Kapitel 45

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"Warum muss mir eigentlich immer so etwas passieren? Darf ich nie glücklich sein?"

Diese Frage habe ich mir so oft in den letzten Tagen gestellt. Und ich habe immer noch keine Antwort darauf.

Aber ich habe keine Wahl. Keine andere Möglichkeit, als zu warten. Warten darauf, dass mein Freund in zwei Wochen aus England wieder her kommt. Wenn auch nur übers Wochenende. Meine Eltern fanden es okay, wenn ich Montag und Dienstag Zuhause blieb.

Jetzt ist Dienstag Abend. Gestern war der Tag, den ich nie erleben wollte. Der Tag, bei dem ich nie gedacht hätte, dass ich ihn überhaupt mal erlebe!

Aber ich musste mich ihm stellen. Und ich habe es überlebt. Wenn auch nur knapp.

Ich sehe immer noch Harry's grüne Augen, mit Tränen gefüllt, vor mir, als er durch den langen Tunnel ins Flugzeug gegangen ist. Der Moment in dem alles in mir zusammenbrach, ich auf den Boden sackte und weinte. Der Moment, in dem Dany und Zayn meine Hand gehalten haben und ich trotzdem weiter weinen durfte.

Was hätte ich ohne sie gemacht? Wäre ich dann wieder in so ein Loch gefallen, wie damals bei Hendrik, und wäre nie wieder herausgekommen? Ich weiß es nicht. Aber ich will es auch nicht wissen.

"Schatz? Möchtest du Tee?", kommt es durch meine Zimmertür.

Ich sitze zusammengekauert auf meinem Bett, eine Decke um mich geschlungen und mein Handy in der Hand. Die Tür öffnet sich, ohne, dass ich etwas gesagt habe, und Mama kommt herein. Sie sieht mich mitfühlend an und setzt sich neben mich aufs Bett. Ich sehe weiterhin gerade aus an die Wand. Oder auch nicht an die Wand. Einfach nur Löcher in die Luft.
Sie reicht mir die Tasse mit dem Tee von dem sie eben gesprochen hatte und ich nehme sie dankbar an. Ich fühle mich elendig. Wie soll ich in der Schule morgen normal denken können? Ich werde alle Arbeiten in den Sand setzen und vielleicht mein Abi nicht schaffen. Ich werde nie studieren, keine Wohnung bezahlen können, irgendwann alleine unter einer Brücke leben und -... Okay, meine Güte ich werde echt verrückt. Das alles nur wegen Harry. Dem Jungen mit den braunen Locken und den grünen Augen, in den ich vor knapp zwei Wochen hineingerannt bin. Ich schluchze auf, aber es kommen keine Tränen. Sie sind alle weg. Ausgeweint. Futsch. Sie kommen irgendwann wieder, das weiß ich. Aber nicht in den nächsten Tagen.

Am späteren Abend gehe ich dann endlich schlafen. Mit Bauchschmerzen und Herzschmerzen. Davor schreibe ich noch kurz mit Harry und wir sagen uns die ganze Zeit, wie sehr wir uns Lieben. Ich vermisse ihn. So, wie ich noch nie jemanden vermisst habe.

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RING RING, RING RING, RING RING,...

Ich schlage auf meinen Wecker rauf und stöhne gleich darauf laut auf. Ich setze mich kurz auf und als ich realisiere, dass ich gleich zur Schule muss, sinke ich zurück in mein Kissen. Gott! Ich habe keine Lust. Mein Handy klingelt. Dany ruft an, verrät mir mein Display. Ich nehme schnell ab.

"Hey Süße! Du, ich hole dich um halb acht mit dem Auto ab. Dann musst du nicht laufen. Okay?"

Etwas überrumpelt sage ich:

"Äh, ja, gut, danke. Dann bis gleich."

Wie kann sie an einem Morgen um halb sieben so gute Laune haben? Ich verstehe es nicht. Naja, gut, kann auch daran liegen, dass sie glücklich mit Zayn zusammen ist und ich nur so ein Trauerkloß im Moment bin. Okay, ich muss das echt ändern. Aber nicht jetzt. Jetzt muss ich erstmal los. Ich gehe duschen, ziehe mir etwas an, frühstücke und gehe dann vor die Tür um auf Dany zu warten. Sie steht schon in ihrem roten Mini am Straßenrand.

"Heeey! WIe geht's dir?", fragt sie, als sie mich umarmt.

"Hm, naja, wie schon?", seufze ich und steige gleich darauf in ihr Auto ein. Ich schnalle mich an und wir fahren los zur Schule. Die Fahrt verläuft etwas schweigsam. Vermutlich merkt Dany, dass mit mir nicht so viel anzufangen ist. Ich schaue aus dem Fenster. Häuser, Wald, Rasen und noch mehr Häuser.

Ehrlich gesagt, spiele ich seit gestern Abend mit dem Gedanken, nach London zu fliegen. Aber ich kann mir das gleich wieder aus dem Gesicht wischen, denn meine Eltern würden es nie erlauben und ich kenne mich dort nicht aus. Aber ich kann nicht ohne... H. leben!

"Alles wird gut. Er kommt doch schon in zwei Wochen wieder her", beruhigt Dany mich.

"Ja, aber ... Dann ist er wieder für eine lange Zeit weg. Ich packe das einfach nicht. Was glaubst du, wie es mir Sonntag gehen wird. Wenn , du weißt schon wer, wieder verschwindet. Ich dachte, ich werde dem Allen stand halten, aber das tue ich nicht. Ich fühle mich wie ein Haus aus Karten. Wenn man eine Karte herauszieht, bricht das ganze Haus zusammen."

"Ich verstehe das. Aber du darfst nicht daran zerbrechen. Sehe es positiv: Du kannst dich so besser auf die Schule konzentrieren..."

"Ja eben nicht!", unterbreche ich sie, "Wenn er hier wäre, könnte ich ihn nach der Schule sehen und müsste nicht die ganze Zeit an ihn denken. Aber so... Ich denke immer daran, was er in London wohl gerade macht."

Wir steigen aus dem Auto aus, denn Dany ist auf ihrem Stammparkplatz angekommen und hat geparkt.

"Ich will jetzt nicht mehr darüber reden", meine ich auf dem Weg nach drinnen. Dany nickt verständnisvoll und umarmt mich kurz. Dann gehen wir in unseren Klassenraum, der im zweiten Stock liegt. Wie ich diesen Geruch nach Schule hasse! Allein er verbreitet mir schon Kopfschmerzen. Wir lassen uns auf unsere Plätze fallen und holen unsere Unterrichtssachen heraus.

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Nach der sechsten Stunde verlassen wir gemeinsam das Gebäude und kehren zu Danys Auto zurück. Fast genauso schweigsam, wie der erste Teil der Hinfahrt verlaufen ist, fahren wir wieder zurück.

"Soll ich noch mit reinkommen?", fragt Dany, als sie vor meinem Zuhause Halt macht. Ich schüttele den Kopf und umarme sie.

"Nicht nötig. Danke fürs Fahren. Bis morgen!", sage ich.

"Ich hole dich ab jetzt jeden Morgen ab, okay? Euer Haus liegt ja sowieso auf meinem Weg. Bis morgen."

Ich nicke lächelnd und knalle die Autotür zu. Dann hüpfe ich die Stufen zur Haustür hoch und schließe auf. Ich hänge meine Jacke an den Haken und stelle meine Schuhe in die Ecke. Dann gehe ich in die Küche zu Jonas, der bereits am Herd steht.

"Na du, wie war die Schule?", fragt er grinsend.

" *seufz* Wie immer. Du hast nicht zufällig Geld, um mich nach London zu fliegen? Du bist über 18, also dürftest du mich theoretisch mitnehmen."

"Mia! Du machst in ein paar Monaten dein Abitur! Und wenn schon... Deine Eltern würden ausflippen."

Jonas sieht mich etwas mitleidig an und lächelt dann kurz. Ich stöhne auf und setze mich an den Tisch auf einen Stuhl. Es interessiert mich nicht einmal, was Jonas kocht. Es riecht lecker, klar, aber so recht Hunger habe ich nicht...

Abruptly ➳ Harry StylesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt