Ondula-Kapitel: Neid

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Mari und Jacky sahen auf. „Ich glaube, da braucht jemand Hilfe.“ sagte Jacky. Mari nickte. „Klang so. Komm!“ Sie sprang auf und lief nach draußen. Eine Gestalt rannte mit einem kleinen Pokémon in den Armen über den Sand. Mari spurtete geschwind zum Pokémon-Center. „Schwester Joy! Es braucht jemand ihre Hilfe!“ informierte sie die Krankenschwester. Schwester Joy nickte und rannte eilig aus dem Pokémon-Center. Sie kam dem Trainer entgegen, der ihr sein Peppeck, ein kleines Vogel-Pokémon, das Mari und Jacky vorher noch nie gesehen hatten, hinhielt. „Peppeck ist wohl ein Pokémon aus der Alola-Region...“ vermutete Jacky. „Scheint mir so. Die Pokémon aus Alola sind endemisch, die kommen kaum in anderen Regionen vor.“ antwortete Mari und ging dann zu dem Jungen, der mit zitternden Händen das Pokémon-Center betrat und sich an einen Tisch setzte. „Das war knapp“, meinte sie. „Hey.“, „H-Hey...“ Er sah auf. Braune Augen sahen sie an. „Danke, dass ihr mir geholfen habt, Schwester Joy zu holen...“ Der Junge hatte kurzes, blondes, zerzaustes Haar und gebräunte Haut. „Kein Problem“, meinte Mari und sie und Jacky setzten sich zu ihm. „Du kommst aus Alola, oder?“ fragte sie. „Ja, genau.“ Der Junge nickte. „Peppeck ist das erste Pokémon, das ich selbst gefangen hab…“, „Es ist das erste Mal, dass wir ein Pokémon aus Alola sehen. Was hat dich denn nach Einall geführt? Alola ist weit weg. Ich bin übrigens Mari.“ Sie hielt ihm die Hand hin. „Nael, freut mich wirklich.“ stellte sich der Junge vor und schlug leise lachend ein. „Ich bin hier, weil ich Verwandte von mir besuchen will, bevor ich meine Inselwanderschaft antrete.“, „Ich bin Jacky“, sagte Jacky. „Was ist denn mit deinem Peppeck passiert?“, „Es wurde von ein paar wilden Wingull angegriffen, als es am Strand nach Futter gesucht hat… Es ist schwer verletzt worden, weil es noch keine wirkliche Kampferfahrung hat...“, „Autsch.“ Mari lehnte sich zurück. „Wie ist es in Alola denn so?“, „Wie im Paradies! Es gibt vier Inseln und es ist immer warm dort, auch im Winter. Liegt daran, dass unter dem Meer ein vulkanischer Hotspot liegt.“, „Klingt sehr verlockend.“ meinte Mari. „Wir kommen aus Eventura, das ist von hier auch ganz schön weit weg.“ In dem Moment piepte Maris Viso-Caster und eine Nachricht blinkte auf dem Display auf. Sie tippte drauf. Die Nachricht stammte von Jayden.

Hey. Ich kann euch doch nicht in Ondula besuchen,
mich hat eine Krankheit total erwischt… Ich schreib
dir wieder, wenn‘s mir besser geht.

Krankheit? Was für eine Krankheit?


Die, vor der letztens gewarnt wurde, glaube ich…

Du meinst Pokérus? Au weia. Ist es schlimm?


Könnte schlimmer sein, wenn ich ehrlich sein soll…
Mach dir keine Sorgen.

Na gut. Gute Besserung.


Danke. Man sieht sich.

Mari bekam eine dumme Idee und stand auf. „Nael, ich gehe was erledigen. War echt nett, dich kennengelernt zu haben.“, „Mach‘s gut und danke nochmal.“ Er legte lächelnd den Kopf zur Seite. „Man sieht sich bestimmt wieder.“, „Wo gehst du denn hin?“ wollte Jacky wissen. „Nach Panaero.“, „Du willst zu Jayden, stimmt‘s?“, „Ja, er ist krank.“, „Aber es ist schon nach 9 und stockfinster draußen.“ Jacky seufzte. „Aber gut, das musst du selbst wissen. Du kannst auch die Nacht dort bleiben, komm aber bitte Morgen wieder.“, „Okay.“, „Pass auf dich auf, ja?“, „Klar.“ Mari nickte und verließ mit einem Winken das Pokémon-Center. Sie schwang sich auf Panzaeron und flog in die Nacht hinaus.

Wenig später landete sie vor dem Haus von Jaydens Eltern, stieg ab und klopfte. „Huh?“ Die Tür öffnete sich und Jaydens Schwester Jade blickte ihr entgegen. „Hey.“, „Hey, Jade.“ Sie winkte kurz. „Sind deine Eltern zuhause?“, „Nein, beide sind unterwegs. Du willst du Jayden, stimmt‘s?“, „Richtig, ich hab gehört der Virus hat ihn erwischt.“, „Mit voller Wucht.“ bestätigte sie. „Der hat ihn von einen Tag auf den anderen von den Socken gehauen. Er kann sich kaum aus dem Bett bewegen.“ Sie lies Mari an sich vorbei ins Haus. „Sein Zimmer ist den Gang runter.“ Sie deutete in die Richtung. „Geh schon.“, „Danke.“ Mari nickte und ging durch den Flur, bevor sie an seine Zimmertür klopfte. „Ich hab deinen Viso-Caster nicht… wie oft noch?“ kam seine schwache, nahezu klägliche Stimme gerade noch laut genug von innen. Mari kicherte und schob die Tür einen Spalt breit auf. „Darf ich reinkommen?“ Ächzend drehte er den Kopf zur Tür und staunte nicht schlecht. „...Was machst du denn hier?“ Mari stieß die Tür vollständig auf. „Überraschung!“ kicherte sie. Jaydens Gesicht war blass und die Ringe unter seinen grünen Augen dunkel. „Du siehst schrecklich aus.“, „Danke für das Kompliment...“ stöhnte er. „… Ich hätte nicht gedacht, dass du mich einfach so besuchen kommst...“, „Tja.“ Sie setzte sich zu ihm an die Bettkante. „Ich bin zwar keine Ärztin und habe auch keine Ahnung vom Behandeln von Leuten, aber in der Zeitung stand ein bisschen was drüber, was man dagegen unternehmen kann.“, „Heh… und ich dachte… ich wäre der, der den anderen behandelt...“, „Naja, irgendwann muss ich meine Schulden ja mal begleichen, nicht?“, „Pfft… Das sind keine Schulden, Süße...“, „Wie auch immer.“ Mari legte ihm eine Hand auf die Stirn. „Hm. Fieber. Dachte ich mir. Hast du Kopfschmerzen?“, „Gewaltige.“, „Mein Beileid. Schwach bist du auch.“, „Im Moment schon...“ Er hustete stark. „So ein Dreck“, fluchte er. Wenn Jayden fluchte, war er wirklich frustriert. „Ich mache dir einen Sinelbeertee, ja? Der hilft.“, „Tu, was du nicht lassen kannst… Aber danke.“, „Kein Thema. Ich bin gleich wieder da.“ Mari stellte ihren Beutel neben dem Bett ab, stand auf und fand ihren Weg aus dem Gedächtnis in die Küche, wo sie die Schubladen nach Teebeuteln durchsuchte. Sie fand Sinelbeertee in einer Schublade neben dem Geschirrspüler und setzte kochendes Wasser auf. „Mal sehen… haben sie Arenatabletten hier irgendwo…?“, „In der Schublade neben dir.“ antwortete Jade. Mari sah sich um. Die rothaarige lehnte am Türrahmen. „Danke.“ Mari zog die Schublade auf und fand eine ganze, unangebrochene Packung Amrena-Tabletten. Sie öffnete sie und pulte eine Tablette aus der Packung, bevor sie sie in die Tasse warf. Dann goss sie das heiße Wasser auf und packte den Teebeutel in die Tasse. Als sie mit dem Tee zurück kam, war Jayden eingeschlafen. Mari stellte den Tee auf dem Schrank neben ihm ab. „So lange war ich doch gar nicht weg...“, „Er kann echt schnell einschlafen.“ Jade war ihr gefolgt und stand an der Tür. „Kurz ist man weg und… schon ist er weg.“, „Das sehe ich.“ Mari drehte sich zu ihr. „Seit wann ist er denn krank?“, „Seit heute früh.“ Sie wirkte angespannt. Es fiel ihr sichtlich schwer, über ihren Bruder zu reden. „Falls du was brauchst, ich bin noch hier.“, „Okay.“ Mari nickte. „Du wirkst angespannt, stimmt etwas nicht?“ Das Mädchen drehte den Kopf weg. „Nein, es ist nur komisch, einen Bruder zu haben. Den zu sehen, der meinen Eltern immer wichtiger war als ich. Meine Eltern dachten, er wäre tot. Selbst als ich geboren wurde, kurz nach seinem Verschwinden… waren ihre Gedanken immer bei ihm, nie bei mir!“ Ihre Stimme bebte vor Frust. „Sie haben mich IMMER mit ihm verglichen! Mit meinem armen, toten Bruder! Sie haben abends um ihn geweint, anstatt sich um mich zu kümmern!“ Traurig und wütend zugleich sah sie zu Jayden. „Er hat mir meine Eltern genommen, obwohl er nicht einmal hier war!“, „Darum also kannst du ihn nicht ausstehen. Hast du das deinen Eltern schon mal gesagt?“, „Tausend mal, aber sie hören nie im Leben auf mich. Mein toter Bruder war ihnen wichtiger als ich. In den Zeiten, in denen ich sie gebraucht habe, waren sie nicht da! Ich bin auf Reisen gegangen, nachdem er hier aufgetaucht ist und ich mein Leufeo bekommen hab, in der Hoffnung, dass ich mich endlich von ihm abheben kann! Aber selbst dann stand ich ständig in seinem Schatten!“ Sie ballte die Hände zu Fäusten. „‘Bist du nicht die Schwester von diesem Jungen, der im Kloster gefangen war? Der das Mädchen gerettet hat?‘ Das ist so UNFAIR…“ Sie ging aus dem Zimmer. „Gute Nacht noch!“, „Warte mal kurz.“ Mari folgte ihr bis zur Tür und Jade drehte sich um. „Was denn noch?“ fragte Jaydens Schwester. „Du solltest offen zu Jayden sein.“ sagte Mari. „Und ihm sagen, was Sache ist. Weißt du, es macht ihn fertig, dass du ihn nicht leiden kannst und er nicht weiß, warum. Er fragt sich die ganze Zeit über, warum du so abweisend ihm gegenüber bist. Tu ihm und dir selbst den Gefallen und sprich mit ihm.“, „Hmpf...“ Jade sah kurz zu ihr. „Vielleicht. Danke.“ Mari nickte und schloss die Tür.

Saviors of Tomorrow 2 (Eine Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt