Grün wie die Hoffnung

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Das Grüne Meer erhob sich vor ihnen. Es schloss nur einer kurzen Grenze zur Wüste an und war das uneinnehmbare Bollwerk des Wald-Teragon. Eine wahre Zuflucht, für die flügellosen Drachen, die Drakar.
Bis weit hinter den Horizont erstreckte sich das grün und die Bezeichnung als endloser Wald traf zu.

"Die östlichen Wälder. Wir sind fast am Ziel.", bemerkte Leena und sank ab. Sie näherte sich den Wipfeln der Bäume und bewies, wie gigantisch diese nach all der Zeit noch waren.
"Unglaublich. Die Bäume sind breiter als ihre Flügel." Lyn beugte sich an seinem Hals vorbei um die rote Drachin zu beobachten. Jedoch soweit, dass er Sorge hatte sie könne herunterfallen. Schnell öffnete er eine Kralle und schob sie zurück.
"Fall nicht.", warnte er. "Ein Sturz wäre tödlich. Außerdem können wir sowieso nicht viel weiter. Die Prüfungen beginnen dort vorn. Leena! Landen!"
Die Rote sank tiefer und verschwand zwischen dem Blättern. Auch Khan begann zu sinken als Lyn rief: "Khan, warte kurz und erklär mir, was das für ein Baum ist. Der große, leuchtende. Um seine Krone ziehen Wolken."
Er sah nach vorn und betrachtete ebenfalls diesen Baum. "Der Weltbaum.", begann er zu erklären. "Das soll der erste Baum gewesen sein, der hier wuchs. Es war, nachdem Raju das Land dort geebnet hatte. Manche behaupten, er sei aus einer ihrer Schuppen gesprossen."
"Und was denkt ein Wächter über diesen Baum?"
"Ein Wächter?" Er schüttelte den Kopf. "Nichts näheres. Aber ich kann dir meine Theorien erzählen. Der Wald-Teragon lebt dort bei dem Baum. Vielleicht hat das seine Besonderheit verursacht. Außerdem denke ich, dass es sicher eine von Adeas Schuppen gewesen sein muss, aus der er gesprossen ist. Sie war grün wie die Natur, Raju hatte rote Schuppen. Aber die Wahrheit wissen nur die Götter. Und jetzt sollten wir zu Leena. Sie macht sich sicher schon Sorgen."

An der gleichen Stelle wie sie, tauchte er in das Blätterdach ein. Auch wenn es von oben dicht und tief erschien, war es hier nur sehr dünn. Die Zweige brachen knackend, als er in die Freifläche eindrang, doch schlossen sich sofort wieder. Magie durchflutete diesen Teil des Waldes und jene, die dahinterlagen. 
"Hast du die Äste gesehen? Einfach nachgewachsen.", bemerkte Leena mit einem Blick nach oben und saß am Rand der Freifläche. Khan nickte. "Die Magie schützt den Wald. Egal wie weit die Mig versuchen vorzudringen, es gibt eine Grenze die sie nicht überschreiten können. Jede Verletzung an einem Baum wird sofort geheilt."
Lyn trat an ihm vorbei an den Rand. Vorsichtig strich sie über die Rinde eines Baumes. Das Zweilicht verschluckte ihren Umriss fast.  "Was liegt hinter diesem Wald? Weiter im Osten?", fragte sie ehrfürchtig und trat einen Schritt zurück, als eine Ranke aus der Krone des Baumes fiel und nach ihrer Hand schlug. 
"Das weiß niemand, Lyn. Es gab Drachen, die sind an der Küste entlanggeflogen. Tage, Wochen, Monate, Jahre. Sie haben nichts anderes als den Wald gesehen. Vermutlich ist er größer als ganz Aqana." Khan sah zu Leena, die es mit beinahe leuchtenden Augen erklärte. Die Geheimnisse des Waldes begeisterten sie schon seit er sie kennengelernt hatte. Einmal hatte sie ihm verraten, dass der Älteste ihrer Gruppe den Jungdrachen oft Geschichten und Legenden erzählt hatte. 
"Vielleicht verhindert die Magie des Baumes auch nur, dass ein Drache Aqana wieder verlässt.", unterbrach Khan und sah in den Wald hinein. Dicht standen die Bäume außerhalb der Lichtung. Er hörte zwar, wie die Rote ihm widersprach und Lyn weiter von der Endlosigkeit des Waldes erzählte, doch seine Aufmerksamkeit galt dem Wald. Er kannte zwar die RIchtung in die sie gehen mussten, um den Wächter zu finden, doch sorgte er sich, dass Lyn vom Wald angegriffen werden würde. Die Mig waren nicht in der Lage den Wald überhaupt zu betreten, doch wie verhielt es sich mit dem Drachenblut? War sie in der Lage, den Wächter zu erreichen ohne vom Wald verschlungen zu werden?
Das Bild eines leuchtenden Bandes schob sich in seine Erinnerung. Ein Band, das von der Mitte des Waldes in jeden Winkel führte. Ein Band, das ihn einst aus dem Wald herausgeführt hatte als seine Zeit zuende war...

"Khan!" Überrascht wandte er den Blick von den dunkeln Bäumen ab und sah zu Lyn. Sie stand neben ihm, währen Leena sich bereits zusammengerollt und den Kopf auf die Klauen gelegt hatte, das goldene Auge neugierig auf ihn gerichtet. "Leena hat vorgeschlagen die Nacht über hier zu bleiben. Wir brauchen den Schlaf und können uns den weiteren Weg überlegen. Gerade sieht der Wald nicht sehr einladend aus."
"Stimmt. Gute Idee. Schlafen wir, vielleicht weiß ich morgen, wie wir zum Wächter kommen.", murmelte Khan und ließ sich ebenfalls sinken. Lyn legte sich an sein Bein und er breitete den Flügel  über ihr aus. 
"Khan? Ich dachte du kennst den Weg? Und was wurde aus den Prüfungen, von denen du gesprochen hast?", flüsterte Leena. Er horchte auf Lyn, die aber schon eingeschlafen war, bevor er antwortete: "Ich kenne den Weg hinaus, aber nicht hinein. Die Prüfungen beginnen hier, aber ich weiß nicht in welcher Form. Und jetzt schlaf'. Vielleicht weiß ich morgen mehr."
Damit schloss sich ihr Auge.

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