Ich ließ meine Hand sinken, statt vorsichtig Mrs Norris anzustupsen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte. Hinter mir hörte ich Fußgetrappel und dann einen unterdrückten Schrei. Als ich herumfuhr, starrte ich direkt in die erschrockenen Gesichter von Harry, Ron und Hermine. Alle drei blickten von dem Schriftzug, der Katze, Dean und mir hin und her, als könnten sie nicht feststellen, was der schlimmere Bestandteil des Szenarios war.
Hermine öffnete den Mund, um etwas zu sagen, brachte aber nichts heraus. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und klappte den Mund wieder zu. In einer anderen Situation hätte ich mich über ihre Sprachlosigkeit lustig gemacht, weil ihr das sonst nie passierte. Jetzt allerdings konnte ich ebenfalls nur dastehen und gucken.
Um uns herum ertönte das Getrappel unzähliger Füße. Schon bogen die ersten Schüler um die Ecke und erblickten uns und Mrs Norris. Sie blieben wie angewurzelt stehen, auch wenn sich einige nach vorne drängelten, um eine bessere Sicht zu haben. So etwas wie allgemeines Getuschel setzte ein, durchbrochen von einem einzigen Ruf. „Feinde des Erben, nehmt euch in Acht! Ihr seid die Nächsten, Schlammblüter!" Er stammte von keinem geringeren als Draco persönlich, der grinsend von einem zum anderen sah. Ihm schien die ihm dargebotene Szene als einzigem zu gefallen, er genoss geradezu die Angst und die Verwirrung der anderen Schüler. Ganz besonders meine, wurde mir klar, als er mich direkt mit seinen kalten Augen ansah und fies grinste. Mir ging auf, dass ich nun ganz andere Probleme haben würde als Deans und meine Beziehung, die öffentlich werden könnte.
„Was ist hier los?", fragte eine Stimme hinter den Schülern. „Lasst mich durch, ihr Mistbälger!"
Filch, der Hausmeister, schob sich durch die Schülermassen. Er entdeckte seine Katze und mich, wie ich am nächsten bei ihr stand. Seine Augen quollen noch mehr hervor als sonst und er streckte seine knochigen Arme in meine Richtung aus. „Du hast meine Katze ermordet! Du! Und jetzt bringe ich dich um! Ich bring dich-"
Eine Stimme unterbrach ihn. „Argus!" Es war der Schulleiter, der mit einigen Lehrern im Schlepptau auftauchte und sich alles genau besah. Er schritt mit wallenden Gewändern und Haaren an mir vorbei und holte Mrs Norris vom Fackelhalter.
„Argus, kommen Sie mit", sagte er, aber es klang nach einem Befehl. „Sie fünf ebenfalls."
Lockhart trat vor und machte ein geschäftiges Gesicht. „Mein Büro ist am nächsten, Direktor, nur die Treppe hoch. Ich stelle es Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung."
Dumbledore nahm das Angebot an und scheuchte uns mehr oder weniger vor sich her. McGonagall, Lockhart und mein Pate folgten. Letzterer warf mir einen enttäuschten Blick zu. Er hatte es nicht gerne, wenn ich mir Ärger einhandelte, aber da ging es ihm nicht anders als mir. Hatte ich mir nicht noch vorgenommen, nichts anzustellen? Tja, da war ich nun im Büro eines egomanen Lehrers, zusammen mit vier Mitschülern, dem Schulleiter, meiner Hausleiterin, dem Hausmeister und meinem Paten. Der würde sich aber niemals für mich einsetzen, wenn das eine Strafmilderung für Harry zur Folge hatte. Er sah ihn viel zu gerne leiden. Die gemalten Lockharts in den Portraits rannten schnell aus ihren Bildern, wobei sie die grellbunten Lockenwickler mit Händen verdeckten. Dumbledore untersuchte die starre Katze auf dem Pult im Kerzenschein, während wir Schüler uns möglichst weit weg setzen. Als würde uns die Dunkelheit verbergen und vor Strafen bewahren.
Lockhart nutzte die Stille, die bis aufs Filchs Schniefen in der Ecke, herrschte, um sich mal wieder aufzuspielen. Er warf sich in die Brust. „Ich sage, es ist eindeutig ein Fluch, der sie erledigt hat. So etwas bin ich schon häufig begegnet, deshalb würde ich auf die Transmutationstortur tippen, deshalb ist Ihre Untersuchung reine Zeitverschwendung, wenn ich das so sagen darf, Direktor." Dumbledore ignorierte ihn, ebenso wie jeder andere. Lockhart machte kurz ein beleidigtes Gesicht, doch dann war sein Grinsen wieder da. „Aber Sie können sie natürlich auch noch weiter untersuchen, es wird aber eben nur peinlicher für Sie. Sonst wird es womöglich noch heißen, dass ich ein besserer Zauberer bin als Sie." Er lachte laut und aufgesetzt, aber als niemand einstimmte, rümpfte er pikiert die Nase.
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Eleonora Black und Slytherins Erbe ∥ Ⅱ ∥ Abgeschlossen
FanfictionEleonoras zweites Jahr auf Hogwarts beginnt. Nachdem sie letztes Jahr mehr oder weniger erfolgreich Voldemort aufgehalten hat, steht ihr nun ein weiteres Jahr voller Abenteuer bevor. Dabei hatte sie sich doch eigentlich so fest vorgenommen, nichts V...