Kapitel 10

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Ich habe Harry jetzt seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Aber ich habe auch Abends nicht aus meinem Fenster geguckt. Leider habe ich das dumme Gefühl, dass ich doch was für ihn fühle. Ich habe erst zwei Mal mit ihm geredet. Wie kann man sich da in jemanden verlieben? Das geht doch gar nicht. Schwachsinn ist das.

"Sometimes feelings abruptly change."

Manchmal ändern sich Gefühle Schlagartig.

Ja, so kann es sein. Muss es aber nicht.
Doch mein Schicksal will es anscheinend so. Ich will nichts mehr von der Liebe hören. Eigentlich. "Aber eigentlich gibt es eigentlich gar nicht", sagt Dany immer. Da hat sie Recht.

Ich bin leider nun auf dem besten Weg, mich in ein neues Liebesabenteuer zu stürzen. Gegen meinen Willen wohlgemerkt.
Wird man diese Sache mit der Liebe eigentlich irgendwann wieder los? Ich schätze nicht. Wieso muss ausgerechnet Harry bei uns gegenüber einziehen? Wieso so ein schöner, makelloser Junge?
Ach komm Mia, das ist doch nicht dein Ernst, verfluche ich mich selber, Du kennst ihn nicht. Wie kann man da von Liebe reden?

Da hat diese kleine Stimme in meinem Kopf wohl recht. Ich schüttele den Kopf um meine Gedanken verschwinden zu lassen.

Ich ziehe mir eine schwarze, enge Jeans, ein weißes Top und einen weinroten Cardigan an und binde mir eine Kette um. Dazu ziehe ich meine weißen Vans an und stecke mein Handy wieder in meine Hosentasche. Dann gehe ich Richtung Bäckerei.

Es wird tatsächlich jeden Morgen etwas kühler. Kein Wunder, es ist schließlich Herbst.

Die Blätter der Bäume liegen am Wegrand. Überall laufen die Menschen mit Schals und Mänteln herum. Ich liebe den Herbst. Außer wenn es regnet. Aber ich liebe es, wenn sich die Blätter goldbraun färben und die Sonne nur leicht scheint. Es hat so etwas gemütliches.

Nach einigen Minuten komme ich in der Bäckerei an. Ich stoße die Tür auf und gehe ins Lager. Dort begrüße ich Helga.

"Ah, Mia. Gut, dass du kommst. Wir bekommen gleich einen neuen Probearbeiter. Es ist ein 20-jähriger Junge. Ich denke, er wird es gut machen. Er war sehr sympathisch."
"Cool. Endlich nicht mehr alleine arbeiten."

Tja. Hätte ich gewusst, wer es wird, hätte ich mich dann auch so gefreut? Ich weiß es nicht. Ich binde mir meine Schürze um. Da noch keine Kunden da sind, lasse ich die Handschuhe noch aus.

Ich binde mir meine langen Haare zu einem Zopf und stelle mich mit Helga hinter die Theke und räume die Brötchen in die Regale.

Plötzlich höre ich, wie die Tür mit einem Glöckchenklingeln aufgeht. Ich stehe mit dem Rücken zur Tür, da ich gerade noch die Brötchen einräume.
Als ich mich kurz umdrehe, um zu sehen, wer gekommen ist, fällt mir vor Schreck das Brötchen runter. Ich lasse es liegen und halte den Blickkontakt mit dem Kunden.

Erst, als ich mich langsam wieder fange und mit einem kurzen ,,'tschuldigung" das Brötchen wieder aufhebe, unterbreche ich den Blickkontakt.

Harry.

Harry steht vor mir und möchte anscheinend Brötchen kaufen. Okay, ganz ruhig bleiben. Solange er nur etwas kaufen möchte, ist alles in Ordnung.

Ich schmeiße das Brötchen in den Mülleimer und richte meinen Blick auf Harry, der noch vor der Theke steht. Helga sagt freundlich:

"Da bist du ja. Komm' bitte mit ins Lager, da zeige ich dir alles."

Mein Mund bleibt offen stehen. Vitte was?! Harry. Mein neuer Arbeitskollege. Das ist doch nicht Helga's Ernst! Bitte, bitte nicht. Dann werde ich Harry zwei Wochen lang jeden Tag sehen und die Chance, dass ich mich doch noch verliebe, ist noch höher.

Harry und Helga gehen nach hinten und ich bin allein vorne. Schnell hole ich mein Smartphone heraus und schicke Dany auf Whatsapp eine Sprachnachricht. Telefonieren wäre jetzt zu teuer.

"Dany? Du glaubst nicht, wer hier ist! Harry arbeitet heute auf Probe hier und Helga sagte, es sieht gut für ihn aus. Harry! Was soll ich denn jetzt machen? !"

Ich schicke sie ab und stecke mein Handy zurück in die Tasche meines Cardigans. Dann kommt Harry ohne Helga zurück. Er lächelt kurz etwas nervös und sagt:

,,Hey, ich wusste gar nicht, dass du hier arbeitest."

,,Hm, ja tue ich aber. Siehst du ja." Ich lächle auch und stecke meine Hände in die Taschen meines Cardigans. Ich kaue ein bisschen auf meiner Unterlippe herum und stelle mich dann auf die Zehenspitzen, dann wieder auf die Fersen, Fußspitzen und so weiter. Wieso werde ich denn jetzt so nervös?

Harry muss auch denken, ich sei bescheuert, also stelle ich mich wieder normal hin. Und dann stehen wir einfach nebeneinander hinterm Tresen und warten auf die ersten Kunden.

Als ein alter Opa kommt und ein Brot kaufen möchte, sage ich zu Harry: ,,Das machst du jetzt. Dann sehen wir mal, wie gut oder schlecht du das kannst." Ich grinse. Harry bedient den Kunden und kassiert das Geld.

Er macht sich wirklich gut. Soll ich mich jetzt freuen, oder lieber heulen?
Nachdem der Kunde (zufrieden) gegangen ist, sind wir wieder allein.

Helga ist irgendwo im Lager.

,,Und, wie war ich?", fragt Harry grinsend. Es bilden sich wieder diese unfassbar süßen Grübchen auf seinen Wangen.

Ich lache: ,,Bis jetzt ganz gut." Irgendwie macht es auch Spaß, mit Harry zu arbeiten. Er ist ein lebensfroher Mensch, wie ich im Laufe des Vormittages bemerke. Und er hat viel Sinn für Humor. Helga beschließt, Harry einzustellen und fragt mich, ob ich einverstanden bin. Ich zögere kurz. Doch dann lächle und nicke ich. Wir binden unsere Schürzen ab und ziehen die Gummihandschuhe aus.

Harry bekommt sie erst nicht selber aus. Er ächzt und versucht sie erfolglos abzubekommen.
,,Kannst du mir helfen? ", fragt er dann schmunzelnd. Ich lache und helfe ihm schließlich.

"Danke", strahlt er wie ein kleiner Junge , der an Weihnachten ein Spielzeugauto geschenkt bekommt. Okay doofer Vergleich.

Ich lache noch mehr. Es sieht einfach echt lustig und niedlich aus, wie er so eine Fratze zieht.
,,Was lachst du?", fragt er schmollend.

,,Nichts, nichts. Ich fand es nur amüsant, wie du versucht hast, deinen Handschuh auszuziehen." Ich beiße mir auf die Lippe, um nicht noch mehr zu lachen. Harry grinst dann doch und packt seine Sachen zusammen. Bevor er geht, bleibt er kurz stehen und sieht mich ausdruckslos an.

Abruptly ➳ Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt