Ruhe vor dem Sturm

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"Wir haben über tausend Drachen gezählt. Dazu kommen noch unzählige Wachen und Soldaten."
"Und es zieht ein Unwetter auf.", ergänzte Leena den Wyvern. Ihr Blick schwenkte zu den Basilisken. "Wir benötigen also einen anderen Plan."
Khan beobachtete die Reaktion der anwesenden Federdrachen. Sie schwiegen, dann tuschelten sie.
"Im Regen wird die Steuerung des Gifts schwierig. Wie ich bereits einmal erwähnte: es könnte die falschen treffen.", erinnerte der goldene Basilisk, dessen Federn im Licht beinahe leuchteten.

"Ja, das stimmt." Lyn sah zu den Wyvern. "Können sie die Versorgung der Verletzten unterstützen?"
"Sicher. Die Felsdrachen haben ihre Wahl getroffen und zwei haben sich in die Umgebung gegraben.", erzählte der goldene. Die Krallen seiner Flügel kratzten über den Stein. "Kann euer Gift denn auch heilen?"
"Nein. Doch wir besitzen Wissen um Kräuter und Heilmagie." Der Federdrache wandte sich an die anderen: "Teilt es den anderen mit. Wer kämpfen will, bleibt über den Wolken und greift in Pfeilhagel an. Die anderen helfen bei der Versorgung der Verwundeten."
Die Basilisken nickten, dann wandte Lyn sich wieder dem Kristall zu. "Der Regen hat keinen Einfluss auf euer Feuer, oder Wyvern?"
"Nein." Der Kleinere schüttelte den Kopf. "Der Regen ist kein Hindernis. Unser Feuer tötet noch immer."

"Gut." Sie nickte. "Ich schlage vor, zuerst greifen die geflügelten Drachen an. Die Basilisken überwachen das Kampfgeschehen und greifen vereinzelt an. Wenn die Jäger die Festung verlassen sollen die Drakar angreifen. Sie greifen die Mauern und Tore an und treiben die Soldaten heraus.
Zuletzt kommen die Wyvern. Das Feuer reißt Schneißen in die Soldaten und Jäger. Außerdem rechnen sie nicht mit einer Zusammenarbeit." Lyn lächelte. "Das wird unser Trumpf. Sie haben die Drakar, Wyvern und Basilisken noch nie kämpfen sehen. Sie kennen eure Stärken und Schwächen nicht."

"Gute Strategie, Drachenblut.", lobte Leena und nickte den Versammelten zu. "So werden wir es machen. Sagt euren Völkern Bescheid. Sie sollen sich alle vorbereiten. Im Mittag brechen wir auf."
"Ich entsende weiter Kundschafter. Es könnten noch mehr Jäger kommen.", erklärte der goldene Basilisk und folgte seinen Vertretern.
Der Wyvern nickte und erhob sich ebenfalls in die Luft.

Eine Weile starrte Khan noch in den Kristall, während Lyn und Leena letzte Worte wechselten, dann verschwand auch die Rote und er wandte den Blick ab.
Lyns goldene Augen beobachteten ihn ruhig.
"Was denkst du?", fragte sie und setzte sich, die Beine zur Seite geknickt.
Es war eine gute Frage. Dachte er an den kommenden Kampf und die toten Drachen, die vom Himmel fallen würden? Dachte er an die Mig, die mit dem Verlust der Schlacht auch ihre neue Heimat verlieren würden? Oder dachte er nur an Lyn und seine Angst, dass sie das Schicksal ihrer Vorgänger teilte?
"An morgen.", brummte er und verbarg seine Ängste. Noch dunkler konnten seine Schuppen kaum werden, seine Haut nicht härter und sein Blut nicht zäher. Er konnte ihr von dem drohenden Schicksal nicht berichten. Er fürchtete sich zu sehr vor ihrem Verhalten in der Schlacht.

"Belügst du mich?" Ihre Augen funkelten und es schien, als versuche sie tiefer in seine Gedanken zu sehen. Sie ahnte etwas, trtzdem weigerte er sich, ihr vom drohenden Schicksal zu berichten.
"Ja.", gab er zu und sie nickte.
"Dann wirst du einen Grund haben." Sie legte die Flügel an und schloss die Augen. Ein weißes Licht umgab sie, es schrumpfte und wieder hatte sie das Aussehen einer Mig.
"Du hast es so schnell gemeistert.", lobte er und betrachtete den Körper ohne die Schuppen. Nun war sie wieder so verletzlich wie vor der Verwandlung. Lediglich die Flügel waren geblieben und um kein Stück geschrumpft.

"Danke. Ich habe gestern Abend lange geübt. Sie immer wieder erscheinen und verschwinden lassen." Sie lächelte. "Es ist alles eine Frage des Magieflusses. Wenn ich mich nur darauf konzentriere, dann gelingt die Verwandlung. Konzentriere ich mich auf mein altes Aussehen, verschwinden die Schuppen wieder."
"Verstehe. Aber die Flügel..."
"Ich hatte nur einen Abend. Irgendwann kann ich die bestimmt auch wieder verschwinden lassen." Sie lachte, dann verwandelte sie sich erneut. "Ach, Khan."
Er senkte den Kopf. Trotz ihrer neuen Größe der Drachenform, war sie noch immer klein. Gerade so hoch, wie einer seiner Zähne. "Hm?", brummte er.

Sie stand wieder auf und zog die weiße Klinge Eiszahn aus der Halterung auf ihrem Rücken. Eine Anfertigung der Basilisken, nachdem sie auf die Unhandlichkeit der Klinge hingewiesen hatte. Wo sonst sollte sie es auch aufbewahren - andererseits war die Klinge wohl nie für eine dauerhafte Nutzung vorgesehen gewesen. Das Drachenblut hatte sie immer erst kurz vor der letzten Schlacht erhalten.
"Ist diese Klinge wirklich der Zahn eines Drachen? Sie fühlt sich stark nach Metall an, auch wenn es rau und leicht ist."

"Das beschäftigt dich?"
Sie nickte und er erinnerte sich an die Reise zum Wächter der Berge. In der ersten Nacht hatte sie ihn nach Besonderheiten der Drachen gefragt.
"Ja, es ist wirklich ein Zahn. Doch er wurde nach der ersten Schlacht bearbeitet. Mit Magie veränderten die Felsdrachen seine Struktur, die Klingendrachen formten die Klinge. Im Laufe der Zeit wurden dann die Bilder in die Klinge geritzt um den Mut jedes Drachenbluts zu ehren. Außerdem sollte der Nachfolger nie seine Vorgänger vergessen."
Erneut nickte sie, steckte die Klinge weg. "Und der Schild war eine Schuppe?"

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