Hoffnung

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Sie wartete in der Höhle, den Blick auf den Eingang gerichtet. Schnell zuckten zu Pupillen, als er in ihr Sichtfeld kam und verfolgten die sanfte Landung.
Lyn hatte die Flügel angelegt, doch ihre Schuppen ließen die Höhle erstrahlen. Am Handgelenk trug sie ein feines Band, besetzt mit strahlenden Amethysten. Ein Geschenk der Felsdrachen, wie er vermutete und dabei staunte er auch. Immer wieder war es bemerkenswert, wie sie derart feine Gegenstände ohne Klauen und Krallen fertigen konnten.

"Machst du dich bereit?", fragte er. Eine rhetorische Frage. Natürlich tat sie das, warum sonst sollte sie das Schwert in ihrer Hand wiegen.
"Ja. Aber wo warst du? Ich dachte schon, du lässt uns allein."
"Niemals.", verteidigte er sich schnell, dann deutete er auf die Klinge in ihrer Hand. "Woher hast du das?"
Sie folgte kurz seiner Kralle mit dem Blick. "Von Leena. Sie sagte, ich könne es besser gebrauchen."

"Sie ist weise. Doch ich bitte dich diese Klinge niederzulegen."
"Was?" Irritiert sah sie ihn an, dann das Schwert. Sie seufzte. "Na gut." Auf einem flachen Felsvrsprung legte sie es ab und kam zum Eingang der Höhle.
"Weil ein Drache keine fremde Klinge benutzt?"
"Nein. Woher stammt denn der Name der Klingendrachen?" Er schüttelte den Kopf und setzte die zweite Klaue auf den Boden. Noch immer darin verschlossen lagen die Artefakte, bewahrt von den Basilisken, geschaffen von den Schöpfern.
"Dies hier sollen deine Waffen sein.", offenbarte er und öffnete die Klaue.

Stumm, jedoch beeindruckt starrte das Drachenblut auf das Schwert und den Schild. Dieser war inzwischen stark geschrumpft und war nur noch so hoch wie sie.
"Die sind ja... wunderbar." Sie griff den Schwertgriff und hob es an. Leicht bewegte sie es durch die Luft und balancierte es auf der Handfläche. "Und so leicht. Fast wie eine Feder." Schnell drehte sie sich und ließ die Klinge gegen einen Stein schlagen. Der Felsen wurde sofort glatt durchtrennt.
"Es heißt Eiszahn und wurde aus dem Zahn des Schöpferdrachen gefertigt. Nur das Drachenblut kann diese Klinge führen - außerdem ist es dir unmöglich, es zu verlieren.", erklärte er.
Sie lächelte. "Danke. Und der Schild?" Sie legte das Schwert zu Boden und nahm die Schuppe in beide Hände. "Es ist auch so leicht. Und wunderschön. Fast zu schön, um es zu verwenden."
"Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es besteht aus der Schuppe des Feuer-Schöpferdrachen. Sein Name ist Glutlicht. Keine Waffe kann ihm einen Schaden zufügen. Außerdem passt es sich an die Wünsche des Trägers an."
"Und nur das Drachenblut kann es führen?"
"Nein. Wenn du willst, dass es jemand anderes nutzt, dann kannst du das. Jedoch nur freiwillig..."
"... ich kann es nie verlieren.", beendete sie und nickte. "An den Wunsch des Trägers also..." Leise murmelte sie etwas unverständliches, schloss die Augen und die Schuppe begann zu leuchten. Schnell schrumpfte sie und lag zum Schluss in Form eines kupferfarbenen Rings in ihrer Hand.
"Was denkst du?" Sie zog ihn sich über die mittlere Kralle, schloss die Klaue und der Schild erschien sofort vor ihr.
"Bemerkenswert.", lobte er und nickte. "Du erinnerst mich sehr an das erste Drachenblut. Du bist mindestens so entschlossen."

Kurz lächelte sie, dann jedoch legte ihr Blick sich auf die weiße Klinge. "So dachtest du über es? Auch, als es dich getötet hat?"
Er brummte und begann nachzudenken. Wann hatte er angefangen, so über das Drachenblut zu denken? War es nicht über viele Kämpfe sein persönlicher Feind? Aber durfte man seinen Feind nur deshalb nicht bewundern? War man wirklich gezwungen, nie etwas anderes als den Feind zu sehen?
Er schüttelte den Kopf. Nein, damals hatte er das Drachenblut zwar als Ärgernis betrachtet, doch im Innersten war immer dieser Wunsch, seinem Weg zu folgen. Die Draco und Drachen nicht als Feinde sondern als Freunde zu sehen. Die Schatten waren fort aus der Welt und die Drachen hatten überlebt. Wäre es auch ihm möglich gewesen? Möglich, mit den Drachen zu leben, wenn er den Schattenkönig verlassen hätte?

"Ich hatte viel Zeit nachzudenken. Irgendwann habe ich wohl diese Meinung über das Drachenblut gefasst." Khan senkte den Kopf. "Ich hoffe sehr, du verzeihst mir seinen Tod."
"Habe ich schon längst." Die Schuppen ihrer Hand zogen sich zurück und ruhig legte sie diese auf seine Nase. "Du bist nicht mehr die rechte Hand des Schattenkönigs. Du bist Khan. Wächter der Lüfte. Mein Freund. Dein früheres Leben gibt es nicht mehr." Sie legte die Stirn neben ihre Hand. Eine wohlige Wärme durchströmte ihn, weckte seine durch den langen Flug müden Muskeln und gab ihm Mut und Hoffnung. Hoffnung, auf ein Leben ohne Jäger.

"Danke Lyn. Das von dir zu hören, ist das Schönste. Ich werde an deiner Seite sein, solange es uns vergönnt ist."
Einen Moment blieben sie so, doch dann drang ein Ruf zu ihnen und Lyn löste die Verbindung.
"Es ist soweit. Wir brechen auf.", stellte sie fest und griff nach dem Schwert. Das Heft glühte in ihrer Hand, als wisse es selbst von der bevorstehenden Schlacht.
"Ja. Das tun wir.", bestätigte der Wächter und breitete die Flügel aus. "Ich folge dir, Drachenblut. Flieg voran."

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