Waisenhaus-Kapitel: Überraschende Verstärkung

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Mari hatte kaum zwei Schritte über den Flur gemacht, als sie Gedankensplitter hören konnte. Jemand näherte sich dem Gebäude. Sie reagierte blitzschnell, packte Jayden am Arm und zerrte ihn, Guardevoir und Galagladi in einen Wandschrank. Es wurde ziemlich eng, aber sie passten immerhin alle hinein. "Was zum-?", "Shht! Es kommt jemand!" raunte Mari. In dem Moment hörten sie, wie die Vordertür des Gebäudes aufging und schwere Schritte ins Gebäude stampften. Neben Mari verharrte Jayden und versuchte, möglichst nicht nicht laut zu atmen. "Wie konnten wir nicht merken, dass jemand kommt...", "Klappe jetzt!" zischte Mari. Die Schritte kamen näher und eine weibliche Stimme sagte: "Ich bin mir sicher, dass sie hier sein müssen.", "Officer Rocky." Eine andere Stimme meldete sich zu Wort. "Hier ist niemand. Ich höre auch niemanden. Wir haben das Gebäude gut drei Mal durchkämmt. Das Waisenhaus ist abgesichert, also wie sollen sie hier rein kommen?", "Vielleicht..." erwiderte die andere Stimme, "...durch die Kanalisation. Unser Einsatzteam dort hat mir vor kurzem gemeldet, dass dort unten ein paar Mädchen gesichtet wurden." Mari klammerte sich unbewusst an Jaydens Arm und hielt den Atem an. "Auf jeden Fall müssen wir wachsam sein. Nachher läuft noch irgendwas schief. Halten Sie die Ohren steif, Officer Ibiki. Das rate ich Ihnen." Die Stimmen wurden wieder leiser und die Polizisten verließen das Gebäude wieder. 

"...Das war knapp." flüsterte Mari und atmete aus. Sie hatte das Gefühl, fast erstickt zu sein. "Für's erste sind sie wieder abgezogen, Arceus sei Dank.", "Sie haben also wirklich die Mädchen im Untergrund gesehen..." wiederholte Jayden. "Sie sind weg, wir können weitermachen.", "Wir haben noch nicht mal angefangen.", "...dann halt eben loslegen." Er legte eine Hand auf Maris Arm, der sich an ihn geklammert hatte. Als Mari das bemerkte, ließ sie ihn schnell los. "Tschuldige.", "Alles gut. Vertrau mir, Mari. Die vier lassen sich so leicht nicht erwischen. Die Polizei hat gesagt, sie wurden 'gesehen', nicht 'erwischt'." Er schob die Schranktür wieder auf und trat zurück auf den Flur. "Wär's da drin noch enger, hätte meine Platzangst wieder zugeschlagen..." seufzte er. "Tschuldige. Das war das erstbeste Versteck, dass ich gesehen hab...", "Alles gut, keine Sorge..." Er winkte ab. "Wenn du was findest, funk mich an.", "Aber... ich darf meine Telepathie bei dir doch gar nicht-", "Im Notfall würdest du das auch ohne meine Erlaubnis tun. Das geht schneller und wir spielen lieber sicher. Warn mich per Gedanken, wenn was passiert oder du was findest.", "Ausnahmen bestätigen die Regel, hm?", "Richtig." Jayden nickte ihr zu und bog dann mit Galagladi um die Ecke. Mari nickte Guardevoir zu und sie widmeten sich endlich den Schlafzimmern. In einem von ihnen lagen Klamotten und Hefte verstreut auf einem unordentlichen Bett. Zerknülltes Papier wurde unachtsam auf die Schränke geworfen und eine Gitarre mit einer zerrissenen Saite lehnte an einem Schreibtisch, der überfüllt mir irgendwelchem Kram an der Wand stand. "Hier hat schon seit Ewigkeiten niemand mehr aufgeräumt..." bemerkte Mari und nahm eines der zerfledderten Hefte in die Hand. Sie schlug es auf. Auf einer Seite stand etwas mit krakeliger Schrift geschrieben. Sie hatte Mühe, es zu entziffern. "Vier Viso-Caster, ein Dutzend Geldbeutel, drei Pokébälle, insgesamt kaum etwas auf der Straße", stand dort niedergeschrieben. Mari blätterte das Heft im Schnelldurchlauf durch und fand nichts wirklich Interessantes. In ihm stand einfach nur, wie viel wo gefunden oder geklaut wurde. Sie machte sich nun daran, die unzähligen zerknüllten Papierbälle zu entknüllen und zu glätten, zu kontrollieren, was auf sie geschrieben stand, nur, um sie dann wieder zu zerknüllen und in den Papierkorb zu werfen. In einem anderen Heft stand: "Maya ist noch nicht zurück gekommen. Sie ist niemand, der sich so leicht fangen lässt, ich mache mir aber trotzdem Sorgen... wenn die Erzieher das mitkriegen..." Mari blätterte weiter. "Heute gab es für niemanden essen, weil Maya noch nicht aufgekreuzt ist. Robin schleicht sich schon nachts aus dem Waisenhaus, um nach ihr zu suchen, aber keine Spur... Wenn das so weiter geht, sperren uns die Erzieher wieder in unsere Zimmer ein.", "Widerlich." kommentierte Mari und sah knurrend das Heft an. "Hier scheint es kein Indiz in irgendeiner Form zu geben... Hier muss doch irgendwas Wichtiges oder Nützliches herumliegen..." Sie legte das Heft beiseite und sah sich weiter um. Plötzlich näherten sich Schritte dem Zimmer. Alarmiert zuckte Mari zusammen und versteckte sich dann ohne zweiten Gedanken unter dem Bett. Jemand mit verschmutzten und ziemlich abgenutzten Schuhen, die an manchen Stellen schon Löcher hatten, betrat das Zimmer. Dieses paar Schuhe gehörte weder Jayden noch Soleil, also war es eine fremde Person. Sie durfte sich nicht erwischen lassen. "Dreck... hier ist auch nichts." fluchte jemand und wühlte ungeduldig in den restlichen Zetteln auf dem Schreibtisch. Mari lugte vorsichtig unter dem Bettlaken hervor. Kaio fegte mit einer missmutigen Handbewegung die Papiere vom Tisch und stützte sich auf der Tischplatte ab. "Das ist so frustrierend..." Was machte Kaio denn hier? "...Kaio?" Mari quälte sich wieder unter dem Bett hervor. "Ich dachte, du wärst jemand anders..." Mit weit aufgerissenen Augen wirbelte er herum. Stoßweise verließen Wörter seinen Mund: "Was. Machst. Du. Hier?!", "Dasselbe wie du, nehme ich mal an..." Sie stand auf und strich sich die Klamotten glatt. "Ich suche die Schwarzarbeiter." Der Waise schnaubte und hob leicht das Kinn, dabei fielen ihm Strähnen seiner zerzausten Haare ins Gesicht. "Warum? Dich geht das alles nichts an.", "Problem damit?" Sie musterte ihn. "Ich entscheide selbst, was ich tue und lasse und nein, ich verpfeife dich nicht bei irgendjemanden und nein, ich bin nicht alleine, um die Fragen vorweg zu nehmen. Kann mir irgendwer erklären, was genau hier los ist? Du hast selbst gesagt, dass hier Leute drin sind.", "Ich bin nur hier, um das nötigste zusammenzusuchen, was wir im Untergrund brauchen.", "Bitte was?", "Wir haben uns eine Art Basis in der Kanalisation aufgebaut. Zufrieden?" Er verschränkte die Arme. "Und nein, ich hab keine Ahnung, wo die Erzieher sind, bevor du fragst. Diese Mistkerle haben ein paar von uns mitgenommen, sie sie hier eingesperrt hatten und hocken irgendwo mit ihnen, wo auch immer das ist. Der Rest von uns hat sich im Untergrund verschanzt, weil wir Angst haben, dass sie zurück kommen.", "Hm... Tja, jetzt, wo wir beide hier sind, können wir auch zusammen nach irgendwelchen Hinweisen suchen. Jayden sucht die Flure ab und Soleil ist auf dem Dachboden.", "Gwin hält im Untergrund Wache." sagte Kaio und zog einen Zettel aus einem Papierstapel hervor, nur, um ihn zusammen zu knüllen und achtlos in die Ecke zu werfen. "Solange wir nichts von ihm hören, sollten wir hier sicher sein.", "Gwin? Was habt ihr denn mit dem am Hut?", "Du kennst ihn?", "Na klar kenne ich ihn. Gwin Johnson, oder? Er hat damals am PWT Junior-Cup teilgenommen.", "Er ist einer der wenigen Glückspilze unter uns, die es zu irgendwas gebracht haben. Trotz dieses Horrorheims." brummte Kaio. Mari hob ein weiteres Heft auf. "...Nichts." Sie seufzte und ließ es wieder fallen. "Gehört das Zimmer einem von euch oder einem Erzieher?", "Nein, das hier ist Mayas Zimmer. Die Zimmer der Erzieher sind abgesperrt. Wir durften nie einen Fuß in ihre Räume setzen.", "Wo sind die?", "Hast du mir nicht zugehört? Ich sagte-", "Ist mir egal." Kaio seufzte und lief aus dem Zimmer zu einem abgeschlossenen Raum. Mari nickte Guardevoir zu, das das Schloss mit seiner Psychokinese mühelos knackte und die Tür aufschwenken ließ. Ohne weitere Worte betrat Mari den Raum. Kaio sah ihr hinterher. "..." Dann folgte er ihrem Beispiel. 

Saviors of Tomorrow 2 (Eine Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt