Kapitel 6

4.4K 196 6
                                    

Ich ziehe schließlich die Vorhänge zu und lege mich auf mein Bett. Da ich es gestern erst frisch bezogen habe, riecht die Bettwäsche noch total nach rosigem Waschmittel. Ich kuschele mich in die Decke und atme den Duft ein. Es benebelt meine Sinne, doch trotzdem wandern meine Gedanken wieder zu Harry. Ich würde gerne wissen, wie er so drauf ist. Vielleicht ist er super lieb und gefühlvoll. Vielleicht aber auch ein Macho, der denkt, er kann Jede haben. Letzteres glaube ich zwar nicht, denn so kam er bei unserer Begegnung echt nicht rüber, aber bei Hendrik damals, habe ich auch gedacht, er würde mir treu bleiben. Sieht man ja, wie man sich täuschen kann.

Ich seufze und schließe die Augen.

---

Erschrocken reiße ich meine Augen wieder auf. Habe ich tatsächlich geschlafen? Es ist noch hell. Oder schon? Ich schaue auf die Uhr.

Halb acht Uhr morgens! Scheiße! Ich muss in einer halben Stunde in der Bäckerei sein!

Meine Jeans habe ich ja noch an, da ich mich , ohne mich umzuziehen gestern auf mein Bett gelegt habe und im Grunde genommen sofort eingeschlafen bin. Ich ziehe mir schnell einen frischen Pulli über, wasche kurz mein Gesicht, schminke mich, putze mir die Zähne und renne dann nach unten. Brauche ich noch was? Geld? Nein. Mein Handy stecke ich mir in die Hosentasche. Dann schließe ich die Haustür und sprinte zur Backstube. Ein Glück begegne ich Harry jetzt nicht. Der hätte mich nur wieder alles vergessen lassen und dann wäre ich zu spät gekommen.

Pünktlich um fünf Minuten vor 8 stürme ich in den Laden. Ich hole einmal tief Luft und richte mich auf. Ich möchte schließlich einen professionellen Eindruck machen. Soweit es eben jetzt nich geht, wenn man so abgehetzt aussieht. Ich streiche mir mit der Hand meine Haare im Zopf glatt, den ich mir unterwegs schnell gebunden habe, und gehe dann Richtung Lager. Ich denke jedenfalls, dass hinter der Theke das Lager ist. Die Frau von gestern kommt mir schon entgegen.

"Ah, hallo Mia. Ist es okay, wenn ich dich duze? Die anderen Mitarbeiter duzen sich auch untereinander."

"Ja, klar."

"Gut. Dann zeige ich dir jetzt alles, okay?"

Ich nicke. Als erstes soll ich mir eine Schürze umbinden. Dann lerne ich, wie man die Brötchen richtig in die Regale legt und übe, mir die Handschuhe anzuziehen. Zuerst bekomme ich es gar nicht hin, aber nach und nach klappt es dann besser.

Es fällt mir alles relativ leicht und ich habe viel Spaß bis jetzt. Die Dame heißt übrigens Helga und ist mir unfassbar sympathisch.

Es gibt hier noch Thomas, Isabel und Sonja. Sonja arbeitet nur samstags und sonntags. Thomas immer am Nachmittag, manchmal vormittags und Isabel und Helga mit mir zusammen.

Es macht total Spaß, die Kunden zu bedienen. In der Woche kommen aber nicht so viele, erklärt mir Helga, denn viele Leute arbeiten ja schließlich.  Am Wochenende machen sie deshalb meist mehr als doppelt so viel Umsatz.

Aber so ist es weniger anstrengend.

Am Ende meiner Schicht, also gegen 14 Uhr, sagt Helga mir dann:

"Du hast das echt gut gemacht. Es würde mich sehr freuen, wenn du die nächsten zwei Wochen bei uns arbeitest."

"Klar, gerne. Vielen Dank."

Ich lächle und gebe ihr dann zum Abschied die Hand. Morgen soll ich wieder um acht herkommen. Ich freue mich schon darauf.

---

Nachdem ich dann meine Schürze abgelegt habe und mir die Hände gewaschen habe, gehe ich mit einem Lächeln aus dem Laden heraus. Die Sonne scheint und das hebt meine Stimmung sofort um einiges. Es ist zwar trotzdem etwas kühl, aber schön.

Und wie es kommen musste, läuft mir Harry wieder über den Weg.
Soll ich so tun, als hätte ich ihn nicht gesehen? Nein, dass ist unfair. Wieso soll ich abweisend zu ihm sein? Ich kenne ihn doch kaum.
Nur, weil ich nicht wieder verletzt werden möchte...? Aber vielleicht will er auch gar nichts von mir. Wir könnten auch normale Freunde werden.

Mein Gott, Mia! Ich übertreibe schon wieder. Ich denke viel zu viel über Sachen nach, die vermutlich eh nie passieren werden. Das war schon immer so. Ich habe einfach viel Fantasie und irgendwann entstehen dann solche Gedanken und Überlegungen.

Jetzt ist eh zu spät, um weg zu laufen.

"Hey, Mia", begrüßt Harry mich strahlend. Ich setze ein Lächeln auf und antworte: "Hi... Harry. "

"Und? Wie lief es mit deiner Bewerbung?"

"Geht dich das was an?", frage ich mit hochgezogener Augenbraue und einem frechen Grinsen.

"Man darf doch wohl mal fragen. Ich meine, schließlich hast du es mir gestern erzählt."

Da hat er Recht.

"Sorry, ich wollte nicht unfreundlich wirken...", sage ich schnell entschuldigend.

"Hast du nicht. Ich mag freche Mädchen."

Harry sieht mir in die Augen und grinst schief. Die Grübchen erscheinen wieder. Oh Gott! Ich finde die ja irgendwie voll niedlich. Aber... : sollte das gerade eine Anmache sein? Okay, ich sollte echt aufhören immer gleich alles mit Liebe zu verbinden.

"Ich habe den Job bekommen", antworte ich dann immer noch lächelnd.

Ich glaube, ich muss nicht mehr immer erwähnen, wenn ich lächle, oder? Denn ich lächle eigentlich nur noch.

"Freut mich."

Dann sehen wir uns wieder nur schweigend in die Augen. Ich habe das Gefühl, dass jedes Mal, wenn seine Augen auf meine Treffen, das Grün in seinen etwas leuchtet. Kann aber auch Einbildung sein.

Abruptly ➳ Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt