Herr der Flammen

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Rote Augen leuchteten aus der Dunkelheit. Sofort verschlang sie alles, was hinter den Amethysten lag. Das Licht, mit dem die Felsdrachen lebten. Das Licht der Steine, die noch aus der Zeit der Schöpfer stammten.
Der Wächter schwieg.

"Khan? Diese Steine. Kannst du mir mehr erzählen?" Lyn sah auf und das Licht schien sie zu umhüllen. So, als sei sie selbst ein Spiegel, der das Licht verstärkte.
"Amethyste. Sie sollen ein Geschenk der Schöpfer sein.", begann er und betrachtete die Kristalle. "In ihnen wohnt starke Magie, darum leuchten sie. Nur die Felsdrachen können sie aber wirklich verstehen. Und nutzen. Für uns sind sie wertlos, aber wunderschön."

"Wertlos." Die Stimme ließ die Wände der Höhle beben. Sofort wandte der Wächter sich wieder dem weiteren Tunnel zu. Die roten Augen glühten heller.
"Wertlos aber nicht nutzlos, Wächter. Wessen Magie fügte die südlichen Inseln deinem Reich hinzu?"
Vorwürfe schwangen in der dumpfen Stimme mit. Vorwürfe, vergessen zu sein.
"Du hast recht.", lenkte Khan ein. "Nicht nutzlos. Doch dies ist die einzige Verwendung außerhalb eurer Berge."

Wieder machte sich Stille breit. Sie erdrückte den Schwarzen beinahe. Dazu die verschlingende Dunkelheit. Khan fühlte sich an diesem Ort nicht wohl. Die Nebel waren eine andere Erfahrung. Nicht so erdrückend und in dem Wissen, dass lediglich Luft darüberlag - kein Berg.

"Hahaha..." Das Lachen klang wie Steine, die aneinander rieben. Erneut bebte die Höhle und kleine Splitter von Kristallen rieselten mit Staub von der Decke. Khans Anspannung stieg.
"Eine gute Antwort, Herr der Lüfte, und eine wahre. Nun, berichtet mir doch, was sich zugetragen hat und was ihr hier wollt."

"Du weißt nicht, was außerhalb deiner Höhle passiert?", fragte Lyn überrascht, worauf der Wächter sofort korrigierte: "Nein. Ich weiß nicht, was außerhalb meines Volkes geschieht. Nichts dort, betrifft uns."
"Lyn.", flüsterte der Schwarze und das Drachenblut wandte sich um. "Die Felsdrachen wurden von ddn Schatten aus ihren Höhlen getrieben. Das Sonnenlicht zerstörte ihre Augen, denn es wiedersprach ihrer Natur im Licht zu leben. Nach dem Sieg zogen sie sich wieder zurück, gruben ihre Gänge tiefer und wurden nicht mehr gesehen. Selbst von ihrem Wächter kannst du nicht erwarten, dass es ihn interessiert."

"Wieder spricht er die Wahrheit.", stimmte der Teragon zu. "Dennoch kannst du ruhig nähertreten und mir von den Geschehnissen berichten."
Khan nickte und Lyn trat vor. "Wächter der Berge...", begann sie. "Bereits lange Jahre jagen die Mig die Drachen, seit sie über das Meer kamen. Nun findet sich endlich die Möglichkeit, die Jäger in ihre Schranken zu weisen und den Drachen zur Freiheit zu verhelfen. Wenn auch Euer Volk einst aus ihrer Heimat vertrieben wurde, dann versteht Ihr sicher unsere Gründe.
Unsere Anwesenheit in Eurem Zuhause hat den Hintergrund, dass ich als Drachenblut um Euren Segen bitten möchte. Ich bitte um den Segen, die verborgenen Kräfte zu erwecken."

"Drachenblut?", unterbrach der Wächter, sprach das Wort langsam und bedächtig aus. "Ja. Ich erinnere mich. Doch auch, dass du im Kampf gegen den Getreuen fielst."
"Die Magie des Drachenbluts wurde ein Teil der Welt, genau wie die Wyvern und Basilisken.", erklärte Khan an Lyns Stelle.
Der andere Wächter brummte. "Ein Teil der Welt also. Ich verstehe. Dann brauche ich mich nicht vor dir zu verstecken, Drachenblut."

Die Dunkelheit hinter den Amethysten begann sich zu lösen, als kleine, rote Lichter sich erhellten. Khan blinzelte und bedeckte die Augen mit einer Klaue, während das Licht wuchs und die Schatten vertrieb.
Es dauerte nicht lang, bis der Wächter bat: "Nun, Drachenblut, ich bin bereits viele Jahre hier und viele Jahre blind. Sag, wie sehe ich aus."
Lyn wartete einen Moment, dann antwortete sie: "Du erscheinst mir wie ein Aqagon, eine Schlange. Doch dein Körper ist aus Stein, ebenso deine Augen. Und genau wie diese ist jeder Felsen, der einen Teil deines Körpers bildet, mit leuchtenden Rubinen besetzt."

"Ah. Schön zu hören, dass ich mich nicht verändert habe." Wieder lachte der Wächter. "Ich hatte bereits so lange keinen Besuch mehr. Es ist schön, euch hier zu wissen."

Nun erkannte Khan auch, dass der Wächter in einer riesigen Höhle lag, diese jedoch fast vollständig mit seinem Körper ausfüllte. Der Gang zur Höhle war auch nicht klein. Über seinem Kopf hätte Leena mit Leichtigkeit noch fliegen können.

"Nimm meinen Segen, Drachenblut, und befreie die Drachen." Die Rubine in den Augen blickten in die Leere, als Lyns Rücken rot aufleuchtete und das Drachensymbol ein weiteres Mal erschien. "Dies ist meine Hilfe, Drachenblut. Doch mein Volk wird diesen Kampf nicht führen. Die Felsdrachen werden nicht kämpfen und keine Seite wählen."
"Ich verstehe. Anhand eurer Geschichte hatte ich auch nichts anderes erwartet.", sagte sie ruhig und legte die Hand auf die Schulter. "Dennoch... womöglich könntest du dein Volk überzeugen, zumindest die Verwundeten zu behandeln. Es wird einige geben."
"Ich werde dies bedenken." Der Wächter brummte. "Nun ist es am Ältesten, dich zu befreien. Doch nimm dich in acht vor dem, was ihr befreit. Ein Drache hat Feinde und das Drachenblut ist nicht unbesiegbar."

Irritiert sah sie zu Khan, doch auch er fand die plötzliche Verhaltensänderung merkwürdig. Diese letzten Worte hatte beinahe etwas prophetisches, als enthielten sie eine Warnung für die Zukunft.
"Werden wir.", bestätigte der Schwarze daher einfach. Er wollte diesen Ort so schnell es geht verlassen. "Außerdem danken wir dir, Herr der Berge."
"Herr der Flammen.", korrigierte der Felsdrache.

Die beiden nickten noch einmal, dann verabschiedeten sie sich. Während sie die Höhle verließen verlosch das Licht des Wächters und er verschwand in der Finsternis.

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