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"Hey Cassandra."

Zitternd atme ich ein. Wieso? Wieso kann nicht einfach mein Bruder an sein Handy gehen? Wieso muss statt ihm jemand anders rangehen? Und wieso muss dieser Jemand auch noch ausgerechnet Corbyn sein?

"Hey, Daniel, rate mal wer endlich brav genug ist anzurufen!", ruft Corbyn. "Na, wie geht's? Fertig geheult?", fragt er dann lachend an mich gerichtet. Meine Lippen aufeinander gepresst, bleibe ich still. Ich höre wie jemand Corbyn das Handy aus der Hand reißt, woraufhin sein Lachen sich langsam entfernt.

"Gott, Cassandra! Wo bist du, geht's dir gut?", fragt Dani erleichtert, dennoch besorgt. "Mir geht's gut, Dani, ich bin... mit einem Freund unterwegs..." "Warum hast du uns nichts gesagt?! Du bist einfach verschwunden, ich hab mir unendlich Sorgen gemacht!", ruft mein Bruder entrüstet. "Tut mir Leid, ich... ich..." Ich seufze. "Können wir uns irgendwo treffen?" "Ja und zwar hier. Komm jetzt zurück nach Hause oder ich rufe Mum an und die wird es ganz sicher nicht gutheißen, dass du über Nacht einfach abhaust." Ich beiße mir auf die Unterlippe. Wenn er wüsste... "Okay.", erwidere ich kleinlaut. "Spätestens in einer halben Stunde bist du da." "Mhm.", nicke ich und lege auf.

Bedrückt stecke ich mein Handy wieder ein und blicke zu Boden. "Und?", fragt Peter emotionslos und macht sich dabei nicht mal die Mühe, mich anzusehen. "Ich soll spätestens in einer halben Stunde zurück sein." "Dann los, du musst deine Sachen noch aus meiner Wohnung holen.", erinnert Peter mich gleichgültig und verschwindet, ohne auf mich zu warten, in das Gebüsch. Ich schlucke und beeile mich, ihm zu folgen.

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Auf der Fahrt spricht Peter kein Wort, sondern blickt nur emotionslos auf die Fahrbahn. Seine Finger umklammern fest das Lenkrad, während er mit zusammengezogenen Augenbrauen die Straße fixiert.

Ich wippe nervös mit einem Bein auf und ab und komme mir dabei wie eine Drogenabhängige auf Entzug vor. Aber ich kann nicht anders. Denn das hier ist kein angenehmes Schweigen, ganz im Gegenteil, es füllt das gesamte Auto aus und droht mich zu erdrücken wenn ich nicht bald etwas dagegen unternehme. Nur, was soll ich sagen? Dass es mir Leid tut? Das sind doch auch bloß leere Worte. Nichts, was diese Mauer, die sich seit Jacks Anruf zwischen uns befindet, zum Einsturz bringen könnte. Dann lieber gar nichts sagen.

Und ich kann Peter nicht mal verübeln, dass er nicht mit mir reden will. Das würde ich doch auch nicht, wenn mich jemand, den ich kaum kenne, einfach so fragt ob er bei mir schlafen kann, ich so nett bin ihn für eine Nacht bei mir aufzunehmen - ohne überhaupt den Grund dafür zu kennen - und am Ende kommt dann raus, dass diese Person mich nur zum Abhauen benutzt hat. Von der Tatsache, dass Peter auch noch seinen Kumpel angelogen hat um mich zu decken, ganz zu schweigen.

"Lass das." Erschrocken schaue ich zu Peter. "W-Was?", frage ich kleinlaut. Er deutet auf mein Bein, das immer noch unruhig auf und ab wippt. "Das. Das nervt." Ich schlucke, zwinge mich mein Bein still zu halten und murmele ein leises "Sorry". Ich seufze und schaue aus dem Fenster, ohne die vorbeiziehenden Häuser und perfekt gepflegten Gärten überhaupt wahrzunehmen.

"Weißt du, wenn du mir einfach erklärt hättest, dass du meine Hilfe brauchst, um abzuhauen, was glaubst du denn was ich gesagt hätte? Ne, sorry, kein Bock?" Peter wirft mir einen Blick zu, beißt seine Zähne zusammen und konzentriert sich dann wieder auf die Straße. Ich schlucke. "Ich... Es tut mir Leid." "Toll." Ich presse meine Lippen aufeinander, schaue ihn kurz von der Seite an und blicke dann wieder aus dem Fenster. Peter seufzt. "Ja, es hat mich enttäuscht, dass du mich zum Abhauen benutzt hast. Aber das ist ja nicht mal das schlimme. Das schlimme ist, dass, selbst wenn ich gewusst hätte, dass du mich nur benutzt, ich dich trotzdem immer wieder bei mir hätte schlafen lassen. Ich würde es immer wieder tun. Das nervt mich so."

𝐈 𝐡𝐚𝐭𝐞 𝐲𝐨𝐮, 𝐈 𝐥𝐨𝐯𝐞 𝐲𝐨𝐮 || 𝐖𝐡𝐲 𝐃𝐨𝐧'𝐭 𝐖𝐞 𝐅𝐅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt