte Lady Eleanor einen schlechten Traum gehabt und verschob ihn nun in die Wirklichkeit? Anders konnte ich mir ihr Verhalten nun wirklich nicht mehr erklären.