Kapitel 15 - Stimmung im Kerker

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Wie sich herausstellte, war Sherlock Holmes ein Detektiv, also so etwas wie ein Auror der Muggel. Ich fand den Film echt gut und auch Dean schein seinen Spaß zu haben. Er zeigte mir auch den Rest des Essens, der mich aber nicht so sehr begeisterte wie das süße Popcorn. Ich müsste es mal den Hauselfen zeigen, damit es das nun öfter geben könnte. Durch ihn kannte ich nun Chips – frittierte Kartoffelscheiben in verschiedenen Geschmacksrichtungen, Cracker – salzige Kekse - und noch einiges mehr. Fast den ganzen Film über hatte ich mich durch all das Essen durchgefuttert und -probiert. Besonders an den spannenden Stellen. Dementsprechend übel war mir, als die Leinwand wieder weiß wurde und der Film beendet war.

Dean betrachtete mich mit einer Mischung aus Mitleid, Amüsement und Schuldgefühlen. Er hatte mich schließlich nicht über die hypnotisierende Wirkung von Filmen vorgewarnt. Alles war mir so real vorgekommen, dass ich gelegentlich einfach zu Dean hatte sehen müssen. Sonst hätte ich wohl gar nicht mehr gewusst, wo ich mich befand. Trotzdem war ich mir dank der Ablenkung durch den Film nicht über Deans Hand bewusst gewesen, die sich um meine geschlossen hatte. Verblüfft blickte ich darauf, bis er es bemerkte und sich räusperte.

„Eleonora, ich ... ich habe die Zeit mit dir echt genossen", gestand er zögernd. „Deshalb würde ich mich sehr freuen, wenn wir das wiederholen könnten. Vielleicht könntest du dir dann Treffpunkt und Aktivität überlegen."

Fieberhaft überlegte ich, was ich dazu sagen sollte. Durch Evas Gequatsche hatte ich mich fast schon auf Küsse und eine Beziehung mit ihm eingestellt. Doch danach klangen seine Worte nicht direkt. Sie könnten ebenso auch gegenüber Freunden ausgesprochen werden.

„Ja, klar", stimmte ich zu, obwohl ich nicht wusste, wozu denn überhaupt. Freundschaft oder Beziehung. „Dann mach dich schon mal auf etwas gefasst."

Er grinste und ging schließlich gemeinsam mit mir in den Gryffindorgemeinschaftsraum. Dort verabschiedeten wir uns mit einer Umarmung und gingen zu unseren jeweiligen Freunden. Eva zog mich nach oben in unser Zimmer und zwang mich, jedes kleine Detail preiszugeben. Als ich geendet hatte, wusste auch sie nicht, wie ich Deans Worte zu interpretieren hatte. Vielleicht wollte er tatsächlich nur mit mir befreundet sein, auch wenn Evas Meinung nach genug dagegen sprach. Am Schluss unseres Gesprächs stand für mich nur fest, dass wir das nächste Mal ganz dringend unsere Beziehung zueinander definieren müssten.

Leider hatten wir in nächster Zeit alle Hände voll mit Hausaufgaben und Lernen. Die meiste Zeit verbrachten Eva und ich entweder in der Bibliothek oder im Gemeinschaftsraum über dicken Wälzern brütend. So gesehen geschah es Draco nur recht, wenn er das Quidditchtraining nun mit seinen Hausaufgaben unter einen Hut bekommen musste. Lucius würde bestimmt keine Ausreden für schlechte Noten zählen lassen.

Während der Astronomiestunden hatte ich leider festgestellt, dass ich fast alles, was ich letztes Jahr über Planeten und ihre Anordnungen gelernt hatte, über die Ferien wundersamerweise aus meinem Kopf gewandert war. Umso länger saß ich daher im Gemeinschaftsraum und lernte alles über Planetenkonjugationen, was ich finden konnte.

Nicht nur einmal schlief ich dabei über meinen Aufzeichnungen ein und auch tagsüber gähnte ich mehr als gewöhnlich. Einmal schreckte ich hoch, nur um festzustellen, dass ich als Einzige im dunklen Gemeinschaftsraum saß. Eva war schon früh zu Bett gegangen. Von draußen leuchtete der Mond herein und tauchte das Zimmer in ein unwirkliches, silbernes Licht.

Doch er war es nicht, der mich geweckt hatte. Stattdessen hörte ich ein Flüstern, das aus dem Nichts zu kommen schien.

Komm zu mir ... lass mich dich in Stücke reißen ... dich töten"

Mit lauter Stimme sagte ich: „Haha, sehr witzig. Ihr könnt jetzt rauskommen, Fred und George!" Keiner der beiden roten Haarschöpfe tauchte auf. Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Wenn sie es nicht gewesen sind, wer war es denn dann? Ich musste mir bestimmt etwas eingebildet haben, kein Wunder, wenn ich so wenig schlief. Auf jedes kleinste Geräusch lauschend wickelte ich mich enger in meinen Umhang und griff meinen Zauberstab. Eine Eule kreischte vor dem Fenster laut auf. Ich schrak zusammen. Dann schalt ich mich selbst für meine Angst. Ich war schlicht überarbeitet und mir würde dieser Zaubertrank, von dem die Jägerinnen der Quidditchmannschaft neulich gesprochen hatte, sicherlich gut tun. Zumindest, wenn er tatsächlich die Gedächtnisleistung steigerte. Nur zu blöd, dass ich mich nicht mehr an den Namen des Ravenclaws erinnerte.

Aber es gab ein weitaus simpleres Mittel gegen Erschöpfung und Übermüdung. Schlaf. Und eben dem würde ich mich nun hingeben.

Am nächsten Morgen erinnerte ich mich kaum noch an die Stimme, die ich in der Nacht gehört hatte. Wozu auch? Sie war reine Einbildung gewesen. Trotzdem fiel es mir schwer, mich im Unterricht zu konzentrieren und so passierten mir immer wieder kleine Unfälle.

Im Verwandlungsunterricht beispielsweise wurde die Spinne nicht zu einem Kamm, wie vorgesehen, sondern wurde groß wie ein Kürbis und bekam etliche zusätzliche Beine. Ron, der in der Reihe neben mir saß, bekam riesige Augen und wich schneeweiß zurück. McGonagall bekam natürlich sofort Wind von dem Vorfall und versetzte die Spinne ganz schnell zurück in ihren Urzustand. Außerdem bedachte sie mich mit einem besorgten Blick und schickte mich für den Rest der Stunde zu Madam Pomfrey.

Die Krankenschwester glaubte mir natürlich nicht, dass mir nichts fehlte, sondern bestand darauf, mich einmal gründlich zu untersuchen. Deshalb kam ich auch erst zum Zaubertränkeunterricht zurück zu den anderen. Madam Pomfrey hatte mir einen Trank gegen die Erschöpfung mitgegeben und mir das Versprechen abgenommen, ihn regelmäßig einzunehmen. Durch den kleinen Ausflug hatte ich den Verteidigungsunterricht bei Lockhart verpasst, worüber ich mich nun nicht gerade traurig war.

Beim Betreten des dunklen Kellerraums stellte ich fest, dass mein üblicher Sitzplatz neben Eva schon von Neville besetzt war und auch neben Dean war keine freie Feuerstelle. So ließ ich mich leicht seufzend neben Hermine nieder und begann mit dem Brauen. Der heutige Trank sollte gegen die Bisse von Feen helfen. Warum auch immer Feen zubeißen sollten...

Severus hatte mein leicht verspätetes Eintreffen stumm zur Kenntnis genommen und war zu Harry hinübergegangen, um seine Schnitttechnik von Löwenzahn zu kritisieren. Erst als Hermine „Doch nicht unzerkleinert hinzugeben! Außerdem hast du noch gar keine Froschzehe reingetan!" rief, stürmte er wie eine schwarze Gewitterwolke auf uns zu.

„Miss Black, wissen Sie, was passiert wäre, wenn Sie diese Stinkmorcheln einfach so hinzugegeben hätten?", wollte er in dem Tonfall wissen, den er normalerweise nur bei Nevilles dümmsten Fehlern einzusetzen pflegte. Dementsprechend war ich auf der Hut und wog meine Worte sorgfältig ab.

„Er hätte eine gelbe Färbung angenommen und wäre in Rauch aufgegangen, Sir", antwortete ich. Draco sagte auf der anderen Seite des Raums irgendetwas Gemeines, woraufhin seine Freunde lachten. Wahrscheinlich freute er sich schon über meine Strafe. Aber eine Strafarbeit würde mich noch mehr Zeit kosten, die ich für das Auswendiglernen von Sternbildern so viel bessern gebrauchen könnte.

„Verraten Sie mir dann bitte, Miss Black", er betonte meinen Namen besonders, „weshalb Sie diesen Zustand Ihres Zaubertranks dem bevorzugen, wie er meinen Anweisungen nach sein sollte?"

„Es tut mir leid, Sir, aber ich habe in letzter Zeit zu wenig Schlaf bekommen. Es wird nicht wieder vorkommen." Das würde es zumindest nicht, wenn ich so hellwach wie gerade eben bleiben würde. Das Adrenalin sprudelte angesichts meines Beinahe-Fehlers geradezu.

Severus zog eine Augenbraue hoch. „Vielleicht sollten Sie dann lieber in den Krankenflügel gehen und sich einen Trank verschreiben lassen."

„Da komme ich ja gerade her."

Mein Pate machte ein unergründliches Gesicht und sagte schlicht: „Kommen Sie nach der Stunde zu mir. Dann besprechen wir Ihre Strafe."

Er drehte sich mit flatterndem Umhang wieder um und rauschte zu Neville, der angespannt zugesehen hatte und daher vergessen hatte, seinen Trank umzurühren. Regelmäßig stoben Rauchwölkchen daraus empor.

„Wenigstens hat er dir keine Punkte abgezogen", zischte Hermine mir von der Seite zu. Als ob das das Wichtigste sei.

Eleonora Black und Slytherins Erbe ∥ Ⅱ ∥ AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt