Der Berg erzitterte unter seinem Gewicht, als er im Eingang der Höhle aufsetzte. So sehr, dass selbst er kurz erschrak, sich jedoch schnell wieder fing.
"Lyn? Bist du weggelaufen?", fragte er in die Höhle und ging hinein, Leena folgte direkt hinter ihm. Der große Hauptraum schien verlassen. Einsam lag seine Zeichnung am Boden und Lyns Lager an der hinteren Wand war ebenfalls schon lange ausgekühlt. Besorgt ging er tiefer hinein, sah erst in seine Schlafecke dann den Vorratsraum. Doch die Mig war nirgendwo zu finden. "Lyn!", brüllte er und der Berg erzitterte unter seinen Worten. Staub und kleine Steine rieselten von der Decke. Er sorgte sich um sie - aber außerhalb der Höhle hatte er sie auch nicht wahrgenommen.
"Leena, warte kurz. Ich versuche es hier." Die Rote nickte und er drückte die versteckte Wand ein. Das wenige Licht, das in den verborgenen Raum fiel ließ die Schätze dahinter erstrahlen. Gold in Münzen und Klumpen, Edelsteine aller Farben, dazwischen die Herzsteine und...
"Lyn. Was machst du hier?" Zwischen den Steinen saß sie, unbequem auf dem Gold, auf dem nur Wyvern schlafen können."Ich habe noch saubergemacht und da ist die Wand plötzlich aufgegangen." Sie stand auf und kam auf ihn zu. "Ich dachte ich bleibe für immer hier drin. Die ist einfach zugefallen und ich kam nicht mehr raus." Mit ausgebreiteten Armen lehnte sie sich an ihn. "Es war so leise, so dunkel. Das war schrecklich.", schluchzte sie.
Khan seufzte und schob sie aus der Schatzkammer. "Ist ja gut. Zum Glück kam ich auf die Idee, dass du hier drin sein könntest. Komm jetzt raus. Ich habe einen Gast mitgebracht.""Ein Gast?" Sie löste sich und sah auf. Ihre Augen glitzerten noch, doch mit zwei schnellen Wimpernschlägen, waren die Tränen vergessen. "Du lieferst mich jetzt aber nicht aus, oder?"
Er brummte amüsiert. "Nein, wie kommst du denn darauf?" Vorsichtig tat er einen Schritt zurück. "Es ist eine Freundin. Sie führt die Revolution an."
"Oh. Wie schön. Ich nehme an sie wartet vorne?"
Bestätigend nickte der Schwarze. "Ja. Aber zuerst zu dir. Wie läuft dein Magietraining?""Hm." Sie hob die Hand und ließ eine kleine Flamme auf ihren Fingerspitzen erscheinen. Ohne Regung hüpfte sie über die Fingerkuppen. "Weiter bin ich noch nicht. Nicht sehr hilfreich, oder?"
"Das ist mehr als du am Anfang erwartet hattest, Kleine. Ich bin stolz auf dich.", sagte er und berührte sie mit der Nase an der Stirn.
"Stimmt. Es ist mehr." Traurig sah sie hoch. "Aber ganz sicher nicht genug, um als Drachenblut zu gelten."
"Nicht schonwieder fallen.", ermahnte er sie und schnaubte ihr warme Luft ins Gesicht. "Kleine Erfolge genügen vorerst. Du wirst es schaffen - und wenn es hundert Jahre dauert."Sie schüttelte den Kopf. "Na gut. Darf ich jetzt deine Freundin kennenlernen?"
"Darfst du. Komm mit." er wandte sich in den Gang zur Hauptkammer zurück und ging vor. Lyn folgte ihm mit schnellen Schritten, eilig hatte er es aber nicht. Seine Gedanken kreisten um ihren Gesichtsausdruck, als das Licht auf sie gefallen war. Sie hatte nachdenklich ausgesehen und sich sicher nicht zufällig so nah an den Herzsteinen befunden. Hatte er sie vielleicht ertappt, wie sie die Trophäen der Besiegten begutachtet hatte? War ihr dadurch der gleiche Gedanke gekommen, wie einige Monate zuvor ihm? Hatten die Jäger ihre Drachen wirklich auf ihn gehetzt, eine Herausforderung nach alten Regeln provoziert um so Zweifel zu säen?"Leena. Das ist Lyn, das Drachenblut. Lyn, das ist Leena. Eine meiner ältesten Freundinnen.", stellte er sie einander vor, kaum betrat Lyn einen Schritt nach ihm die Kammer.
"Die älteste, die noch lebt.", korrigierte die Rote und senkte den Kopf. "Hallo Lyn. Schön dich zu treffen. Ich hoffe Khan benimmt sich anständig?"Lyn schwieg und starrte Leena einfach an. Irritiert sah die Rote hoch. "Kann sie nicht sprechen? Oder bin ich derart einschüchternd?"
"Nicht einschüchternder als ich.", brummte der Schwarze und stupste Lyn einen Schritt nach vorn. "Sie beißt nicht. Du füllst ja nichtmal den hohlen Zahn.""Ist ja gut. Ich hab' keine Angst." Lyn trat vor und lächelte. "Auch schön dich kennen zu lernen. Du führst also die Revolution an?"
"Ja. Ich, Leena, bin die große Anführerin des Aufstandes gegen die Jäger." Sie lachte. "Leena genügt aber. Ich hoffe wir werden Freunde, Drachenblut."
"Ich auch. Und nenn' mich einfach Lyn. Drachenblut ist noch lange nicht sicher." Sie streckte ihre Hand aus und Leena legte ihre Nase daran. "In Ordnung. Aber trotzdem glaube ich an dich. Hey!"Erschrocken sprang die Rote einen Schritt zurück, als sich um Lyns Beine herum Ranken über den Boden schlängelten. Khan lachte ebenfalls. "Wie es scheint genügt der Glaube, um der Zweifel zu zerstreuen." Fragend sah ihn die Mig an, als Leena plötzlich laut loslachte.
"Ich muss nicht glauben, Lyn.", brachte sie dazwischen hervor. "Ich habe es gerade gesehen.""Das waren nur Ranken." Lyn trat aus der Spirale heraus, die die Gewächse um sie herum gebildet hatten. "Das ist noch lange kein Beweis. Khan, sag doch was."
"Leena hat recht." Er lachte nun ebenfalls. "Wenn das kein Beweis ist, dass du das Drachenblut bist, dann weiß ich auch nicht."
"Wie kommt ihr denn darauf?"
"Ganz einfach." Leena hatte sich wieder gefangen und senkte den Kopf, bis er auf dem Boden vor Lyn ruhte. "Der Älterste unserer Gruppe hat immer von den Kräften des Drachenbluts erzählt. Vertrauen aktiviert die Magie und stärkt sie. Die Kontrolle der Erde ist für dich, die nicht fliegen, Feuer speien oder schwimmen kann natürlich am einfachsten zu erlernen." Kurz sah sie hoch zu ihm. "Du bist mit diesem Element näher verbunden."
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Keeper
FantasyIn einer Welt, in der Drachen über den Himmel ziehen wie Vögel, war es immer Lyns Wunsch einmal mit ihnen zu fliegen. Dass die Idylle jedoch nur Illusion ist, wäre ihr nie in den Sinn gekommen. In einer Welt, in der Drachen über den Himmel ziehen wi...