Waisenhaus-Kapitel: Selbstzweifel

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"Gut, okay, wie sieht der Plan aus?" wollte Mari wissen. "Ich werde auf dich aufpassen", frotzelte Jacky und Mari schürzte die Lippen. "Sehr witzig. Ich brauche keinen Aufpasser!", "Bei dir weiß man nie!" Jacky grinste breit. "Also." Sie klopfte Staub von ihrer Hose. "Wir müssen ein paar Leute der Polizei ausliefern, aber wir sollten auf keinen Fall alleine gehen. Wir verlaufen uns hier zu hundert Prozent. Am besten tun wir uns mit Leuten zusammen, die sich gut leise fortbewegen können und sich hier auskennen.", "Neben uns sieben sollten vielleicht drei oder vier Waisen mitkommen. Ich habe so etwas wie einen Plan.", "Ach, DU hast mal einen Plan? Warum fragst du mich dann?", "Gewohnheit." Mari grinste. "Also... Wir sollten uns in mehrere Kleingruppen aufteilen, um möglichst unauffällig zu bleiben. Wir sollten die Schwarzarbeiter von allen Seiten umzingeln, damit sie uns nicht durch die Lappen gehen können. Die Waisen kennen sich hier aus, von daher sollte einer in jeder Gruppe sein. Sie könnten uns aus unterschiedlichen Richtungen heran führen.", "Eine gute Idee, muss ich zugeben. Kennst du schon jemanden außer Gwin und Kaio?", "Nein.", "Ich habe vorhin mit Nina geredet." Sie deutete auf ein relativ großes, mageres Mädchen mit dunkelbraunen Haaren. "Sie hat zwar keine Pokémon, aber sie ist sehr leise.", "Hm... Soleil und Susan sollten ihr zugeteilt werden, schätze ich." schlug Mari vor. "Wir gehen mit Gwin mit und Jayden, Viv und Kattlea könnten Kaio folgen.", "Und jemand sollte vor dem Kanal Wache stehen, falls jemand kommt, um uns Probleme zu bereiten, die wir nicht haben wollen." In dem Moment wandte sich der schmächtige Junge neben Nina ab und blieb bei ihnen stehen. Er hatte Augenringe, die ihn wie ein Pampam aussehen ließen. "Ich übernehme das...", "Alleine schaffst du das nie und nimmer, Robin. Wir beide helfen dir." Zwei andere Jungs stellten sich zu ihm. Beide waren vom Aussehen her kaum auseinander zu halten. Aber so schlimm wie bei Toyo und Asugi war es schon lange nicht. "Hm." Mari legte den Kopf schief. "Gut, dann sieht's wohl so aus als wären wir bereit. Dann kann ich ja unseren Plan verkünden, mh?", "Nur zu." Jacky nickte ihr zu. "Alles klar. Okay, alle herhören!" Mari hob die Stimme und alle Blicke wandten sich zu ihr. In Sekundenschnelle verstummten die Gespräche. 

Mari schilderte ihren Plan. "So weit, so gut", sagte sie abschließend. "Gibt's Fragen oder Einwände?", "Es gibt tausend Einwürfe!" protestierte ein Mädchen, das ablehnend die Knie an den Körper gezogen hatte und Mari misstrauisch musterte. Ihre verknoteten, hellblonden Haare baumelten über ihre Schultern. "Das sind Erwachsene und wir sind Kinder! Wir schaffen das niemals!", "Wir sind hier in keiner Bilderbuchgeschichte", stimmte ein Junge mit Narben im Gesicht ihr zu. "Wir haben es hier mit skrupellosen Entführern zu tun, die Kinder dazu zwingen, für sie zu klauen!", "Wenn's sonst nichts ist... Wir werden mit denen schon fertig.", "Was ist, wenn sie sich nicht auf Pokémon-Kämpfe beschränken und direkt auf euch los gehen?", "Nur, weil sie keine Pokémon im Kampf benutzen, heißt das nicht, dass sie nicht von Pokémon verprügelt werden können.", "Wir sind schneller mit denen fertig, als sie gucken können!" Entschlossen schlug Gwin die Faust gegen die Handfläche. "Wollt ihr weiter hier kauern, bis uns Rattfratz die Haut von den Knochen nagen?! Wir waren lange genug hier und haben uns versteckt! Zeigt endlich Rückgrat!", "Diese Typen werden uns das Rückgrat BRECHEN, Gwin!" versuchte das Mädchen verzweifelt, den Anführer zu überzeugen, aber der zeigte sich ehrgeizig. "Nina, Kaio, Robin, Rico und Liam, ihr kommt mit!", "Das nenne ich mal eine Rede, Gwin." Mari klopfte ihm auf die Schulter. "Wir stampfen sie ins Beton und sorgen dafür, dass sie hinter Gittern landen.", "Ich werde euch nicht trösten, wenn ihr mit dem Schweif zwischen den Beinen wieder zurück gerannt kommt...." murmelte das Mädchen und kauerte sich nur noch enger zusammen. "Alles klar, Gwinny!" rief einer von den drei Jungs, die für die Wache zuständig waren. "Okay! Nina übernimmt die Gruppe von Soleil und Susan und nähert sich dem Ort von der linken Seite! Kaio, Jayden, Viv und Kattlea schlagen den anderen Weg ein, bei dem sie auf der rechten Seite landen und Jacky, Mari und ich stürmen frontal drauf zu! Robin, Rico und Liam halten Wache. Nehmt die Beine in die Hand!" rief Gwin. 

Sie verstreuten sich. Mari und Jacky folgten Gwin. "Du hast ja keinen Mangel an Selbstsicherheit, Gwin. Respekt", kommentierte Mari auf dem Weg. Gwin hob die Arme hinter den Kopf und sah über die Schulter zu ihr. ""Es gab für mich noch nie einen Grund, es nicht zu sein.", "Hehe." Mari lachte leise. "Na gut, dann lasst uns mal den Südkanal stürmen, huh?" Mari sah zu Jacky, die irgendwie... nicht so ganz präsent war. "Hey!" Mari schuckelte sie an. "Was träumst du denn gerade vor dich hin?", "Nichts... gar nichts." Jacky zuckte leicht zusammen. "Wirklich, mir geht's gut. Hast du... keine Angst?", "Nein. Du etwa schon?", "Nein... ich auch nicht. Es ist nur... ugh, ich bin so lächerlich.", "Wieso das denn?", "Du merkst es auch, oder?" Jacky presste leicht die Lippen aufeinander. "Wir haben uns auf unserer Reise verändert. Am Anfang dachte ich ständig, ich müsste dich vor deinem Temperament beschützen, aber... inzwischen kommt es mir so vor, als würdest du mich beschützen müssen. Ich dachte, ich würde immer stärker werden, aber jetzt ist mir klar geworden, dass.... dass ich mich überschätzt habe. Du bist viel stärker geworden als ich.", "Was? Das ist Unsinn." Mari schüttelte den Kopf. "Bei uns gab es nie eine, die-", "Mari..." Jacky sah weg. "Es mag vielleicht sein, dass du das so siehst, aber... wie soll ich eine gute Partnerin und Reisegefährtin sein, wenn ich Neid für meine eigene Freundin empfinde?", "....Neid?" Mari klang überrascht. "Mari, ich habe dich immer als meine Freundin gesehen und... sogar als Schwester, aber nie als Rivalin. Ich habe mich überschätzt... Mich, meine Strategien im Kampf... Ich dachte, ich wäre dir immer drei Schritte voraus. Auf dem Weg konntest du mich einholen und jetzt... jetzt kann ich kaum mit dir mithalten. Ich falle zurück, mit allem, von dem ich dachte, das es mich stark macht.", "Red' keinen Stuss." Mari blieb stehen und sah sie streng an. "Du wirst wieder aufholen. Du wirst mich wieder überholen. Komm schon, warum lässt du dich jetzt hängen? Wenn du wirklich so denkst, dann sorg dafür, dass du wieder aufsteigst. Von alleine passiert da nichts. Diese Weisheit hab ich von dir, weißt du?", "Diese... Weisheit?" wiederholte Jacky verdutzt und schmunzelte, bevor sich ihr Mundwinkel zu einem zaghaften Lächeln hob. "Haha... Dann bin ich wohl doch zu etwas gut. Wart's nur ab, Mari." Jetzt konnte sie sich wieder aufraffen und grinste von einem Ohr zum anderen. "Bald werde ICH dich wieder daran erinern, wenn du erstmal begriffen hast, wie weit ich dir voraus sein werde!", "Ich werd's dir aber nicht so leicht machen. Ich genieße meinen Vorsprung in vollen Zügen, Schwester." Mari zeigte ihr den gehobenen Daumen. "Da dann! Bereit, ein paar Leuten die Suppe zu versalzen?", "Sie werden gar nicht schnell genug reagieren können!" Jacky nickte zustimmend. 

Saviors of Tomorrow 2 (Eine Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt