"LASS KHAN IN RUHE!"
Erschrocken sah er auf. Aus der Brust des Jägers ragte eine leuchtend weiße Klinge hervor. Schatten brachen um die Klinge herum heraus, doch das Licht ließ sie sich nicht mehr materialisieren. Sie wurden zu Rauch und verschwanden in der Luft.
Die um liegenden Schatten bemerkten das. Ruckartig zogen sie sich zur Quelle hin zusammen und umhüllten den Jäger. Kein Ton drang durch den schwarzen Kokon, den immer kleiner wurde.Es dauerte einen Moment, bis Kahn verstand, was vor sich ging. Als der Herr der Schatten den Drachen getötet hatte, hatte er sich auf ihn konzentriert. Die Schatten waren kein Teil von ihm. Vor Jahrtausenden hatte er sie sich unterworfen. Die Schatten waren das Gegenstück zu Licht und Leben, nicht der, der sie kontrolliert.
Als der Drache starb verflog der Zauber um Lyn. Devian hatte sie schon eine Weile ignoriert, erkannte in ihr wahrscheinlich keine Bedrohung mehr. Sie musste aufgestanden sein und auf den richtigen Moment gewartet haben."LYN!", brüllte Khan auf den Wirbel zu, doch die Schatten gaben nicht nach. Dafür aber die magischen Ketten. Sie verflüchtigen sich in rotes Licht. Dies war wohl ein Zauber des Roten gewesen.
Er schlug mit der Klaue in den Wirbel hinein, doch glitt hindurch wie durch Wolken. Er fauchte. Die Schatten hatten niemals beide so schnell aufgelöst. Er glaubte es nicht und wollte es auch nicht wahrhaben. Gerade jetzt, wo er seine Hoffnung wiedergefunden hatte.
"LYN!", wiederholte er. "Lass sie nicht an dich ran! Wen die Schatten verschlingen kommt nie in Rajus Nebel. Lass dein Licht sie durchbrechen!"Der Wirbel wurde schneller. In der Halle riss der Wind an den Wänden, brach Steine heraus und schleuderte sie herum. Einige trafen auf die schwarzen Schuppen und zersplitterten, andere trafen aneinander und zerbrachen. Aus dem Trümmersturm wurde schnell ein Staubsturm und Khan musste die Augen schließen.
So hörte er nur, wie das Dach fortgerissen wurde und der Sturm weiter wuchs. Regen peasselte in die Ruinen der Festung, in dessen Zentrum noch immer Khan saß und nun endlich wieder sehen konnte."LYN!", brüllte er verzweifelt und stieg in die Luft. Er kämpfte mühsam gegen den Sturm, während der Wind ihn aus seiner Flugbahn drängte. Tiefer drang er durch den Staub, das Ziel die Schatten zu erreichen ließ er sich nicht nehmen. Es mochten noch so viele Steine gegen ihn schlagen, keiner durchdrang den Panzer.
"Lyn!" Immerwieder rief er gegen den Sturm. Ihr Name wurde zu einem Mantra im Kampf. Er musste sie aus den Schatten befreien, bevor sie sie verschlingen konnten - oder Devian es irgendwie schaffte die Kontrolle zurückzuerlangen. Denn nun waren die Schatten und ihr Herr frei und er kannte das Ziel der Dunkelheit.Seine Flügel begannen schwerer zu werden, je tiefer er sich kämpfte. Über ihm bemerkten auch die Drachen und Jäger das Chaos. Sie eilten davon, fort von dem Sturm. Die Draco rannten ebenfalls so schnell sie konnten in die Wälder. Sie hofften, dort Schutz zu finden, wie schon damals, als die Mig das Land erreichten.
Die Jäger flohen ebenfalls, doch waren ihre Drachen schwach. Der Wind riss an ihnen und zog sie zum Auge des Sturms. Auch jenen Kämpfern am Boden erging es nicht besser. Sie wurden ein Opfer des Sturms und viele von ihnen wurden an den Trümmern oder den Drachen erschlagen. Außer Khan lebte nichts lange dort.Aber er war der Wächter der Lüfte. Die Luft selbst konnte er beugen und als ihm das in den Sinn kam schloss er die Augen. Er begann die Bewegungen der Luft zu spüren. Ihre Stärke. Ihren Duft. Die kurzen Schreie der Mig und Drachen. Dann griff er in seine Magie, leitete die Winde um und bildete einen Tunnel nur wenige Meter lang um ihn herum. Doch gab es keinen Wind und der Kampf war geschlagen. Schnell durchquerte er seinen Tunnel, gebildet aus den Strömungen der Luft, hin zum Auge des Sturms.
Der Kokon hatte sich nicht verändert, doch waren die Schatten in dieser Form, ungebunden und ohne Kontrolle, nicht mehr als Rauch.
Dennoch vorsichtig griff er in die Luft zwischen den Schatten. Ganz leicht teilten sie sich und ließen ihn einen weiteren Tunnel öffnen. Zwischen den wirbelnden Schwaden gab es nichts als noch mehr Finsternis. Er sah nichts als Schatten in dem Ganzen.Mit einer leisen Hoffnung schloss er erneut die Augen, durchsuchte die Magie der Schatten nach etwas, das nicht passte.
Die zunehmende Intensität des Sturms nahm er nur am Rande wahr, dafür benötigte die Suche zu viel seiner Aufmerksamkeit - und nicht umsonst.
"Lyn...", flüsterte er leise. Er streckte die Klaue aus, hinein in die Schatten und griff die Quelle der anderen Magie. Dann zog er sie heraus. Langsam um weder sie noch die Schatten zu erschrecken.In dem Moment, als sie befreit war verklang der Sturm so plötzlich, wie er gekommen war. Trümmer und Leichen regneten zu Boden, der Regen selbst nahm den Staub mit sich.
Reglos lag Lyn in seiner Klaue, Eiszahn fest umklammert in der einen Hand, das weiße Haar wie ein Kranz um ihren Kopf.
"Lyn..." Es war nur ein Hauch, den die Luft trug und er sah auf. Die Schatten wirbelten langsamer. Kein Sturm wurde mehr verursacht.
"Lyn.", wiederholte die Stimme und schien aus den Schatten selbst zu kommen. "Freiheit...", fügte sie an und aus den eben noch schwarzen Schatten wurde eine Kugel aus bunten Lichtfäden. Im nächsten Moment lösten sie sich voneinander und verteilten sich in alle Richtungen.
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Keeper
FantasyIn einer Welt, in der Drachen über den Himmel ziehen wie Vögel, war es immer Lyns Wunsch einmal mit ihnen zu fliegen. Dass die Idylle jedoch nur Illusion ist, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. In einer Welt, in der Drachen über den Himmel ziehen wi...