Waisenhaus-Kapitel: Die Entschuldigung

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Im Pokémon-Center angekommen, waren die Behandlungszimmer bereits voll. Schwester Joy verarztete geduldig jede einzelne Wunde, aber man merkte ihr deutlich an, dass die Situation sie überforderte. Deshalb beschloss Jayden, ihr unter die Arme zu greifen und sein eigenes Verbandzeug herausholte und mit Salben in eines der Zimmer ging. Mari saß auf einem Stuhl neben Jackys Bett. Ihre Freundin war blass wie ein Bettlaken und die Krankenschwester hatte sie mit Gegengiften und anderen Wirkstoffen behandelt. Sie regte sich wieder und kam langsam aber sicher zu sich. "Jacky!" Mari sprang auf. "Wie geht's dir??", "Gleich falle ich wieder in Ohnmacht, weil du mir so ins Ohr schreist..." scherzte sie leise und setzte sich vorsichtig auf. Dabei zitterten ihre Arme etwas, als sie sich gegen das Bett stemmte. Sie war immer noch geschwächt von dem Gift. "Oh, verzeih mir." Mari lachte peinlich berührt. "Ist dir schwindlig oder übel?", "Ich fühle mich etwas schwach, als hätte das Gift mich von innen aufgefressen und nur eine Hülle übrig gelassen..." gestand die Blondhaarige. "Aber für eine Hülle bist du noch ziemlich lebendig", witzelte Mari. "Uff, ich hatte echt leichte Panik.", "Tut mir Leid, dass ich dir Sorgen bereitet habe. Ich weiß, dass ich genauso reagiert hätte, wäre dir dasselbe passiert. Wahrscheinlich sogar noch heftiger.", "Wieso das denn?", "Naja... oft bin ich von uns beiden diejenige, die eher wegen so etwas zu Boden geht. Ob Gift oder sogar Hypnos Kontrolle... Dich betraf das nie. Wenn dich etwas niederringt, hätte ich erst recht keine Chance dagegen.", "Hmh..." Mari legte den Kopf schief. "Meinst du?", "Meine ich, ja. Tut mir Leid, ich wollte die Stimmung nicht ruinieren." Sie lachte leise. "Ich denke, manchmal können wir weder mit- noch ohne einander. Es gibt Situationen, in denen ich dir am Liebsten den Hals umdrehen würde und du mir bestimmt auch, aber das macht Freundschaft nun mal aus, schätze ich.", "Du weißt gar nicht, wie oft ich mir schon innerlich gewünscht hab, dir alle Halswirbel zu brechen." Mari grinste und Jacky seufzte. "Hoffentlich setzt du das nie in die Tat um.", "Werden wir ja sehen~ Liegt ganz bei dir.", "Ich werde mich hüten.", "Gut. Und außerdem gibt es noch mehr, was eine Freundschaft ausmacht. Die vielen Abenteuer, zum Beispiel.", "Wir könnten weiterreisen. Nach der Liga, meine ich. Vorausgesetzt, keine von uns ist Champ geworden.", "Äh?", "Hast du schon mal einen Champ gesehen, der sich einfach denkt: Mir egal, ich gehe jetzt woanders hin und sammle mal eben weiter Orden, als wär nichts passiert? Pustekuchen. Als Champ hat man mehr zu tun, als du denkst. Wenn man nicht dauernd von Paparazzi belagert wird, dann wird man zu irgendwelchen Schaukämpfen eingeladen. Viele nehmen den Champion als Idol. Man wird aufpassen müssen, wie man sich verhält.", "Naja, ein erstes Mal gibt es immer und die Paparazzi hatten wir ja jetzt schon am Hals.", "Ugh... Ich musste sie uns in Sinnoh ständig vom Hals halten. Manchmal sind Reporter einfach stur... So wie du.", "Ey!!", "War nur ein kleiner Spaß.", "Mmpf... Naja, ich zähle auch weiterhin auf dich, dass du mir die Paparazzi von Hals hältst.", "Du kannst dich auf mich verlassen!" Jacky fing an, rau zu lachen. "Und egal, was passiert, wir enden nie im Streit, ja?", "Dagegen hab ich absolut nichts." Mari hielt ihr die Hand hin und grinste. "Freunde bis zum Tod?", "Und auch im nächsten Leben!" Jacky schlug ein. Mari lächelte. "Wie lange musst du hier bleiben?", "Diese Nacht noch, danach darf ich gehen. Ich bin zwar schwer vergiftet worden, aber ich konnte rechtzeitig behandelt werden, bevor sich das Gift noch weiter ausbreiten konnte. Dabei würde ich Schwester Joy gerne unter die Arme greifen..." Sie seufzte. "Darum kümmert sich Jayden bereits", sagte Mari. "Das heißt also, dass ich die Nacht alleine im Zimmer schlafen muss? Das bin ich ja gar nicht mehr gewohnt.", "Hast du etwa Angst?" neckte Jacky sie mit einem dramatischen Unterton."Vielleicht schleicht sich ja ein Hornliu in dein Bett...", "EY!!! DAS IST NICHT LUSTIG!!" Jacky brach in Lachen aus. "Tschuldige, das musste sein. Hast du eigentlich noch Angst vor Geistergeschichten?", "Schon lange nicht mehr.", "Ich auch nicht. Meine Mutter hat mir als Kind oft Gruselgeschichten erzählt, damit ich mich nachts nicht an den Süßigkeiten vergreife.", "Naschkatze." kommentierte Mari. "Jast du dich nie an die Keksdose geschlichen, wenn keiner hingeschaut hat? die Schokostücke vom Lebkuchenhaus abgebrochen?", "Ich hab oft die Gummi-Pampams aus den Schränken geklaut, aber sonst... Hmm, ob solche Gruselgeschichten auch bei Süßkramkönig Jayden helfen würden...?", "Wer wüsste das von uns beiden besser als du?" wollte Jacky wissen. "Ich glaube, es würde genauso gut funktionieren, wie einem Bummelz das tanzen beizubringen. Nämlich gar nicht. Obwohl.... hmh... Jayden hat Angst vor Geistern. Hmmmmmmmmm...." Sie machte eine übertriebene Denkerpose. "Er würde dir das niemals verzeihen." Jacky musste wieder lachen. "Entweder das, oder er würde nie wieder aus dem Bett kriechen.", "Das will ich dem armen Kerl beim besten Willen nicht antun... Sonst verreckt er noch wegen Zuckermangel.", "Wo du recht hast..." Die Tür ging auf und die Krankenschwester trat ein. "Alle Kinder sind versorgt worden", berichtete sie lächelnd. "Alle werden noch eine Nacht hier verbringen, danach kümmere ich mich mit Officer Rocky um den Rest. Ihr habt wirklich gute Arbeit geleistet.", "Oh, nicht der Rede wert." Mari winkte ab und sah dann wieder zu Jacky. "Hm, ich glaube, ich werde die Küche des Pokémon-Centers mal in Anspruch nehmen. Die armen Kinder haben bestimmt lange nichts Vernünftiges mehr gegessen.", "Das wette ich mit dir..." Jacky nickte und stand auf, ohne zu wanken. "Ich helfe dir.", "Sicher?", "Mhmh. Ich muss nur zur Kontrolle hier bleiben. Das Gift wurde neutralisiert, es ist größtenteils, um zu gucken, ob irgendwelche Nebenwirkungen auftreten oder ich auf die Wirkstoffe irgendwie allergisch reagiere oder so.", "Achso, na dann... Wie wär's mit Spaghetti?", "Das ist einfach und lässt sich schnell machen." Jacky nickte und sie schlugen den Weg zur Küche ein. "...Das Kochen überlässt du lieber mir", meinte Mari. "Ansonsten hat das Pokémon-Center am Ende keine Küche mehr.", "....Witzig." Jacky schnitt eine Grimasse. 

Soleil und Susan erklärten sich bereit, zu helfen und schon bald hatten sie viele, dampfende Teller Spaghetti vorbereitet, die sie an die Waisen verteilten. Jedoch wirkte Soleil ein wenig zögerlich und wich ständig Maris Blicken aus. "Was ist denn mit dir los?" fragte Mari verdutzt, als sie das bemerkte. Soleil sah auf und rang bedrückt mit den Händen. "Mir... mir tut das wirklich Leid. Das, was im Waisenhaus passiert ist. Ich hätte nicht so herumschreien sollen, du hast es nur gut gemeint...", "Vergeben und vergessen, mach dir keinen Kopf drüber.", "Aber ich mach mir einen Kopf drüber. Du bist eine der wenigen, die mich wirklich kennt und ich gehe so mit dir um!", "Hey, es gibt viele, die das tun. Aber richtige Freunde sind jene, denen es leid tut und jene, die vergeben." Soleil schniefte kurz und wischte sich über die Augen. "Ja... ja, das stimmt wohl. Das wurde mir oft gesagt.", "Na also. Ist's jetzt besser?" Mari schenkte ihr ein breites Lächeln. "Viel besser. Danke!" Soleil umarmte Mari fest und schnappte sich dann mit neuer Energie die Teller von der Theke, um sie zu verteilen. 

Saviors of Tomorrow 2 (Eine Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt